Salzgitter. Dennis Giesa ist mit 27 schon geweihter Priester. Der Glaube war schon immer Teil seines Lebens. Für viele ist das nicht mehr so.

Gerade einmal fünf Monate ist es her, da hat der 27-jährige Dennis Giesa eine Entscheidung getroffen, die sein ganzes Leben verändern sollte. Eine Entscheidung, auf die er sich lange vorbereitet hat. Eine Entscheidung, die ihm nicht immer leicht gefallen ist - mit der er aber jetzt sehr zufrieden ist. Denn Giesa ist so jung schon Priester. Im Moment ist er als Kaplan mit zuständig für die vier Pfarreien in ganz Salzgitter.

Glaube ist für Kaplan aus Salzgitter eine Selbstverständlichkeit

Sein Glaube war für den gebürtigen Hildesheimer schon immer eine Selbstverständlichkeit, wie er sagt. „Meine Familie kommt ursprünglich aus Schlesien. Wir waren schon immer Teil einer Gemeinde, sind regelmäßig zum Gottesdienst gegangen und haben vor dem Essen gebetet“, erinnert sich Giesa. Als Kind habe er gedacht, dass das in jeder Familie so sei. Erst in der Schule erfuhr er, dass eine enge Beziehung zum Glauben eher eine Seltenheit geworden ist. Jedoch nicht für Giesa. Für ihn stand schon früh fest, dass er zum Priesteramt berufen ist. „Ich kann mich noch erinnern, wie ich als Kind die Messe nachgespielt habe. Das hat sich für mich immer richtig angefühlt.“ Als es dann das erste Mal richtig ernst wurde, bekam der damals 19-Jährige erstmal kalte Füße.

„Der Zölibat schenkt auch eine unglaubliche Freiheit. Mir ist ganz klar, wer mein Gegenüber ist: Gott.“
Dennis Giesa, Kaplan in Salzgitter

„Der Schritt zum Priester kam mir damals doch recht krass vor. Also habe ich mich erstmal beim Regens vorgestellt in Hildesheim. Das ist sozusagen der Ausbildungsleiter für Priester im Bistum Hildesheim“, erzählt der Kaplan. Der empfahl Giesa, doch erstmal nach Frankfurt ins Priesterseminar zu fahren und sich das anzuschauen. Dort schickt das Bistum Hildesheim seine Priesteranwärter hin. Frankfurt kam ihm damals doch sehr weit entfernt von seiner Heimat vor. Dazu kommen Verpflichtungen im Priesterseminar, für die sich Giesa einfach noch nicht bereit fühlte. Also ging es erstmal nach Hannover. Viele seiner Schulfreunde sind auch in der Nähe geblieben. Dort studierte er Theologie und Philosophie - als erster in seiner Familie.

Abschied in Richtung Priesterseminar nach Frankfurt

Wirklich richtig fühlt sich das für ihn aber auch nicht an. Er studiert nicht nach Semesterplan, sondern mehr in Vorbereitung auf das volle Theologiestudium. Giesa erklärt: „Ich habe eigentlich schon auf das Priesterseminar hin studiert, um zu sehen, was ich mir anrechnen lassen kann.“ Nach einem Semester war es dann so weit. Er musste es probieren. Sonst hätte er es bereut, wie er sagt.

Einen schweren Abschied später macht Giesa den Schritt ins Priesterseminar nach Frankfurt und beginnt damit eine fünfjährige Ausbildung, bei der er am Schluss zum Priester geweiht werden soll. Zusammen mit 29 anderen Männern aus allen Lebenssituationen lebt er im Seminar direkt neben der Uni und studiert in Vollzeit. Ein Jahr dieser Ausbildung verbringt er in Rom. Das sogenannte Freijahr gibt es laut Giesa so nur in der deutschen Kirche. In diesem Jahr sollen Priesteranwärter woanders studieren, als in ihrem Priesterseminar. Im Freijahr gebe es keine Vorgaben, keinen Stundenplan. Giesa will unbedingt nach Rom, um die Weltkirche kennenzulernen und im Zentrum des katholischen Glaubens zu studieren. Er schreibt sich an der Päpstlichen Universität Gregoriana ein - und bekommt den Platz.

