Nürnberg. Beim 0:2 in Nürnberg präsentieren sich die Löwen phasenweise wie ein Absteiger.

Irgendwann verzweifelte Ken Reichel fast. Der Kapitän von Braunschweigs Zweitliga-Fußballern schrie und schrie während er versuchte, den Angriff der Nürnberger zu unterbinden, doch Georg Teigl machte den Laufweg einfach nicht, den ihm der Spielführer aufzeigte.

Die Szene in der zweiten Hälfte war symptomatisch für die Leistung der Eintracht beim 0:2 (0:1) in Nürnberg. Während der Club vor Leben blühte, war die Elf von Trainer Torsten Lieberknecht lethargisch. Während bei den Franken nach 20 Minuten die Automatismen griffen, wirkten die Bemühungen der Eintracht konzept- und ideenlos. Und während sich die Gastgeber zeitweise in einen Rausch spielten und noch mehr Treffer als zwei hätten erzielen können, taumelten die Blau-Gelben vor 45 238 Zuschauern im Frankenstadion kraftlos ihrem Schicksal entgegen. Deshalb stehen die Franken nach den Toren von Ondrej Petrak (44. Minute) und Kevin Möhwald (48.) kurz vor dem Aufstieg, und Eintracht muss in dieser Form mehr denn je um den Klassenerhalt bangen.

Schlechte Nachrichten gab es bereits vor dem Anpfiff. Suleiman Abdullahi fiel mit einer Sprunggelenksverletzung kurzfristig aus, im Spiel erwischte es dann zunächst noch Patrick Schönfeld und später Özkan Yildirim. Bei allem berechtigten Ärger über die Personalnot der Eintracht darf aber nicht verschwiegen werden, dass es sich Lieberknecht immer noch erlauben konnte, mit den Winterneuzugängen Teigl und Onur Bulut zwei Spieler in der ersten Hälfte auf der Bank zu lassen, die in der Hinserie noch bei Erstligisten unter Vertrag standen.

In der Anfangsviertelstunde war es Eintracht noch gelungen, für so etwas wie Ausgeglichenheit zu sorgen. Die Nürnberger waren vielleicht etwas überrascht, wie die Blau-Gelben aufliefen. Reichel verteidigte zusammen mit Gustav Valsvik und Frederik Tingager in einer Dreierkette. Die Außenbahnspieler Mirko Boland und Robin Becker unterstützen diesen Abwehrverbund bei Bedarf. Und das war in der ersten Hälfte häufiger der Fall, als es den 1200 mitgereisten Eintracht-Fans lieb war. Nachdem der Club zunächst Probleme hatte, eine Lücke in der sehr tiefstehenden Braunschweiger Hintermannschaft zu finden, häuften sich nach 20 Minuten die Torchancen für die Gastgeber. Dreimal verhinderte Jasmin Fejzic mit Paraden einen Rückstand (28., 30., 44.), kurz vor dem Halbzeitpfiff war dann auch der Eintracht-Keeper machtlos. Nach einer Ecke kam Petrak aus 20 Metern völlig frei zum Schuss und traf zum 1:0.

Die Nürnberger Führung war zu diesem Zeitpunkt längst überfällig. Eintracht hatte schon lange den Anspruch, selber zu agieren, scheinbar aufgegeben. Die Löwen liefen bereits seit Minuten nur noch hinterher, waren komplett passiv. Lieberknecht sah seine Elf zwar nicht so schlecht und fand sogar lobende Worte, doch musste er auch zugeben: „Offensiv war das von uns zu wenig. Das war das große Manko.“ Eintracht konzentrierte sich auf die Defensive. Mit so vielen Spielern wie möglich wurde der eigene Strafraum ausgefüllt, darauf gehofft, dass der Wirbelsturm namens Club schon irgendwie vorbeiziehen würde.

Nach der Pause ging das Trauerspiel weiter. Lieberknecht wechselte bereits zum zweiten Mal, stellte zudem die Taktik um. Yildirim musste nach 35 Minuten schon wieder runter. Für ihn kam Teigl. Klare Chancen besaß aber allein Nürnberg. Nur drei Minuten nach dem Seitenwechsel erhöhte Kevin Möhwald auf 2:0. Dabei setzte er sich im Strafraum gegen gleich drei Braunschweiger durch. Nur weitere vier Minuten später verpasste Tobias Werner knapp das 3:0.

Anschließend ließen es die Nürnberger ruhiger angehen. Der Sturmlauf war vorbei. Die Hausherren zogen sich zurück, überließen nun den Gästen mehr den Ball. Doch die Eintracht wusste damit kaum etwas anzufangen. Eine Idee, wie man denn gefährlich in den Club-Strafraum kommen wollte, war nicht zu erkennen. Deshalb blieben die Nürnberger im Ansatz sogar die torgefährlichere Mannschaft – und das mit deutlich angezogener Handbremse. Ein schlechtes Zeichen für die nächsten Spiele gegen Ingolstadt und Kiel.