Berlin. Längst wird in den Parteien diskutiert, wer künftig welches Ministerium leitet. Dabei befinden sich Union und SPD noch in den Sondierungsgesprächen.

Diesmal sollte es ernst werden im Koalitionspoker: „Es geht ans Eingemachte“, es werde „harte Diskussionen“ geben, erklärten Mitglieder der Verhandlungsdelegationen von Union und SPD gestern Nachmittag vor Beginn der zweiten, mit offenem Ende angesetzten Sondierungsgespräche.

Doch jenseits des Streits um Mindestlohn oder Steuersätze trieb viele Verhandler auch ein ganz persönliches Interesse an der Runde – gut die Hälfte der 21 beteiligten Spitzenpolitiker hat gute Aussichten, dem Kabinett in einer Großen Koalition anzugehören. Offiziell ist das Thema noch tabu, in den Parteien indes wird es längst diskutiert: Acht oder neun Ressorts wird wohl die Union besetzen, sechs oder sieben Ministerien dürfte die SPD beanspruchen. Da wird es eng für manchen Interessenten.

Klar gesetzt für die Regierung sind bislang Kanzlerin Angela Merkel und, so wird in der SPD versichert, SPD-Chef Sigmar Gabriel als Vizekanzler. Gabriel würde offenbar das Ressort Arbeit und Soziales übernehmen und zum SPD-Schlüsselressort ausbauen: Mindestlohn-Kompromiss, strengere Regeln für Leiharbeit, Mütterrente, Mindestrente für langjährige Versicherte – viele der sozialen Wohltaten, auf die sich Union und SPD gerade mühsam zu verständigen versuchen, könnte Gabriel als Minister umsetzen, zum Wohle des eigenen wie des SPD-Profils.

Aber für Gabriel müsste Ursula von der Leyen Platz machen. Auf die selbstbewusste CDU-Ministerin wird Merkel nicht verzichten können. Meint die Kanzlerin es gut mit ihr, übernimmt von der Leyen das Außenministerium, will sie ihr einen Dämpfer verpassen, schiebt Merkel die CDU-Vize ins konfliktträchtige Gesundheitsministerium ab. Dort müsste von der Leyen die Pflegereform durchkämpfen, die eine Große Koalition anpacken würde, und hätte trotz absehbarer Grundsatz-Streitigkeiten der Koalitionspartner die Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen. Da winkt viel Arbeit, wenig Ehre. Für die SPD hält sich gleichwohl ihr Gesundheitsexperte Karl Lauterbach als Minister bereit.

Als künftiger Außenminister wird auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gehandelt – für den Fall, dass die SPD partout auch das Finanzministerium beansprucht. Schäuble würde gern Kassenwart bleiben: Wegen der Euro-Krise ist das Ressort noch wichtiger geworden. Haushaltssanierung und die anstehende Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen sind die innenpolitischen Herausforderungen.

Aus eben diesem Grund haben einzelne SPD-Politiker das Finanzressort schon als „nicht verhandelbar“ für die SPD reklamiert – zum Unwillen von Gabriel, der alle Ressortspekulationen verhindern möchte. Als Anwärter aus der SPD stünde aber wohl der frühere Finanz-Staatssekretär Jörg Asmussen bereit, der derzeit im Direktorium der Europäischen Zentralbank sitzt.

Die Namen von Frank-Walter Steinmeier oder NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans werden ebenfalls genannt.

Ziemlich sicher auf ihren Posten bleiben werden die Unionspolitiker Thomas de Maiziere (Verteidigung) und Hans-Peter Friedrich (Innen).

Ein Ministeramt winkt CSU-General Alexander Dobrindt, CDU-General Hermann Gröhe und erneut Kanzleramtsminister Ronald Pofalla; für Pofalla könnte Umweltminister Peter Altmaier als Regierungsmanager ins Kanzleramt wechseln.

Bei der SPD gelten Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, Generalsekretärin Andrea Nahles und Parteivize Manuela Schwesig als gesetzt für das Kabinett. Der Jurist Oppermann käme für das Innen-, Justiz- oder Bildungsministerium in Frage.

Schwesig oder Nahles würden das Familienministerium leiten, das in der nächsten Wahlperiode wieder größere Bedeutung bekommen wird: Von der Frauenquote bis zum Ausbau der Familienförderung wird sich eine Große Koalition hier viel vornehmen.

Noch heißt die Devise freilich: Erst die Inhalte, dann die Ressorts. Aber wer weiß. 2005 klärten SPD und Union zum Auftakt eilig noch die Ministeriumsaufteilung, bevor sie ihre Koalitionsverhandlungen begannen.