Braunschweig. Der 115-fache Nationalspieler ersetzt bei den Braunschweigs Basketballern den gefeuerten Kostja Mushidi und schwärmt nach dem ersten Training.

In den Turbulenzen der vergangenen Tage war das heutige Pokalspiel gegen Titelverteidiger Bamberg erstmal ganz weit weg. Die Ereignisse bei Braunschweigs Basketballern überschlugen sich nach einem Vorkommnis mit Kostja Mushidi, über das die Löwen keine Details nennen. Jedenfalls wurden die Weichen am Mittwochabend aus „disziplinarischen Gründen“ auf Rauswurf gestellt, das begnadete Talent packte seine Sachen und war später für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

„Es ist sehr bedauerlich, dass es zur Trennung kommen musste“, sagte Geschäftsführer Sebastian Schmidt. „Kostja ist ein junger Spieler mit unglaublich viel Potenzial und hatte bei uns eine wichtige Rolle. Dementsprechend enttäuscht sind wir auch über das Geschehene und die daraus resultierenden, unvermeidlichen Konsequenzen.“

Denn Mushidi war mit 11,6 Punkten im Schnitt ein Leistungsträger und einer der Vorzeigeathleten für den neuen „deutschen Weg“, mit dem der Standort seinen Namen als Talentschmiede auffrischen will. Zudem hatte sich der 21-Jährige mit seinem emotionalen Aktionen auch in die Herzen der Fans gespielt. Er zelebrierte seine Dreier mit immer neuen Gesten, entschied so das Heimspiel gegen Ulm für sein Team, zerriss aber nach dem Debakel in Vechta auch tief betrübt sein Trikot und weinte nach der Niederlage gegen Hamburg.

Kostja Mushidi wird nicht mehr für die Löwen zum Korb stürmen. Der 21-jährige Leistungsträger wurde aus „disziplinarischen Gründen“ gefeuert.
Kostja Mushidi wird nicht mehr für die Löwen zum Korb stürmen. Der 21-jährige Leistungsträger wurde aus „disziplinarischen Gründen“ gefeuert. © Florian Kleinschmidt/BestPixels.de | Florian Kleinschmidt

Mushidi zu verlieren war hart für die Löwen. Und weil ja auch schon Lars Lagerpusch weggegangen war, brauchten sie schnell einen anderen deutschen Leistungsträger für ihre Rotation. Und dann hatten sie auch mal Glück im Pech und dürfen nun einen Transfercoup bejubeln: Schon am späten Donnerstag flog Routinier Lucca Staiger ein.

Der 115-fache Nationalspieler, der genau auf die Mushidi-Positionen zwei und drei passt, hatte sich vereinslos und mehr oder weniger auf Abruf auf Teneriffa fitgehalten und auf ein gutes Angebot gewartet. „Donnerstagfrüh war noch alles neu, aber dann habe ich ein paar Telefonate geführt und schnell entschieden, dass Braunschweig das richtige für mich ist“, erzählt er. Schnell wurde ein Flug rausgesucht, gepackt. „Dann bis ich sofort zum Flughafen gefahren und los.“

Der 31-Jährige fällt zwar nicht mehr in die Löwen-Marketing-Rubrik „Jung, wild, hungrig“ und ist nicht so athletisch wie Mushidi. Aber dafür bringt er Erfahrung mit wie sie noch kein anderer deutscher Spieler im Braunschweiger Trikot vorweisen konnte. Staiger spielte für die Großen Drei der BBL, Alba Berlin (2009-2012), Bayern München (2013-15) und Bamberg (2015-18) auch in der Euroleague und holte drei Meistertitel. Vergangene Saison war der Dreier-Spezialist beim spanischen Spitzenklub Canarias Teneriffa aktiv, erzielte in 15 Minuten 5,1 Punkte und erreichte das Champions-League-Finale.

Diese Saison hatte er keinen Vertrag erhalten, blieb aber mit Freundin und Tochter auf Teneriffa, weil es ihnen so gut gefiel, und kaufte ein Haus. Nun nach Braunschweig gekommen zu sein, wo die Löwen große Ambitionen hätten und er seine Erfahrung einbringen könne, sei eine „tolle Herausforderung“, betont Staiger. Auch sei er }beim ersten Teamtraining sehr warm empfangen worden. „Die Jungs sind alle meganett, haben viel Talent, und ich hab’ richtig Lust drauf.“

Staiger könnte genau die Gefährlichkeit von außen, Ruhe, Übersicht und Entscheidungsstärke mitbringen, die den Löwen zuletzt gefehlt hat. Und selbst wenn der Routinier noch nicht richtig wettkampffit sein wird, dürfte er zumindest richtig heiß sein. Denn im Pokal-Duell, dass nun mittlerweile doch ganz nah herangerückt ist, spielt er ja gleich gegen seinen Ex-Klub, bei dem er noch viele Leute kennt.

Und auch für die Löwen geht es um viel: Den ersten Halbfinal-Einzug seit sieben Jahren und 50.000 Euro Prämie. Die können sie angesichts der Kosten, die solche Personalwechsel verursachen, sicher gut gebrauchen.

Der Gegner

Die Bamberger haben eine dominante Ära als Liga-Krösus mit drei Meisterschaften hinter sich sowie eine verkorkste Vorsaison mit dem Viertelfinal-Aus gegen Vechta. Finanziell sind sie noch die Nummer drei hinter München und Berlin. Sie starten deshalb einen Neuaufbau mit jüngeren Spielern, wollen schneller und aggressiver auftreten. Nur drei deutsche Profis sind geblieben: Louis Olinde, Bryce Taylor und Elias Harris.

Trainer Roel Moors kam zusammen mit Sportchef Leo deRycke und US-Spielmacher Paris Lee vom Champions-League-Halbfinalisten Antwerpen. Viele andere Neue brachten BBL-Erfahrung mit: Ex-Löwe Chris Sengfelder, Center Assem Marai (Bayreuth), Retin Obasohan (Gotha) und Kameron Taylor (Würzburg). Einen Star gibt es nicht, das Team ist ausgeglichen besetzt und hat noch eine Ausländerposition offen.

Nach vier Niederlagen in Serie in BBL und Champions- League will der Bundesliga-Vierte (7:4 Siege) wie die Löwen im Pokalduell mit Macht den Erfolgsweg wiederfinden.

Pokal-Viertelfinale: Braunschweig – Bamberg, Samstag, 18 Uhr, VW-Halle