Braunschweig. Die Fans besingen Eathertons Vertragsverlängerung, und der Trainer genießt: „Unfassbar, was wir hier aufgebaut haben.“

Das Braunschweigs Basketballfans ausgiebige Gesänge anstimmen, kommt selten vor. Da muss schon etwas ganz Besonderes passieren, so wie am Freitagabend. Als Center Scott Eatherton beim Fantalk auf die Bühne kam und schon angesichts des lang anhaltenden Jubels über seine Vertragsverlängerung etwas beschämt lächelnd ins VW-Hallen-Foyer blickte, da setzte ein riesiger Chor in Gelb noch eins drauf und intonierte „Oh, wie ist das schön…“

So was hat man wirklich lange nicht gesehen in Braunschweig: Einen trotz der 74:84-Niederlage beeindruckenden, emotionalen Heimspiel-Ausklang gegen Meister Bayern, bei dem wohl nur die frühe Verletzung von Topscorer DeAndre Lansdowne (7.) eine sportliche Sensation verhinderte. Eine Saison-Rekordkulisse mit 5619 Zuschauern im großen Oval der VW-Halle, eine elektrisierende Stimmung vom Sprungball an, die den Löwen die Energie für einen Kraftakt verlieh, den ihnen niemand zugetraut hatte. Ohne ihre verletzten Topstars Eatherton und Lansdowne machten sie gegen das europäische Topteam einen 20-Punkte-Rückstand wett, glichen durch den herausragenden Chris Sengfelder (28 Punkte) acht Minuten vor Schluss aus, träumten weitere fünf Minuten davon, mit einem Sieg ein zweites Heimspiel erkämpfen zu können und mussten sich dann angesichts nachlassender Kräfte dem viel tiefer besetzten Starensemble doch beugen.

„Das war eine sensationelle Steigerung in der zweiten Hälfte. Jeder hat noch einen Extraschritt gemacht, um Dres Ausfall zu kompensieren“, lobte Kapitän Thomas Klepeisz, und Sengfelder meinte trotz der Enttäuschung: „Wir haben Herz gezeigt, das ist es, was zählt.“

Die frohe Botschaft kurz vor Spielbeginn, dass Eatherton, der wohl beste Center, der je in Braunschweig gespielt hat, Angebote aus dem Ausland ausschlug und dem Standort ein drittes Jahr die Treue hält, weil er und seine Familie sich so wohlfühlen, war für die Fans eine Art Brücke von diesem tollen Abend in die nächste Saison.

Während der 27-Jährige mit Frau, Kind und Hund also im Sommer zurückkehren wird, gab Trainer Frank Menz seine Abschiedsvorstellung nach drei Jahren stetigen Aufschwungs. Wehmütig sei er an diesem Abend nicht gewesen, berichtete er. „Solche Gefühle hatte ich vorher bei den letzten Punktspielen, bevor wir es in die Play-offs geschafft hatten.“ Beim Viertelfinal-Heimspiel habe er dann eher den Rahmen genossen. „Ich habe in die vollen Ränge geschaut, die Atmosphäre aufgesogen mit den Fans in Gelb und den Blinkarmbändern und habe gedacht: unfassbar, was wir hier aufgebaut haben mit den Jungs, was für eine Entwicklung das war, was da drinsteckt an Emotionen, Kraft, auch Konflikten“, schwärmte der 55-Jährige. Dieser letzte Braunschweiger Heimspielabend sei für ihn einfach nochmal eine tolle Bestätigung seiner Arbeit voller Genugtuung gewesen.

Die Mannschaft ließ sich danach zu Recht feiern. Für eine Saison, in der sie dem Heimpublikum 13 Siege und so viele spektakuläre Spielverläufe, Aufholjagden und Entscheidungstreffer geboten hatte, wie sie, wie Tommy Kleipeisz meinte, „normalerweise für drei Saisons reichen.“ Der Lohn war der Abschied vor berauschender Kulisse. „Diese Stimmung war sehr schön“, schwärmte der Kapitän, der mit Eatherton das Gerüst für die neue Mannschaft bilden wird. „Ich hoffe, das können wir öfter haben nächste Saison.“