Braunschweig. Braunschweigs-Basketballer hatten den US-Profi, eine echte Vorlagen-Maschine, schon im Vorjahr im Blick. Nun half ein Besuch in der Löwenstadt.

Wer einen Spieler unbedingt verpflichten will, muss sich besonders bemühen, möglichst frühzeitig anklopfen und eine gewisse Hartnäckigkeit beweisen. Und weil sie diese Dinge im Fall ihres neuen Spielmachers offensichtlich beherzigt haben, freuen sich Braunschweigs Basketballer nun über die Unterschrift von Joe Rahon unter einen Einjahresvertrag – auf dem Papier ein herausragender Ankurbler für das schnelle Passspiel der Löwen.

Der US-Amerikaner war schon vor einem Jahr einer der heißen Kandidaten von Löwen-Trainer Frank Menz, der einen „Pass-First-Pointguard“ suchte, also einen Spielgestalter, der weniger seinen eigenen Wurf forciert, als vielmehr schaut, wie er die Kollegen optimal ins Spiel bringen kann. Damals kam Wirtschaftsstudent Rahon frisch vom St. Mary’s College in Kalifornien, wo er ins All-First-Team der Westküsten-Conference der stärksten Collegeliga NCAA1 gewählt und zudem als bester Verteidiger ausgezeichnet worden war. Klar, dass so ein Spieler und sein Agent erstmal von der NBA träumen oder zumindest von einem großen, zahlungskräftigen Klub in Europa.

Doch daraus wurde nichts. Nachdem die Löwen längst mit dem litauischen Nationalspieler Zygi Janavicius ihre andere starke Option gewählt hatten, landete Rahon beim belgischen Mittelklasse-Erstligisten Limburg United. „Dort hatte er erst Probleme und hat eine gewisse Eingewöhnungszeit gebraucht, bevor er sein Können richtig gezeigt hat“, berichtet Menz und ist rückblickend eigentlich ganz froh, dass der 1,88 Meter große Kalifornier erst jetzt, mit einem Jahr Europa-Erfahrung, nach Braunschweig kommt.

Was sich die Löwen neben starker Verteidigung von ihm erhoffen, wird durch seine Durchschnittsstatistik in Belgien noch gar nicht richtig ausgedrückt, mit der er bester Passgeber der Liga war: 5,9 Vorlagen und 6,3 Punkte mit 36 Prozent Dreierquote in 23 Minuten. Was er wirklich kann, verdeutlichen besser die Werte der letzten neun Partien inklusive Play-offs, denn da legte Rahon im Schnitt ein „Double-Double“ von 10,4 Punkten und 10,1 Assists auf. Noch besser: trotz der vielen spektakulären Anspiele leistete er sich kaum Ballverluste.

Menz wusste frühzeitig, dass er nach Janavicius’ Kreuzbandriss einen neuen Spielmacher brauchen würde. Natürlich liebäugelt ein Trainer gerade bei dieser Schlüsselposition immer mit einem ligaerfahrenen Profi. Doch es stellte sich bald heraus, dass für einen starken BBL-Pointguard ganz andere Summen aufgerufen werden, als im Löwen-Budget verfügbar. Schließlich kostet schon das Leistungsträger-Quartett Scott Eatherton, DeAndre Lansdowne, Thomas Klepeisz und Bazou Koné die Braunschweiger nach der Vertragsverlängerung erheblich mehr als im Vorjahr.

So hatte Menz schnell wieder Joe Rahon im Blick und lud ihn nach dem Ende der belgischen Saison Ende Mai direkt nach Braunschweig ein. Er zeigte ihm die Löwenstadt und die Trainingsstätten, man beschnupperte sich. „Joe ist ein ziemlich schlauer Typ, und er war immer ein Leader in seinen Mannschaften“, ist Menz aus dem persönlichen Gespräch überzeugt, einen richtigen Anführer für sein Team verpflichtet zu haben.

Rahon freut sich auf die Chance, sich auf dem höheren BBL-Niveau beweisen und weiterentwickeln zu können. Auch ihm hat die Stippvisite im Frühjahr offensichtlich den entscheidenden Impuls gegeben, um sich nach langen Verhandlungen für die Löwen zu entscheiden. „Dieser eintägige Besuch hat sich für mich gelohnt, ich habe schnell gespürt, dass ich mich hier wohlfühlen würde“, sagt der 24-Jährige, der NBA-Legende und Dirk-Nowitzki-Freund Steve Nash als Vorbild nennt. Gut, dass Menz frühzeitig am Ball war.