Braunschweig. Die vierte Niederlage der Braunschweiger Basketballer in Folge, das 94:97 gegen Hamburg, wirft Fragen nach Taktik und Rotation auf.

Vier Niederlagen in Folge, den Heimnimbus ausgerechnet gegen den Tabellenletzten verloren. Es war schwer verdaulich, was Braunschweigs Basketballer da am Freitagabend produziert hatten – für sie selbst wie für die Fans.

Die hatten fassungslos zugesehen, wie sich die Löwen beim 94:97 (55:58) gegen die Hamburg Towers zu Beginn wie Adrenalin-Junkies mit eindimensionalem Kraftmeier-Basketball auf den Gegner stürzten und von top vorbereiteten Gästen taktisch klug ausgekontert wurden.

Man konnte Löwen-Coach Pete Strobl nicht vorwerfen, dass er seine Jungs nicht richtig „heiß“ gemacht hatte. Nur so richtig produktiv war das nicht. Vorne versuchten es Karim Jallow und Co. mit Kopf-durch-die Wand-Aktionen und verloren den Ball, hinten liefen sie allzu oft aggressiv ins Leere, die Gegenspieler zogen schnellfüßig vorbei, fanden den freien Mitspieler und trafen hochprozentig.

Über ihre frühen Foulprobleme mussten sich die Löwen nicht wundern. Von der bis dahin schwächsten Offensive der Liga 32 Gegenpunkte in einem Viertel zu kassieren, war schon blamabel – vor allem, wenn man die Verteidigung zur wesentlichen Stärke und Identität des eigenen Spiels erhebt.

Mit noch besseren 37 eigenen Punkten bewies das Team dann im zweiten Abschnitt, wie gut es eigentlich spielen kann. Doch letztlich setzten sich die Towers wohl auch deshalb durch, weil sie sich im ersten Abschnitt so viel Selbstvertrauen erspielen durften.

Nervosität und Aufregung

Bei den Löwen hingegen war viel Nervosität und Aufregung zu sehen, wie sie eine zuvor in eigener Halle ungeschlagene Mannschaft nicht an den Tag legen müsste. Das fing schon bei der Freiwurfquote an, das Team versemmelte von der Linie 11 der 33 Würfe. Der sonst so stoische Scott Eatherton lamentierte so heftig, dass er ein technisches Foul bekam. Co-Trainer David Gomez bedrängte seinen Chef Strobl geradezu mit hektischen Anmerkungen.

Und der Amerikaner warf mit seinen Spielerwechseln und Taktiken ebenfalls reichlich Fragen auf. Beispielsweise warum ausgerechnet Garai Zeeb als der Akteur mit der deutlich schwächsten Trefferquote des Teams (16%) so viele, nämlich sieben, Würfe nahm. Warum Zeeb und Lukas Wank lange 20 Minuten spielten und Kapitän Thomas Klepeisz nur zwei mehr. Warum das Team den Hamburger Yannick Franke im Schlussviertel 15 Punkte machen ließ. Warum am Ende, als Eatherton rausgefoult war, nicht Center Aleksandar Marelja aufs Feld kam, sondern der zu kleine Henry Pwono. Oder warum die Löwen beim letzten Angriff 2,2 Sekunden vor Schluss trotz einer Auszeit keinen funktionierenden Spielzug mehr hinbekamen.

Das gute Teamspiel, den Extrapass, die richtigen Entscheidungen, all das bekamen die Löwen wie bei den drei verlorenen Auswärtsauftritten nun auch vor der Rekordkulisse von 4248 Zuschauern in der VW-Halle nicht mehr hin.

Die Vechta-Pleite wiegt schwer

Die Misserfolge nagen sichtlich an der Psyche. Vor allem aber die Pleite in Vechta in einer Partie, die die Löwen angesichts von 27 Punkten Vorsprung praktisch schon gewonnen hatten. „Das haben wir zwar runtergeschluckt, aber jeder trägt es mit sich bis zum nächsten Sieg“, hatte Zeeb damals geahnt. Dass dieses heilsame Erfolgserlebnis aber so lange auf sich warten lässt, wohl nicht.

Nun wird bei den Löwen nach Informationen unserer Zeitung über eine Nachverpflichtung nachgedacht. Denn die schwach gestartete Konkurrenz findet immer besser in die Saison. Wie Hamburg feierte auch Bonn den zweiten Sieg, und Göttingen verlor in München erst durch einen Dreier von Petteri Koponen mit der Schlusssirene. Allmählich ist in der BBL alles so eng umkämpft, wie man es von Beginn an erwartet hatte.

Dafür könnte die nächste Aufgabe für die Löwen erstmal mental einfacher sein: Im Pokal-Heimspiel gegen Titelverteidiger Bamberg haben sie nach den jüngsten Misserfolgen nichts mehr zu verlieren.

KOMMENTAR

Die Köpfe klar kriegen

Von Ute Berndt

Werden die Löwen spielerisch immer schlechter? Greift Pete Strobls Spiel- und Erfolgsrezept so kurz, dass es von den Gegnern bereits komplett entschlüsselt wurde? Oder steckt den Braunschweigern einfach der Vechta-Horror leistungsmindernd tief in den Knochen? Gut möglich, dass letzterer Aspekt die Frage nach dem Grund für die vierte Niederlage in Folge beantwortet. Mit der historischen Pleite, in Vechta 27 Punkte Vorsprung innerhalb von neun Minuten verdaddelt zu haben, haben die Löwen offensichtlich all ihre Sicherheit verloren.

Ziehen sie nach der ersten Heimniederlage der Saison die richtigen Konsequenzen, sollten sie sie sich aber bald zurückholen können. Es gilt, ein bisschen mehr Demut zu zeigen, statt schon von Play-offs und Europapokal zu reden und dann geschockt zu sein, wenn man Spiele verliert.

Eigentlich muss man sich noch keine Sorgen um das Löwen-Team machen, sofern sich bald wieder Fortschritte einstellen. Die Mannschaft ist stark und tief genug besetzt, um eine gute Rolle in der BBL zu spielen. Die aktuelle Spielweise schöpft das Potenzial allerdings überhaupt nicht aus. Strobl muss in seiner ersten Saison als Cheftrainer schnell dazulernen und das Repertoire erweitern. Statt vorne wie hinten über-aggressiv draufzugehen und sich Fouls und freie Würfe der Gegner einzuhandeln, täte ein bisschen mehr Struktur, Geduld und Köpfchen den Löwen-Aktionen gut. Allein schon mit seiner Spielerrotation hätte der Coach Möglichkeiten, die Schwerpunkte entsprechend zu verlagern. Ein bisschen mehr Minuten für Trevor Releford und vor allem für Thomas Klepeisz als intelligenter Spielgestalter und Passgeber zu Scott Eatherton könnten einiges bewirken. Nachverpflichten kann man immer noch.

Pokal-Viertelfinale: Braunschweig – Bamberg,

Samstag, 14. Dez., 18 Uhr, VW-Halle