Berlin. Die Elektro-Rennwagen der Formel E pfeifen nur noch, haben aber eine Zukunft.

Coole Rennwagen-Optik. Der Sound? Ein auf- und absirrender Pfeifton. Die Begleitmusik der Formel E. Sozusagen ein Grand-Prix im Flüstermodus. Aber gerade deshalb sind die Elektro-Renner hochwillkommen im Herzen der Metropolen. In Hongkong, Paris, Rom, Zürich, New York, wo am 15. Juli das Finale steigt.

Jetzt fand der einzige deutsche Lauf der FIA-Weltcup-Serie statt. Mitten in Berlin auf dem legendären Flughafen Tempelhof mit seinen berühmten Halbrund-Hangars. Das Rennen endete mit einem Doppelsieg für Audi. Der Deutsche Daniel Abt gewann vor dem Brasilianer Lucas di Grassi.

Klar: Motorsport lebt auch vom Sound. Und wer in Hockenheim, am Nürburgring oder in Monza mal das aufreizende Geheul eines Formel-1-Ferraris gehört hat, der weiß, was Pistenlärm ist.

Doch wir leben in einer Zeit extremen Wandels: Angesagt ist die Elektromobilität. Sie wird in den nächsten Jahrzehnten die Autos mit Benzin- oder mit Dieselmotoren keinesfalls verdrängen, aber wir werden vor allem im City-Verkehr sicher einen Fahrzeuganteil von 20 Prozent „Stromern“ erleben.

Motorsport gilt seit Urzeiten als Wegbereiter der Technik. Deshalb war „E-WM“ nur allzu logisch, das Echo in der Industrie enorm. Audi ist dabei, unterstützt von Schaeffler-Kompetenz, auch Renault, Jaguar, mit Panasonic, dann Hightech-Spitzentüftler mit bisher noch unbekannten Namen: Techeetah, Nio (beide China), Mahindra (Indien), Dragon, Andretti, Penske (USA), Virgin-Racing (England), Venturi (Monaco).

In der neuen Saison 2018/19, sie beginnt im November, steigen drei Motor-Giganten ein: BMW, Mercedes (dafür Verzicht auf die DTM) und Porsche (dafür Rückzug aus der Sportwagen-WM ).

Wie stark sind E-Racer? Sie leisten 230 PS, sprinten in drei Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreichen 225 km/h. Künftig sind es 280 km/h und die Batterien mobilisieren dann 340 PS. Kein Zweifel: Die Formel E kommt!

In den Cockpits der 20 Rennwagen sitzen Profis der Vollgasbranche. Etwa Nick Heidfeld (12 Jahre in der Formel 1 dabei), André Lotterer (dreimal Sieger in Le Mans), Ex-Formel-1-Fahrer Nelson Piquet jr., DTM-Piloten wie Mortara, Rosenqvist, Engel. In Kürze wird auch der F1-Star Felipe Massa dabei sein. In Berlin drehte Ex-Weltmeister Nico Rosberg zehn Runden und schwärmte danach auffallend. Gibt es einen Rücktritt vom Rücktritt? Startet Rosberg bald in der Formel E?

„Racing unter Strom“ punktet damit, dass es viele Überholmanöver gibt. Gar keine Frage: Formel E ist echtes Racing. Aber total anders, viel „softer“ als der konventionelle Rennsport. Es fehlt nicht allein das Motorengeheul, sondern auch das Risiko, die Power, der „Kick“. Ein Vergleich aus dem Boxsport mag es verdeutlichen: Es ist ein Unterschied wie zwischen Leicht- und Schwergewicht. Aber: Beides kann Weltklasse sein. Dafür „zieht“ die Formel E ein anderes, ein teilweise „hippes“ Publikum. In Berlin waren es 15 000, fast ausschließlich junge Leute. Sie waren begeistert. Überall Discomusik, VIP-Ecken, Partystimmung, Moderatoren, die flott anheizten – so wie bei einem Event mit Florian Silbereisen.

FIA-Präsident Jean Todt präzisierte in Berlin: „Formel E ist ein Highlight. Und Hightech. Es ist nicht der Rennsport, der in zwei Jahren weltweit dominieren wird, aber in 20 Jahren.“ Und Stefan Moser (Wolfsburg), der Chef der Audi-Motorsport-Kommunikation, ist überzeugt: „Die Formel E traf den Nerv der Zeit.“