Ein Freijahr in Rom mit neuen Herausforderungen

Die Hauptstadt des katholischen Christentums wird für den jungen Priesteranwärter ein Ort sein, an dem sich sein Glaube festigt, aber auch ein Ort, an dem die Beziehung zu Christus infrage gestellt wird. Giesa sagt: „In Rom habe ich gesehen, dass ich zur Messe gehe, weil ich es möchte. Da steckt kein Zwang oder Plan hinter. Sie gibt mir schlichtweg Kraft und bestärkt mich.“ Er lebt dort in einer internationalen WG, lernt Studierende aus Brasilien oder Asien kennen. Und trotz der Sprachbarriere am Anfang verstehen sie sich gut. „Ich weiß, es ist komplett ausgetreten und kitschig. Aber wir hatten den Glauben gemein. Das verbindet“, sagt der Kaplan mit einem Lachen.

Entscheidung für Kaplan aus Salzgitter: Ehemann oder Priester?

Rom ist aber auch die Stadt, in der sich Giesa entscheiden musste. „Das war eine richtige Krise“, sagt er heute. Er stand vor der Frage: Will er Priester werden oder Ehemann? „Darüber habe ich im Freijahr viel nachgedacht und die Frage sehr geprüft“, blickt Giesa zurück. Eine ganze Weile lang schiebt er die Entscheidung vor sich hin. Vor dem Ende des Freijahrs war es dann so weit. Einen Weg musste er einschlagen. Und das war der in der Nachfolge Jesu Christi, wie er sagt. Er will Priester werden. Die Beziehung zu seinem Glauben ist dadurch intensiver geworden. „Ich habe mich klar für meinen Weg entschieden. Und ich bin froh, dass ich die Entscheidung so getroffen habe“, sagt der 27-Jährige. „Der Zölibat“, findet Giesa, „schenkt auch eine unglaubliche Freiheit. Mir ist ganz klar, wer mein Gegenüber ist: Gott.“

Trotz seiner engen Beziehung zu seinem Glauben geht Giesa nicht unkritisch mit der Institution um, zu der er gehört. Er sagt offen: „Die katholische Kirche hat nicht den besten Ruf. Trotzdem will ich für die Menschen in Salzgitter positive Erfahrungen in Verbindung mit der Kirche schaffen.“ Es gehe nicht zuerst um einen Zwang oder das strikte Einhalten der Zehn Gebote. „Wir wollen für alle da sein“, sagt Giesa.

Kaplan aus Salzgitter ist für die Abschaffung der Kirchensteuer

Das Gemeindeleben selbst wird sich in den kommenden Jahren sehr verändern, ist er überzeugt. Giesa sagt: „Die Gemeinden sind kleiner geworden. In Zukunft wird es sicherlich Zentren geben, nicht mehr viele kleine Kirchen. Dort versammeln sich die Gemeinden dann.“ Zu dieser Veränderung gehört für Giesa auch eine radikale Reform der Kirchenfinanzierung. Er sagt: „Ich würde die Kirchensteuer abschaffen. Die deutsche Kirche hat zu viel Geld. Dadurch entsteht im Hintergrund eine riesige Verwaltungsmaschinerie. Es ist schwerer, sich auf Glaubenssachen zu fokussieren.“ Die Steuer sei eine Besonderheit der deutschen Kirche. In anderen Ländern werde das nicht so gehandhabt. Giesa findet: „Es reicht ein kleines Grundgehalt für Priester. Der Rest sollte durch Spenden finanziert werden. Dadurch würden Priester und Gemeinde stärker zusammenwachsen.“