Braunschweig. Stadion-Chef Lemke hofft auf eine Olympia-Absage und kalkuliert schon eine Verlegung der Titelkämpfe im Eintracht-Stadion ein.

Wer derzeit durch Braunschweig und die Region fährt, sieht die Werbung frisch plakatiert und ist irritiert: Angesichts der Corona-Einschränkungen wirken die riesigen Ankündigungen für die deutschen Leichtathletik-Meisterschaften irgendwie unwirklich. Und dennoch will der Deutsche Leichtathletik Verband seine Titelkämpfe am Wochenende 6./7. Juni im Eintracht-Stadion erstmal nicht infrage stellen.

Das Veranstaltungsverbot der Stadt Braunschweig ende ja deutlich vor dem Termin für die deutschen Meisterschaften, betont DLV-Sprecher Peter Schmitt. „Plan B gibt es nicht, wir arbeiten weiter auf Anfang Juni hin.“ Andererseits ist den Verantwortlichen klar, was passieren kann: In Baden-Württemberg wurde das Veranstaltungsverbot gleich bis 15. Juni verhängt, der DLV musste seine für Mai geplanten 10.000-m-Meisterschaften in Pliezhausen bereits abblasen.

Doch auch Marco Buxmann, Event-Chef des Verbandes, will zumindest öffentlich noch keinen Zweifel an den Titelkämpfen in Braunschweig zum geplanten Zeitpunkt aufkommen lassen. „Wir wissen, dass uns so was treffen kann, aber wir machen erstmal weiter“, sagt er. Die Regeln, was erlaubt sei und was nicht, würden derzeit ohnehin von Bund, Ländern und Kommunen aufgestellt. „Wenn die Sperre verlängert wird, müssen wir überlegen, ob wir die Meisterschaft verschieben. Aber das ist derzeit Kaffeesatzleserei.“

„DM-Termin ohne Olympia hinfällig“

Deutlich pragmatischer gibt sich Braunschweigs Stadion-Chef Stephan Lemke. „Wenn Thomas Bach endlich wach wird und die Olympischen Spiele abgesagt oder verschoben werden, dann ist die DM aus meiner Sicht zu dem Termin hinfällig“, blickt er vor allem auf die Einbettung der DLV-Titelkämpfe in den internationalen Sportkalender. Schließlich heißen sie im DLV-Marketing-Sprech „Road to Tokio“, denn in Braunschweig sollen ja Qualifikationen geschafft und die Tickets für die Spiele vergeben werden.

Es gebe Überlegungen zu einer möglichen Verschiebung der Braunschweiger DM, aber in der Tat zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Planungen, sagt Lemke. Wenn es zu einer Olympia-Verschiebung komme, was er glaube, dann sei später noch genug Zeit für deutsche Titelkämpfe. Zumal ja auch die Fußball-EM verlegt wurde, der die Leichtathleten wegen der TV-Präsenz terminlich ausgewichen waren.

Aus Lemkes Sicht wäre eine Verschiebung bis weit in den Sommer hinein denkbar. Ende August finden die Europameisterschaften in Paris statt. Allerdings könnte es später auch wieder Überschneidungen mit den Fußballern geben. „Wir haben einen Vertrag mit Priorität für Eintracht“, verdeutlicht der Braunschweiger. „Wenn die ein Spiel haben, kann ich nicht deutsche Meisterschaften machen.“

Eine Verlegung ins nächste oder übernächste Jahr sei für ihn ebenfalls denkbar, sagt Lemke, der am liebsten den Status einer Olympia-Qualifikation erhalten würde. „Das muss der Weltsportkalender regeln“, weiß er.

Geister-DM geht nicht

Was nicht funktioniere, sei eine „Geister-DM“ ohne Zuschauer, da bei der Leichtathletik immer ein großer Tross aus Trainern und Physiotherapeuten die Sportler begleite, plus Kampfrichter und Fernsehleute. „Selbst das Minimum wären da schon über 300 Menschen“, weiß der Stadion-Chef.

Er gibt sich gelassen. Im Blick auf den angepeilten Juni-Termin laufe alles problemlos. Man habe wegen der Corona-Ungewissheit allerdings einige Aktivitäten unterbrochen, wie die Akquise zusätzlicher Sponsoren, die Lieferung gewisser Sporttechnik und die Sanierung der Laufbahn, berichtet Lemke. „Zur Umsetzung müssten wir aber nur auf den Knopf drücken, es ist ja noch Zeit.“

Auch wenn ihre Sprachregelung das momentan nicht vorsieht, haben Buxmann und seine Mitstreiter wohl ebenfalls eine Verschiebung im Hinterkopf. „Klar kann man spekulieren, aber das wollen wir nicht“, bekräftigt der DLV-Mann, um dann auf die Frage nach dem zeitlichem Spielraum zu antworten: „Solange die Olympischen Spiele stattfinden, beschäftigen wir uns nicht mit einer Verlegung.“

Und wenn sie abgeblasen werden, steht Lemke bereit: „Wir finden schon eine für alle Seiten gute Lösung nur nicht hier und heute.“