Braunschweig. Die Erkrankung geht mit Übelkeit und Erbrechen einher. Im Kreis Wolfenbüttel sind 111 Menschen erkrankt.

In Niedersachsen haben die Meldungen von Rotavirus-Infektionen stark zugenommen. Bis zur Jahresmitte wurden landesweit mehr als 3000 Infektionen registriert. Das sind mehr als doppelt so viele Fälle wie 2018 insgesamt. Dies geht aus einer Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

In unserer Region hat sich die Zahl der Rotavirus-Meldungen im Vergleich zum Gesamtjahr 2018 ebenfalls verdoppelt. Insgesamt 721 Fälle verzeichnet das RKI seit Jahresbeginn. Davon entfallen die meisten Fälle auf die Landkreise Wolfenbüttel (111) und Goslar (103) sowie die Stadt Braunschweig (102). Auffällig ist vor allem der drastische Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. So wurden in der Stadt Wolfsburg dreimal so viele Infizierte gezählt, in Wolfenbüttel viermal und im Landkreis Helmstedt sogar sechsmal so viele.

Das Robert-Koch-Institut erfasst wöchentlich alle gemeldeten Infektionen. Mit Ausnahme von Sachsen und Thüringen verzeichnen alle Bundesländer einen Anstieg der Infektionsrate. Bundesweit gingen beim RKI bereits über 30.000 Meldungen von Rotavirus-Infektionen ein. Das sind 7470 Meldungen mehr als im Jahr 2018.

Viren sehen wie kleine Räder aus

Die Zahl der am Rotavirus Erkrankten unterliegt im Jahresverlauf starken Schwankungen. Laut Niedersächsischem Landesgesundheitsamt müsse bezüglich des drastischen Anstiegs 2019 auch berücksichtigt werden, dass im Vorjahr die bis dato wenigsten Fälle verzeichnet wurden.

Das Rotavirus ist eine Infektionskrankheit, die durch die gleichnamigen Viren, die Rotaviren, hervorgerufen wird. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort „rota“ ab, zu Deutsch Rad, und beruht auf der radähnlichen Struktur der Viren, die nur unter dem Mikroskop zu erkennen sind. Entdeckt hat sie 1973 die australische Virologin Ruth Bishop.

Rotaviren sind die häufigste Ursache für schwere Durchfallerkrankungen. Die Symptome lassen sich nur schwer von anderen Darminfektionen unterscheiden – wie etwa von Erkrankungen nach einer Infektion mit Hantaviren oder Noroviren. Patienten leiden oft unter starken Bauchschmerzen, Erbrechen und Fieber. Die Beschwerden treten nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen schlagartig auf.

Laut Robert-Koch-Institut erkranken am häufigsten Säuglinge und Kinder im Alter von sechs Monaten bis zu zwei Jahren. Die Erkrankung ist meldepflichtig, weil sie aufgrund des massiven Flüssigkeitsverlusts gerade für kleine Kinder sehr gefährlich werden kann. In Deutschland sind Todesfälle jedoch selten.

Im Laufe eines Lebens wird durch wiederholte Rotavirusinfektionen eine Rotavirus-spezifische Immunität aufgebaut. Wiederholte Infektionen sind in allen Altersgruppen möglich. Bei Erwachsenen verläuft die Krankheit meist milder, ist jedoch für chronisch Kranke und ältere Menschen sehr riskant. Gerade bei den über 60-Jährigen nimmt die Zahl der symptomatischen Erkrankungen wieder deutlich zu. Rotaviren sind äußerst umweltresistent und können außerhalb des menschlichen Körpers mehrere Wochen infektiös bleiben.

Zwei bis sechs Tage krank

Die Übertragung erfolgt via Schmierinfektion (fäkal-oral), kann jedoch auch durch verunreinigtes Wasser und verunreinigte Lebensmittel übertragen werden. Bereits winzige Mengen reichen aus. Seit 2006 ist die Rotavirus-Impfung in Deutschland verfügbar. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt eine routinemäßige Rotavirus-Impfung von unter 6 Monate alten Säuglingen. Der Impfstoff bietet zwar keinen lebenslangen Schutz, die Zahl der Neuinfektionen hat sich seit Einführung der Rotaviren-Impfung jedoch tendenziell verringert.

Was können Ärzte tun? Dr. Thorsten Kleinschmidt, Facharzt für Allgemeinmedizin aus Braunschweig und Vorsitzender des Bezirksausschusses der Kassenärztlichen Vereinigung, sagt: „Das Rotavirus tritt in Wellen auf, meist im Sommer und Winter. Momentan steigt die Zahl der Infizierten wieder. Der Krankheitsverlauf ist medikamentös nicht ursächlich zu behandeln, die Symptome dauern meist zwei bis sechs Tage an. Betroffene sollten sich regelmäßig die Hände waschen, Desinfektionsmittel verwenden und unnötigen Kontakt zu andern Menschen vermeiden, um die Ansteckungsgefahr möglichst gering zu halten.“