Hannover. Umweltminister Meyer (Grüne): Eine Bejagung ist rechtlich nicht möglich. Was machen Bund und EU?

Niedersachsens Landesregierung sieht trotz anhaltender Risse von Weidetieren sowie „Nahbegegnungen“ von Menschen mit Wölfen weiter keine Möglichkeit, den Wolfsbestand per Bejagung zu regulieren. Das erklärte Umweltminister Christian Meyer (Grüne) auf eine Anfrage der AfD-Fraktion.

„Bisher gibt es keinen Grund zur Annahme, dass vom Wolf ein höheres Gefahrenpotenzial für Menschen ausgeht als von anderen wildlebenden Tieren, zum Beispiel Wildschweinen“, sagte Meyer im Landtag. Der Minister verwies weiter auf den bestehenden „Wolfsmanagementplan“ des Landes. Dessen „Handlungsketten“ funktionierten. Es gebe qualifizierte Anlaufstellen für Betroffene, etwa bei den Wolfsbüros, bei der Landwirtschaftskammer oder die Zuständigen in den unteren Naturschutzbehörden.

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Wölfen seien kein Kuscheltier und machten Probleme, räumte Meyer ein. Aber sie gehörten auch in Niedersachsen zur Natur. „Vergrämungen“ sowie die „Entnahmen“ von Problemwölfen sollen laut Meyer aber möglichst praxistauglicher und effizienter erfolgen. Das Land hatte für Verbesserungen einen weiteren Dialog mit Verbänden ins Leben gerufen. Die Besenderung von Wölfen sei ein weiteres Mittel, um durch wissenschaftliche Fakten die Diskussion zu versachlichen, sagte der Grünen-Politiker. Im Zusammenhang mit Nahbegegnungen von Wölfen und Menschen soll laut Meyer ein neues „Einsatzteam“ kurzfristige und effiziente Hilfe bei der Aufnahme von relevanten Meldungen vor Ort und der Etablierung von Maßnahmen gewährleisten. Dazu soll offenbar auch gehören, mögliche Anlockeffekte zu identifizieren.

Einzelwölfe „entnommen“

Eine Bejagung von Wölfen sei nach EU- und Bundesrecht unzulässig. „Aber wenn Wölfe Menschen bedrohlich sind, dann müssen sie entnommen werden“, betonte Meyer. Das geschehe auch, wie etwa unter dem früheren niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne). Die Länder bräuchten aber mehr Spielraum für ein regional differenziertes, europarechtskonformes Wolfsmanagement. Der Ball liege hier aber bei EU und Bund. Der Bund müsse die Frage nach dem Erhaltungszustand des Wolfs schneller klären, so Meyer weiter. Dies könne ein Bundesland wie Niedersachsen alleine nicht. Gegen eine ganze Reihe von EU-Mitgliedsstaaten gebe es Verfahren der EU-Kommission, sagte Meyer auf die Frage, warum im Ausland teilweise eine Bejagung von Wölfen erfolge, in Niedersachsen aber nicht. Gegen Deutschland sei ein EU-Pilotverfahren – die Vorstufe eines Verfahrens – eröffnet worden, unter anderem wegen Abschüssen in Niedersachsen, warnte Meyer. Im Landtag war von aktuell rund 450 Wölfen im Land die Rede. Die Hoffnung: Erklärt Deutschland den Bestand im Einvernehmen mit der EU für gesichert, könnte oberhalb einer Grenze „Regulierung“ möglich sein. Dafür hatte sich auch Meyers Vorgänger Olaf Lies (SPD) ausgesprochen.

Etliche Zwischenfälle

Der AfD-Abgeordnete Alfred Dannenberg sagte im Landtag, in der jüngsten Vergangenheit würden die Übergriffe von Wölfen auf Weidetiere in einzelnen Regionen immer bedrohlicher. In zahlreichen Fällen würden vermeintlich wolfssichere Zäune überwunden, Weidetiere auch in direkter Nähe von Wohnhäusern gerissen, zum Teil sogar trotz heller Beleuchtung. Seit Jahresbeginn verzeichne die „Rissliste“ des Landes 266 tote, 93 verletzte und 14 verschollene Weidetiere durch den Wolf. Ende Dezember habe ein Wolf ein Pferd in einem Offenstall bei Soltau schwer verletzt. Im Februar sei ein Wolf am Nachmittag auf dem Gelände eines Ponyhofes in Ahlden erschienen, trotz der Anwesenheit von sechs Kindern und fünf Erwachsenen. Ebenfalls im Februar sei eine Radfahrerin aus Ebbingen von drei Wölfen verfolgt worden. Anfang März hätten sich drei Wölfe in Holtum-Geest zwei zehnjährigen Jungen beim Schlittenfahren genähert. „Die Wölfe zeigten keine Scheu und wichen nicht zurück“, sagte Dannenberg. Die CDU hatte auf Wolfsrisse im Kreis Uelzen Mitte März verwiesen.