Mein perfektes Wochenende. Heidemarie Eggert und Siegfried Skarupke wollen das alte Gemäuer für die Nachwelt erhalten.

Jürgen Wullenwever kauert auf einem Häuflein Stroh auf dem Boden tief unten im Kerker von Burg Steinbrück. Es ist nur eine Puppe – aber der jämmerliche Anblick erinnert den Besucher schauerlichst an die grausigen Folterqualen, die der Lübecker Bürgermeister dort als Gefangener um 1536/37 erleiden musste – bevor der charismatische Volkstribun im September jenes Jahres am Hohen Gericht im Lechlumer Holz bei Wolfenbüttel durch das Schwert hingerichtet wurde. Und viergeteilt. Und aufs Rad geflochten.

Solcher Aussichten zum Trotz hat der mutige Aufrührer seine Geständnisse – unter dem Druck von Daumenschrauben abgelegt – noch kurz vor dem Tod widerrufen. Reichlich Gründe also für Wullenwever (auch Wullenweber), bis heute durch die Burg zu geistern. Siegfried Skarupke (65) aus Ölsburg kann sich das gut vorstellen, und Heidemarie Eggert (70) aus dem benachbarten Groß Lafferde will es bei aller Nüchternheit nicht ausschließen.

Beide engagieren sich im Förderverein Burg Steinbrück für den Erhalt der Anlage, die sich an der Grenze von Peine und Hildesheim so idyllisch in einem Bogen der Fuhse erhebt. Eggert, ehemals Schulsekretärin in Salzgitter, war 1990 Gründungsmitglied und ist nun schon 14 Jahre Vorsitzende: „Schon als Kind habe ich lieber auf der Burg gespielt als im Dorf.“

Die Burg Steinbrück

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Und Skarupke, Konditor aus Berlin, hat seine Arbeit beim Schokoladenhersteller Rausch in den 80er Jahren ins Peiner Land geführt. Damals war er ambitionierter Fossiliensammler, doch als im Haus – ein „bewohnter Steinbruch“ – kein Platz mehr für Millionen Jahre alte Saurierfährten und Krokodilpanzer war, entdeckte er das Mittelalter als neues Hobby. Und die Burg Steinbrück.

Heute ist er Stellvertreter im Vorstand – und überaus erfinderisch, wenn es um die Burg geht. Er inszeniert Gruseltouren in Steinbrück, und er organisiert inzwischen auch Ausflüge für Geschichtsinteressierte zum Beispiel ins Kloster Corvey im Weserbergland, oder schon demnächst eine Lesung mit Kathrin R. Hotowetz („Im Schatten der Hexen“) auf Schloss Oberg bei Peine. Weil der Besuchsbetrieb in Steinbrück zurzeit eingeschränkt ist, sind die Ausflüge ein Stück weit Ersatzprogramm, damit etwas Geld in die Vereinskasse kommt.

Der Förderverein kämpft tapfer um die Burg, die schon früher immer wieder bedroht war. Die 1383 erbaute Wasserburg war über die Jahrhunderte ein Streitobjekt zwischen den Braunschweiger Herzögen und Hildesheimer Bischöfen. Und die Hannoveraner mischten auch mit.

Heute stehen dem motivierten Förderverein mit rund 150 Mitgliedern (sogar aus Nordrhein-Westfalen) ebenso wie dem Besitzer und Bewohner des Burgpalas moderne Obrigkeiten gegenüber – die weltlichen Baubehörden. Wegen einiger Baustellen, unter anderem Risse in den Mauern, ist die Nutzung stark eingeschränkt, mithin die Pläne von Verein und Burgherr, das alte Gemäuer mit neuem Leben zu erfüllen. Skarupke und seine Mitstreiter aber bemühen sich um öffentliches Geld für die Sanierungen. Archäologische Grabungen, die den kulturhistorischen Wert der Anlage untermauern könnten, hat es zum Bedauern Skarupkes indes bisher nicht gegeben – obwohl Steinbrück zu den drei besterhaltenen Bischofsburgen Niedersachsens neben Marienburg und Steuerwald zählt.

So durften die Freiwilligen des Vereins über die Jahre zwar gern die Wiesen mähen, Strauchwerk schneiden, alles sauber halten und sogar für stolze 1000 Euro eine Besucher-Toilette aufstellen, aber derzeit dürfen sie nur außerhalb der Gemäuer aktiv sein. Für Eggert wie Skarupke ein Grusel. Sie denken an ihre bunten Burgfeste, an Theaterabende auf dem Burghof. Sie geben nicht auf, wollen die altehrwürdige Burg für folgende Generationen erhalten.

Aktuell ist die Anlage dreigeteilt. Der ehemalige Artillerieturm ist die Kirche der evangelischen Kapellengemeinde mit Friedhof anbei, der mächtige Palas nebst Fachwerkanbau in Privatbesitz, und der steinerne Torbogen steht auf Gemeindegrund.

Inzwischen interessieren sich sogar professionelle Geisterjäger für die Geheimnisse der Burg. Mit ihrem Instrumentarium wollen sie erst unlängst paranormale Phänomene ermittelt haben. Schatten. Lichter. Stimmen. Zweifelsfrei.

Heidemarie Eggert, die bodenständige Groß Lafferderin, winkt lachend ab – obwohl: Im Lechlumer Holz hätten sie sehr wohl „beklemmende Gefühle“ gepackt.

Und Siegfried Skarupke? „Wer beweist das Gegenteil?“, fragt er überzeugt – und lädt jeden, der weder Spuk noch Geister fürchtet, zur nächsten Besichtigung ein.

Dann bloß nicht erschrecken, wenn zur 13. Geisterstunde der alte Wullenwever plötzlich um die Ecke huscht. Wen wollte das wundern bei dem ganzen Spuk um die Burg? Unsereins nicht…

Idyllisch an der Fuhse: Die Burg Steinbrück

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