Braunschweig. Den Sport-Dachverbänden gehen die Lockerungen dagegen nicht weit genug. Mit Spannung wird am Freitag die niedersächsische Verordnung erwartet.

Es klappt wohl mit dem Frühlingserwachen, die verstärkte Lobbyarbeit des organisierten Sports in den vergangenen Wochen hat sich offenbar ausgezahlt. Im Corona-Stufenplan von Bund und Ländern ist ab nächsten Montag eingeschränktes Freiluft-Sportvergnügen für Kindergruppen und bestenfalls sogar für bis zu zehn Erwachsene wieder gestattet, sofern die Inzidenzwerte nicht noch in die Höhe schnellen. Und je nach Infektionslage könnte es danach im Idealfall im Zweiwochentakt Schritt für Schritt weitere Lockerungen geben (siehe Grafik), aber auch die Notbremse gezogen werden.

DFB-Chef Fritz Keller ist der Stufenplan für den Sport nicht mutig genug

Manchen geht es nach dem monatelangen Stillstand nicht schnell und weit genug mit den Lockerungen, bei den Spitzenverbänden ist gestern keine große Euphorie ausgebrochen. DOSB-Präsident Alfons Hörmann, der für 28 Millionen Sportvereins-Mitglieder spricht, sieht den Öffnungsplan nur als „ersten Hoffnungsschimmer“ an. „Für das langfristige Überleben der Vereine ist eine zeitnahe und unbürokratische Rückkehr auch zum Indoor-Sport zwingend notwendig“, heißt es in einer Stellungnahme des Deutschen Turner-Bundes „Ich hätte mir mutigere Öffnungsschritte gewünscht“, krittelte DFB-Chef Fritz Keller.

Mannschafts- und Hallen-Sportler müssen noch warten

Und in der Tat sind die Regelungen für die Mannschafts-Ballsportler nicht befriedigend. Sie müssen sich noch gedulden, vor dem 22. März geht gar nichts, und bei höheren Inzidenzen braucht es fürs Teamtraining einen tagesaktuellen negativen Schnell- oder Selbsttest. Hallensportarten mit Kontakt sind frühestens ab April erlaubt. Handball-Boss Andreas Michelmann regte deshalb eine Rückkehr zu den Wurzeln der Sportart an. „Wir müssen schauen, dass wir in nächster Zeit stärker ins Freie gehen. Das müssen wir jetzt machen, damit uns andere Sportarten die Kinder nicht abwerben.“

Öffnungskonzept Sport
Öffnungskonzept Sport © Jürgen Runo

Bei den Breitensport-Vertretern aus unserer Region allerdings klingen die Kommentare schon deutlich dankbarer. „Endlich gibt es einen Plan, wie wir ihn seit langem fordern, damit die Vereine sich darauf einstellen können“, sagt der Braunschweiger Otto Schlieckmann, zugleich Präsident des Stadtsportbundes und des Großvereins MTV Braunschweig.

„Der Stufenplan hilft uns, der Sport ist nicht mehr ganz so abgehängt“, meinte seine Wolfsburger SSB-Kollegin Ursula Sandvoß. Dass nun nicht gleich wieder alles möglich ist, sei höchstens für die Mannschaftssportler problematisch. „Unsere Vereine sind sehr erfinderisch und lassen sich Angebote einfallen, die den Regeln entsprechen“, sagte sie. „Wer möchte, kann in den nächsten Wochen bei uns Sport treiben.“

Große Sportverein in Niedersachsen freuen sich über Öffnung für Kindergruppen

Schlieckmann war wie seine Mitstreiter aus den 24 größten niedersächsischen Vereinen sogar positiv überrascht, als der Plan am späten Mittwochabend veröffentlicht wurde. Denn er berichtete von einer Videokonferenz seines Zusammenschlusses am Vorabend der Entscheidung mit Sportminister Boris Pistorius. „Und der war noch skeptisch, ob am Mittwoch der Sport schon ein Thema ist.“

So seien die großen Breitensportklubs, aus unserer Region, neben dem MTV auch Eintracht Braunschweig, MTV Wolfenbüttel, VfL Wolfsburg, TV Jahn Wolfsburg, VfB Fallersleben und MTV Vorsfelde, nun „sehr glücklich“, dass als erster Schritt ihre vordringliche Forderung erhört wurde, wenigstens die Kinder ganz schnell wieder in Bewegung bringen zu können. „Das ist mehr als wir erwarten durften.“

Inzidenz-Maßstab regional oder landesweit? Das Kleingedruckte fehlt noch

Was nun genau in welchem Öffnungsschritt wie möglich ist, steht noch nicht fest. Denn für das Kleingedruckte sind die Bundesländer zuständig und für dessen Auslegung die Kommunen. Deshalb käme es nun entscheidend darauf an, „dass die Länder und die jeweiligen Kommunen die gebotenen Freiheitsgrade auch im Sinne des Sports nutzen“, mahnte der DOSB-Chef Alfons Hörmann.

Gestern stellte sich beispielsweise die für die Umsetzung ganz wesentliche Frage, ob bei den maßgeblichen Inzidenzwerten die landesweiten oder die regionalen Zahlen zugrunde gelegt werden. Ministerpräsident Stephan Weil sagte in einem Videostream, das müsse man noch beraten. „Wir haben auf Nachfrage aus der Staatskanzlei gehört, es soll der regionale Wert genommen werden“, berichtet Schlieckmann optimistisch. „Aber das muss sich dann auch erstmal gedruckt in der Verordnung wiederfinden.“

Wolfenbütteler hoffen auf schnelle Öffnung ihrer Sportanlagen

Davon, dass auch die Kommunen mitziehen müssen, können die Wolfenbütteler Sportler ein Lied singen: Dort sind in Stadt und Landkreis die Sportanlagen bislang sogar für den Individualsport geschlossen, da half die schönste Landes-Erlaubnis nichts. Mit dem neuen Stufenplan sollte nun aber auch in Wolfenbüttel Bewegung reinkommen.

Dass es zumindest in Braunschweig, aber auch anderswo schon am Montag oder den Folgetagen losgehe, da sei er „ganz sicher“, betont Schlieckmann. „Die meisten Kreise liegen doch unter der Inzidenz 100.“ Die Sportflächen würden schnellstens angemietet oder Freiflächen in Parks genutzt. „Unsere Mitglieder lechzen doch nach Bewegung, die Kinder sind glücklich, sich austoben zu können, die Senioren freuen sich, endlich wieder soziale Kontakte zu haben.“

Braunschweigs Stadtsport-Chef Otto Schlieckmann: „Duschen braucht keiner“

Dass die neue Freiheit immer unter dem Inzidenz-Vorbehalt stehe und immer noch strenge Hygiene-, Abstands- und wahrscheinlich auch Kontaktverfolgungsregeln eingehalten werden müssen, sei überhaupt kein Problem. Die Vereinssportler seien sehr verantwortungsbewusst und diszipliniert, pflichtet ihm Ursula Sandvoß bei. Und Schlieckmann bekräftigt: „Umkleiden und Duschen braucht ja erstmal keiner.“

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