Wolfsburg. Der Mittelfeldspieler des Fußball-Bundesligisten VfL Wolfsburg kommt nicht wieder in Schwung. Glasner: Es gibt auch eine Zeit nach dem Fußball.

Was war das für ein vielversprechender Start, den Ignacio Camacho im Trikot des VfL Wolfsburg hingelegt hat? Im August 2017, nur wenige Wochen nach seinem mehr als 15 Millionen Euro teuren Wechsel vom FC Malaga in die Bundesliga, köpfte der als neuer Mittelfeld-Chef auserkorene Spanier sein Team im DFB-Pokal bei Regionalligist Eintracht Norderstedt eine Runde weiter. Luiz Gustavo, der über vier Jahre lang das Zepter im Zentrum des VfL-Spiels in der Hand gehalten hatte, war zu Olympique Marseille gewechselt, und Camacho war der Kronprinz des damaligen Wolfsburger Führungsduos Olaf Rebbe und Andries Jonker. Nur: Den Wechsel begleiteten Nebengeräusche. Denn spanische Medien berichteten, dass Camacho ein malades Sprunggelenk habe, das ihm oftmals Probleme mache. Was damals – wissentlich oder nicht – übersehen wurde, ist heute nicht mehr zu leugnen: Camachos Knöchel ist kaputt, und seine Karriere hängt am seidenen Faden.

Nach dem letzten Bundesliga-Heimspiel des VfL gegen Paderborn schlurfte der Spanier mit seiner Familie durch die Mixed-Zone der VW-Arena. Wie es ihm geht? Camacho stellt den Mund schief. Eher mittelprächtig, sollte das wohl heißen. Unübersehbar: Obwohl weit mehr als 30 Grad herrschten, trug er schwere Stiefel, die über seine Knöchel gingen. „Die habe ich mir nicht ausgesucht“, sagte er.

Oliver Glasner erklärt, was es damit auf sich hat. „Es sind orthopädische Schuhe“, sagt der VfL-Trainer. Es sei ein Versuch, die Belastung im chronisch schmerzenden Fuß des Spaniers zu verlagern. Ein paar Wochen lang muss er die unliebsamen Schuhe tragen. Ob es hilft? Glasner fühlt mit seinem Schützling. Denn: „Im Moment ist keine Rückkehr in Sicht. ,Cama’ hat permanent Fußschmerzen.“ Wenn der VfL-Trainer, der seine eigene Fußballkarriere wegen einer schweren Kopfverletzung vorzeitig beenden musste, über Camacho spricht, klingt großes Mitgefühl durch. Das sportliche Comeback des Spaniers ist in diesen Tagen offenbar überhaupt kein Thema. Glasner: „Es ist wichtiger, die Schmerzen in den Griff zu bekommen. Denn es gibt auch ein Leben nach dem Fußball. Und wenn man dann wegen einer Verletzung nichts mehr machen kann, ist das schlimm.“

Puh. Camacho weilt derzeit in Spanien, um den Kopf in seiner Heimat in Ruhe freizukriegen. Dabei hatte es Anfang der Vorbereitung noch die Hoffnung gegeben, dass er endlich wieder voll eingreifen kann. Im Testspiel gegen Hansa Rostock (2:1) feierte er sein Comeback, nachdem er zuvor zehn Monate lang ausgefallen war. Camacho hatte sich im Herbst 2018 abermals am Knöchel operieren lassen. Nun folgte im Juli nach vielen einsamen Reha-Monaten die Rückkehr auf den Rasen. Und es lief ganz ordentlich. In der Mitte der Dreierkette agierte er umsichtig, kopfballstark und griffig in den Zweikämpfen. Es war ein Hoffnungsschimmer, der allerdings nur wenige Tage darauf schon wieder verblasst war.

Der Fuß reagierte auf die Belastung – und seitdem geht nichts mehr. „Er wollte unbedingt“, sagt Glasner. „Am Anfang der Vorbereitung war der Schmerz wohl erträglich. Aber dann wurde es immer schlimmer.“ Ins Trainingslager nach Österreich reiste der Spanier zwar mit, absolvierte aber seine Einheiten abseits seiner Kollegen.

Camacho muss seither zusehen, wie seine Mannschaft im DFB-Pokal in Halle weiterkam, wie sie Köln und Berlin in der Bundesliga schlug und wie sie gegen Paderborn knapp einer überraschenden Niederlage entging – während er darum kämpft, wieder ohne Schmerzen gehen zu können.

Sein Vertrag beim VfL läuft noch bis Juni 2021. Ob er jemals wieder spielen wird? Glasners Worten nach zu urteilen, steht das ganz stark infrage. Am 29. September 2018, also fast genau vor einem Jahr, hat Camacho sein letztes Pflichtspiel für den VfL absolviert. Beim 2:2 gegen Borussia Mönchengladbach spielte er im Wolfsburger Mittelfeld durch. Seitdem wartet er. Und er hofft.