Berlin. Der SPD-Chef fordert Einzelfallprüfungen beim Familiennachzug.

Er appelliert an die Nächstenliebe der C-Parteien: Im Streit um den Familiennachzug bietet der SPD-Chef einen Kompromiss an. „Ich hoffe, dass wir die Kollegen aus der CDU überzeugen können, dass man am Ende nach menschlichem Ermessen entscheiden muss, nach Nächstenliebe und Verantwortungsbewusstsein“, sagte Sigmar Gabriel.

In der Debatte geht es um minderjährige Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz – die also nicht persönlich verfolgt werden, sondern etwa aus einem Land kommen, in dem Krieg herrscht. Das Asylpaket II sieht vor, dass bei dieser Gruppe der Nachzug der Eltern für zwei Jahre ausgesetzt werden soll.

Zugleich machte Gabriel klar, dass er gegen einen ungeregelten Familiennachzug ist. „Die afghanischen Behörden sagen, wenn ihr offensiv den Familiennachzug für unbegleitete Minderjährige anbietet, dann werden viele Eltern ihre Kinder auf eine ganz gefährliche Reise schicken“, sagte der Vizekanzler.

Die CSU erhöht derweil den Druck. „Die SPD muss ihren Widerstand endlich aufgeben und der Aussetzung des Familiennachzugs ohne Ausnahmen zustimmen“, sagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt zu Reuters. Aktuell verhandelt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mit Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD). Wahrscheinlich muss für Gabriels Vorschlag noch nicht mal das Gesetz geändert werden. Die Koalition will den Streit möglichst schnell aus der Welt schaffen.

Die Grünen befürchten ein komplizierteres Asylverfahren. „Es ist irrsinnig, die Asylverfahren durch Einzelfallprüfungen noch weiter zu bürokratisieren“, sagte Michael Kellner, Bundesgeschäftsführer der Grünen, dieser Zeitung. Familien gehörten zusammen. Daher lehne er die Einschränkung des Familiennachzugs ab. „Der Fall offenbart einen unfassbaren Dilettantismus bei der SPD.“

Das Asylpaket II war am Mittwoch vergangener Woche vom Kabinett verabschiedet worden. Am Wochenende entbrannte dann die Diskussion um das Detail beim Familiennachzug. Schließlich räumte das SPD-geführte Familienministerium eine Fehleinschätzung bei der Prüfung des Gesetzes ein.