Braunschweig. Mein perfektes Wochenende: Die „Black Sheep“ aus Rühme sind ein Dart-Verein. Hier berichten sie von ihrer Millimeterarbeit auf der Dartscheibe.

Der Pfeil flitzt haarscharf an der Tripple-20 vorbei und saust dummerweise genau nebenan in die „1“. Was so nicht geplant war. Aber so ist Dart nunmal. Glück und Pech liegen stets dicht nebeneinander, genauer: nur Millimeter. Claudia Bangemann weiß das. Die 46-Jährige spielt Dart, seit sie denken kann. In einer Kneipe fing es irgendwann mal an. Wie es damals eben so war.

„Das Faszinierende an unserem Sport ist, dass praktisch jeder jeden schlagen kann, wenn es gut läuft – mal abgesehen von den Profis, den schweren Jungs, die man ja neuerdings viel im Fernsehen sieht. Denn auch Glück muss man haben. Sonst kannst du nicht gewinnen.“

Mein perfektes Wochenende mit den Black Sheep

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    Und den berühmten „Tunnelblick“. Womit wir bei der hohen Kunst des Pfeileschleuderns wären. Das Spitze muss ins Runde, das ist klar. Genauer: ins Bulls-Eye, das rot markierte Zentrum der Dartscheibe, das einen exakt definierten Durchmesser von 12,7 Millimetern hat. 50 Punkte bringt so ein Treffer. Und das kann beim Auschecken aus einem sogenannten Leg, beim Herunterzählen auf Null, oftmals den Sieg bringen – wenn nämlich gerade noch 50 Punkte zum Sieg benötigt werden.

    „Du muss komplett abschalten beim Werfen. Du musst in einen Tunnel kommen. Dann treffe ich alles. Dann höre und sehe ich um mich herum nichts mehr, nur noch die Scheibe“, sagt Mitspieler Thomas Bangemann (51), der auch bei den „Black Sheep“ in Rühme die Darts wirft, seit vielen Jahren. Einer von den ergrauten Black Sheep. Er kann es also beurteilen. Wie es sich anfühlt auf der Verliererstraße zu sein, das haben alle „Schafe“ schon mal erlebt. „Dann bist du abgelenkt, genervt. Wenn das Spiel nicht läuft, hörst du jede noch so kleine Mücke husten.“

    Wenn Claudia Bangemann sagt, sie hasse es, sie hasse es zu verlieren – egal wobei, dann glaubt man ihr das sofort. Leichter sei es da schon, wirft Mitspielerin Claudia Wahle (45) ein, sie gilt als beste Spielerin im Club, wenn der Gegner am dem Tag einfach stärker sei. Wenn man einsehen müsse: Der spielt in einer anderen Liga als du selbst. Das komme auch vor. Auch bei ihr. Um vorn mitzuwerfen, das sagen alle, müsse man viel trainieren – und Erfahrung ans Board mitbringen. „Wenn du dran bist und alle Augen auf dich gerichtet sind, dann musst du ruhig bleiben können, um deine Leistung zu bringen.“ Gar nicht so einfach sei das.

    Sie sei dann immer in einer „anderen Welt“, sagt Claudia Wahle. Gut, darten könnten viele. Aber gewinnen, das sei eine andere Sache. „Das passiert bei dir im Kopf.“ Sie kenne Spieler, die trainierten viel – und brächten dann, wenn’s drauf ankommt, die Leistung doch nicht. Oder wieder andere, die müssten nach jahrelangem Training einsehen: Es fehlt mir das Talent. Claudia Bangemann gehört nicht zu ihnen. Ihr sei das Darten in die Wiege gelegt worden, sagt sie. Ein „Grundtalent“, wie sie es nennt. Auch, was den Bewegungsablauf betrifft. Das präzise Nachvornklappen des Unterarms, aus dem Ellenbogengelenk heraus, das lockere Entgleitenlassen des Dartpfeils im richtigen Moment, damit das Ding auch die richtige Ballistik bekommt, um aus exakt 2,37 Meter Entfernung die benötigte Punktzahl zu treffen.

    Der Dart-Verein "Black Sheep" aus Rühme

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    Die blonde Darterin spricht von einer gewissen „Grundstärke“, die sie habe, die ihr erlaube, im Prinzip immer „relativ gut“ zu spielen. Seit 2007 dartet sie im Verein. Runde um Runde habe sie anfangs Lehrgeld zahlen müssen, sagt die die Mitarbeiterin einer Werbeagentur. Sie habe dann fortan heimlich trainiert, berichtet sie schmunzelnd. Mit Erfolg. Schnell wurde sie die Nummer zwei in der niedersächsischen Rangliste und vor drei Jahren sogar deutsche Vize-Meisterin.

    Zurück zum Material. Für drei Dartpfeile zahle man locker so um die 100 Euro, erzählt uns Thomas Bangemann und präsentiert auch gleich seine funkelnagelneuen besten Stücke: drei hochwertige Darts der Marke Phil Taylor, die, das muss man sagen, wirklich gut in der Hand liegen. Doch werden sie auch siegen helfen? Ehefrau Claudia ist da nicht so sicher. Im Prinzip, sagt sie, könne man mit allem werfen, wenn man sich erst daran gewöhnt hat. „Dann triffst du sogar mit Zahnstochern.“

    Ob man ihr das glauben kann? Wir probieren es da lieber mit den Phil-Taylor-Dingern. Und tatsächlich: Alle drei Modelle sausen mittig ins Board, bleiben schön dem Grundsatz treu: Das Spitze muss ins Runde. „Nicht schlecht für den Anfang“, lacht die nette Rühmerin. „Sie haben Talent. Wollen Sie nicht mal bei uns vorbeischauen? Nachwuchs können wir immer gebrauchen.“ Für die Turniere, in denen es gegen Teams geht wie „Blind Eagles“, „DC Koala“ oder die „Dartschnecken Ebsdorf“, bei denen natürlich auch Männer mit ran dürfen ans Board.

    Zurück nach Rühme. An diesem Dienstagabend darten so um die zehn Werfer an den Boards, die im Hinterzimmer des Vereinsheims am Flachsrottenweg aufgehängt sind, während es draußen schneit. Die Wirtin schaut rein, bringt „Zielwasser“ mit, denn die Luft wird schnell trocken, wenn man nur oft genug die Pfeile fliegen lässt. „Das Schöne an unserem Sport: Alle können ihn betreiben, selbst wenn du im Rollstuhl sitzt.“ Alle nicken. Sie könne sich an ein Turnier erinnern, sagt Claudia Bangemann, da habe ein Fünfjähriger mitgedartet. „Dem mussten andere die Darts aus der Scheibe ziehen, weil er nicht ans Brett rankam.“ Hängt ja auch 1,73 Meter überm Boden.

    Und wer weiß? Vielleicht wird ja aus einem solchen Nachwuchstalent eines Tages ein Champion? Wie Gary Anderson (46), den schottischen Doppelweltmeister, den sie in Rühme alle mögen, weil er so sympathisch ist und nicht so ausgeflippt wie die anderen bunten Vögel im Profi-Dart. Wie „Mighty-Mike“ van Gerwen beispielsweise oder der Paradiesvogel Peter Wright. Denn eines ist Dartern heilig: Anstand – und Respekt vorm Gegner. Vor jedem.

    Darten – perfekt für...

    Perfektionisten *****

    Hausfrauen *****

    Haustiere: *

    Senioren: *****

    Kinder: *****