Berlin. Hundert Israelis befinden sich in den Händen der Hamas. Ein Abkommen soll die Freilassung ermöglichen. Kommt am Sonntag der Durchbruch?

Es ist das schlimmste Massaker der israelischen Geschichte: Nicht nur hinterließen die Hamas-Kämpfer am 7. Oktober eine Spur der Verwüstung, der rund 1200 Menschen zum Opfer vielen. Bei ihrem Überfall verschleppten die Terroristen auch 250 Menschen in das von ihnen besetzte Territorium.

Berichten zufolge werden die Geiseln in den unterirdischen Tunneln im Gazastreifen gefangen gehalten. 105 der ursprünglich verschleppten Menschen kamen bereits im November bei einem Gefangenenaustausch frei. Doch knapp fünf Monate nach dem Überfall befinden sich noch immer 136 Menschen in den Händen der Terroristen. Israel geht davon aus, dass knapp 30 von ihnen nicht mehr am Leben sind.

Israel: Mit Spannung wird Statement der Hamas erwartet

An Tag 121 ihrer Gefangenschaft könnte es für die Überlebenden allerdings Hoffnung geben. Derzeit laufen Bemühungen der USA, Ägyptens und Katars, ein Geisel-Abkommen zwischen Israel und der Hamas zu vermitteln. Ein Vorschlag, der die stufenweise Freilassung der Geiseln im Gegenzug für eine längere Feuerpause sowie für die Freilassung palästinensischer Strafgefangener vorsieht, soll von den israelischen Verhandlungsführern akzeptiert worden sein und liegt nun der Hamas zur Annahme vor. Mit Spannung wird also ein Statement der Terroristen erwartet, das am Sonntagabend kommen soll.

In Tel Aviv und anderen Städten gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um für die Freilassung der Geiseln zu demonstrieren. Mit Spannung wird die Erklärung der Hamas am Sonntagabend erwartet.
In Tel Aviv und anderen Städten gingen zahlreiche Menschen auf die Straße, um für die Freilassung der Geiseln zu demonstrieren. Mit Spannung wird die Erklärung der Hamas am Sonntagabend erwartet. © AFP | Ahmad GHARABLI

Bei der von der internationalen Allianz vermittelten Abkommen handelt es sich um einen Rahmenentwurf, dessen Details dann noch weiter verhandelt werden müssten. Und auch wenn die israelische Regierung unter Benjamin Netanjahu dem zugestimmt haben soll, scheint die Unterstützung in der israelischen Zivilbevölkerung zu bröckeln.

Am Samstag gingen Tausende Menschen in Israel auf die Straße und forderten, mehr für die Freilassung der entführten Geiseln zu tun. Die Kundgebung der Geiselfamilien in der Küstenmetropole Tel Aviv stand unter dem Motto „120 Tage im Untergrund“. Seit 120 Tagen befinden sich die noch mehr als 130 Geiseln in der Gewalt der islamistischen Hamas im Gazastreifen. „Herr Ministerpräsident Bibi (Benjamin) Netanjahu, bitte holen Sie sie um jeden Preis nach Hause!“, zitierte das Nachrichtenportal „haaretz.com“ eine 15-jährige Rednerin, deren Cousin am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt worden war.

Mehr zum Thema: Hamas-Geisel Emily lernte ein einziges Wort Arabisch

Demonstranten fordern Rücktritt von Netanjahu

Bei einer anderen Demonstration in Tel Aviv verlangten die Teilnehmer den Rücktritt von Netanjahu und vorgezogene Neuwahlen. Dem Regierungschef warfen sie vor, die Bemühungen um die Freilassung der Geiseln den Erfordernissen seines politischen Überlebens unterzuordnen. Netanjahu regiert zusammen mit ultra-rechten religiösen Parteien. Deren Führer drohen mit der Sprengung der Regierungskoalition, sollte Netanjahu Zugeständnisse an die Hamas machen.

Rund 1000 Menschen demonstrierten auch in Jerusalem für die Freilassung der Geiseln. Ähnliche Proteste und Demonstrationen fanden am Samstag auch in Haifa, in Beerscheba und vor der Villa Netanjahus in Caesarea statt.