Berlin. Jugendherbergen haben ein Imageproblem. Dabei bieten sie oft mehr als Hostels.

In einer Gewitternacht im Jahr 1909 hatte Richard Schirrmann eine Idee: Auf mehrtägigen Wanderungen sollten Schüler sichere und günstige Unterkünfte zum Übernachten finden können. Drei Jahre später gründete der Lehrer in der Burg Altena im Sauerland die erste dauerhafte Jugendherberge – sie existiert noch heute. Längst ist ein flächendeckendes Netz mit in Deutschland 471 Herbergen entstanden.

„In den Anfangszeiten schliefen die Gäste wirklich noch auf Strohsäcken“, erzählt Knut Dinter vom Deutschen Jugendherbergswerk. „Das hat das Image von Jugendherbergen geprägt.“ Das Stroh ist längst verschwunden, und auch die Zeiten liebloser Schlafsäle sind passé.

Schüler und Studenten sind

die wichtigste Zielgruppe

Stattdessen gibt es heute meist Mehrbettzimmer für bis zu sechs Personen, in Neu- und Umbauten zunehmend auch kleinere Zimmer mit angeschlossenem Bad. „Im Gegensatz zu früher, als es noch klassische Herbergseltern gab, werden die Einrichtungen heute von ausgebildeten Profis geleitet“, ergänzt Dinter. Um den modernen Ansprüchen der Reisenden gerecht zu werden, hat sich das Freizeitangebot erweitert. Statt oder ergänzend zu Wanderungen werden Aktivitäten wie Geocaching, Stadtführungen, Segelkurse oder Yoga angeboten. „Jugendherbergen sollen mehr sein als Bett und Brötchen. Wir haben einen pädagogischen Anspruch und wollen zur Völkerverständigung beitragen“, sagt Dinter.

Doch sind Jugendherbergen nicht durch die stetige Ausbreitung von Hostels und schicken Preiswert-Hotels bedroht? Das gilt höchstens für Großstädte wie Berlin, Hamburg und Köln. In der Fläche sieht es mit der Konkurrenz vielerorts dürftig aus. „Jugendherbergen haben ein etwas angestaubtes Image“, sagt Prof. Jürgen Schmude, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft. „Hostels nennen sich so, weil das moderner klingt.“ Dabei ist „Hostel“ eigentlich nur eine Übersetzung von Jugendherberge. Doch der Name bestimmt durchaus weiterhin über die Gäste.

„Wer in der Vergangenheit oft Urlaub in Jugendherbergen gemacht hat, wird das auch in Zukunft weiter tun“, sagt Schmude. Für die Jugendherbergen ist die Herausforderung, junge Leute anzusprechen. Denn längst nicht alle Herbergen sind schick und saniert. Sie bieten aber oft einen anderen Service als Hostels – durch die Bildungsangebote und teils auch bei der Verpflegung. Während man sich in vielen Hostels als Selbstverpfleger in die Küche stellen muss, ist bei Jugendherbergen das Frühstück immer im Übernachtungspreis enthalten.

Schüler und Studenten sind mit 37 Prozent aller Übernachtungen noch immer die wichtigste Zielgruppe. Ein Fünftel der Nächte geht auf das Konto von Familien. An dritter Stelle stehen Freizeitgruppen wie Chöre oder Vereine mit 18 Prozent. Der Anteil der ausländischen Gäste liegt nur bei acht Prozent.

Jugendherbergen sind eine Nischenunterkunft. Laut Statistischem Bundesamt wurden 2016 gut 447 Millionen Übernachtungen in Deutschland gebucht. Die Jugendherbergen zählten knapp 10,3 Millionen – also 2,3 Prozent. Drei Viertel der Nächte entfielen auf Herbergen auf dem Land oder in Kleinstädten. Der wirtschaftliche Druck führt dazu, dass die Jugendherbergen eher größer als kleiner werden. „Die Tendenz geht hin zu größeren Einrichtungen, die rentabler sind“, sagt Dinter.

Mitgliedskarte ist im

In- und Ausland gültig

Die Herbergen bleiben eine gute Möglichkeit, günstig zu übernachten – allerdings nur für Mitglieder des Deutschen Jugendherbergswerks mit entsprechender Mitgliedskarte. Die kostet Jugendliche bis 26 Jahre sieben Euro im Jahr. Familien und Mitglieder ab 27 Jahren zahlen 22,50 Euro. In günstigen Herbergen kostet die Nacht im Mehrbettzimmer 17 Euro, oft liegt der Preis aber höher. Die Preise staffeln sich nach dem Alter des Gastes und teils nach Saison. Praktisch: Die Mitgliedskarte ist auch für Jugendherbergen im Ausland gültig.

Zu den Top-Adressen zählt das Haus Untersberg im bayerischen Berchtesgaden, das sich selbst „erste Designjugendherberge“ nennt. In einer der größten Burganlagen Europas, der Veste Oberhaus, liegt die Jugendherberge Passau mit spektakulärem Blick über die Drei-Flüsse-Stadt.

Online lässt sich die passende Übernachtungsmöglichkeit unter www.jugendherberge.de suchen, international zum Beispiel unter www.hihostels.com.