Braunschweig. Das ersatzgeschwächte deutsche Fed-Cup-Team hat durch ein 0:4 gegen Favorit Weißrussland den Sprung ins Halbfinale deutlich verpasst.

Auf dem Court hatte sie auf alles eine Antwort gefunden. Doch nun wusste Aryna Sabalenka auch keinen Rat mehr. Was sie anstelle des deutschen Teamchefs Jens Gerlach getan hätte, um sich selbst zu stoppen, wurde Weißrusslands beste Tennisspielerin gefragt, nachdem sie im Fed-Cup-Viertelfinale vor 4200 Zuschauern in der Volkswagen Halle durch ein 6:1, 6:1 gegen Laura Siegemund den entscheidenden dritten Punkt für ihr Land geholt hatte. „Ich hätte gesagt: Das ist Tennis, der Ball ist rund, jede kann jede schlagen. Aber ehrlich gesagt weiß ich es auch nicht, was ich getan hätte“, sagte die Weltranglistenneunte, die das ungleiche Duell fast im Alleingang entschieden hatte.

Eine hübsche, kleine Lebensmittelvergiftung hätte vielleicht geholfen, ist ja alles schon dagewesen in den größten Teamwettbewerben des Tennis. Aber weil die Deutschen faire Gastgeber sind und sich mit sportlichen Mitteln zu wehren versuchen, war es am Sonntag an Siegemund, auch die andere Wange hinzuhalten. Die erste Ohrfeige hatte am Sonnabend Andrea Petkovic von Sabalenka kassiert, die 31 Jahre alte Darmstädterin, Nummer 68 der Welt, war gegen die peitschenden Grundschläge der aufstrebenden 20-Jährigen beim 2:6, 1:6 ebenso machtlos. Und obwohl Sabalenka, die sich bei konstanter Weiterentwicklung zweifellos in die Reihe großer Grand-Slam-Champions wird einordnen können, am Sonntag deutlich schwächer servierte, konnte Siegemund daraus keinerlei Vorteil ziehen.

Fed-Cup-Viertelfinale in der Braunschweiger VW-Halle

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    Qualität über das gesamte Match

    „Aryna ist eine Klasse für sich. Sie hält die Qualität über das gesamte Match hoch. Da sehen selbst gestandene Spielerinnen wie Andy und ich schlecht aus“, gestand die 30 Jahre alte Ranglisten-104. aus Filderstadt offen ein. Am Sonnabendabend hatte Teamchef Gerlach (45) nach den Eindrücken des Eröffnungstages Siegemund anstelle seiner Nummer eins, Tatjana Maria (31/Bad Saulgau/Nr. 67), für das dritte Einzel ausgewählt. Maria hatte bei ihrer 6:7 (3:7), 3:6-Schlappe gegen Alexandra Sasnowitsch (24/Nr. 33) nachgewiesen, dass ihr Tempo und Defensivstärke fehlen würden, um Sabalenka zu gefährden.

    „Die Mädels brauchen sich nichts vorzuwerfen, sie haben alles gegeben. Aber es ist bitter, wenn auf der anderen Seite eine Spielerin steht, die überhaupt gar nichts anbrennen lässt“, sagte Gerlach, der am Ende noch die 1:6, 6:0, 9:11-Niederlage des Doppels Mona Barthel/Anna-Lena Grönefeld (Neumünster/Nordhorn) gegen Victoria Asarenka/Lidziya Marozawa zum 0:4-Endstand quittieren musste. Die Einsicht, dass die deutsche Ü-30-Generation mit der Wucht der Jugend, wie Sabalenka sie verkörpert, nicht mehr mithalten kann, überraschte zwar nicht. Umso mehr schmerzt es, dass in jener Altersklasse im deutschen Damentennis eine gravierende Lücke klafft.

    Fed-Cup in Braunschweig: Siegemund vs. Sabalenka

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    Hätten Kerber und Görges geholfen?

    Müßig war die Diskussion darüber, ob Deutschland mit seinen Topspielerinnen Angelique Kerber (31/Kiel/Nr. 6) und Julia Görges (30/Bad Oldesloe/Nr. 16) das Halbfinale hätte erreichen können. „Angie hat defensiv sicherlich Qualitäten, die Sabalenka hätten ärgern können“, mutmaßte Siegemund. Weil Kerber und Görges der privaten Turnierplanung jedoch Vorrang gaben und in dieser Woche lieber ausgeruht in Doha (Katar) aufschlagen wollen, war Gerlachs Aufgebot in Braunschweig das bestmögliche. Die Zuschauer goutierten immerhin das Engagement des Teams. Musikalisch untermalt von einigen Bläsern aus der Volkswagen-Bigband, die vom Deutschen Tennis-Bund für den Fanblock angeheuert worden waren, liefen die Spielerinnen sogar noch eine Ehrenrunde – beachtlich nach einer 0:4-Klatsche. „Wir können uns nichts vorwerfen. Mehr war nicht möglich“, sagte Barbara Rittner, Head of Women’s Tennis im DTB.

    Die 45-Jährige rechnet damit, in der Relegation am 20./21. April, die am Dienstag in London ausgelost wird, wieder auf die Spitzenkräfte zurückgreifen zu können. „Sie haben nur für die erste Runde abgesagt. Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass sie spielen, aber wir können niemanden zwingen“, sagte sie. Grundsätzlich müsse man jedoch in einem internen Gespräch klären, „ob wir alle noch dasselbe Ziel haben, nämlich den Fedcup zu gewinnen.“ Welche Antwort Kerber und Görges darauf finden werden, bleibt eine spannende Frage.