Berlin. Anderhalb Jahre vor der Bundestagswahl kämpft die kleinste Ampelpartei ums Überleben – und nimmt auf SPD und Grüne kaum noch Rücksicht.

Als kleinste Kraft im Berliner Ampel-Bündnis hat die FDP in den vergangenen zweieinhalb Jahren eine beeindruckende Virtuosität darin entwickelt, die beiden anderen Koalitionsparteien zu piesacken und vor sich herzutreiben. Da werden mal eben längst getroffene Vereinbarungen aufgekündigt (Stichwort Pkw mit Verbrennungsmotor), gesetzliche Vorgaben ignoriert (Klimaschutzgesetz) und Prestige-Projekte der Partner kleingeschrumpft (Kindergrundsicherung).

Konsequenzen hat das nicht, denn SPD und Grüne brauchen die FDP. Allerdings nützt das Vorgehen auch den Liberalen selbst nicht, wie aktuelle Umfragen belegen: Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, würden sie mit einiger Wahrscheinlichkeit aus dem Parlament fliegen. Die Partei befindet sich im neuerlichen Todeskampf. In dieser Situation versucht sie, ihr Profil als Wirtschaftspartei zu schärfen, um wenigstens die Kernklientel an sich zu binden.

FDP: Verstärktes Werben um die Kernklientel

So ist auch das Papier für eine „Wirtschaftswende“ zu verstehen, das die Parteispitze am Montag beschloss und das die Liberalen von den beiden anderen Koalitionspartnern abheben soll. Am kommenden Wochenende findet überdies ein FDP-Parteitag statt. Dann geht es auch darum, in der Kommunikation deutlich mehr Gelb aufzutragen.

Politik-Korrespondent Thorsten Knuf
Politik-Korrespondent Thorsten Knuf © Funke Foto Services | Reto Klar

Es offenkundig: Anderthalb Jahre vor der nächsten regulären Bundeswahl beginnt bei den Regierungsparteien langsam, aber sicher die Planung für die Zeit nach der Ampel. Die FDP legt vor, SPD und Grüne werden vermutlich bald folgen. Bisher lautete die zentrale Frage stets, wie die Ampel aus dem Streitmodus herausfinden und ein neues Miteinander entwickeln kann. Jetzt stellt sich eher die Frage, ob sie das überhaupt noch will.