Ankara. Zwei Attentäter haben am Sonntag im türkischen Ankara eine Bombe gezündet. Mittlerweile ist bekannt, wer hinter dem Anschlag steckt.

Bei einem Selbstmordanschlag in der türkischen Hauptstadt Ankara sind am Sonntagmorgen die beiden Attentäter ums Leben gekommen. Zwei Polizisten wurden leicht verletzt. Zu dem Anschlag bekannte sich die kurdische Terrororganisation PKK. Das meldete die PKK-nahe Nachrichtenagentur ANF am Sonntagnachmittag. Das Attentat sei eine Reaktion auf das Vorgehen der Türkei in kurdischen Gebieten.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete den Anschlag als „ein letztes Zucken des Terrors“. Die „Schurken“ hätten ihre Ziele nicht erreicht und würden sie niemals erreichen, sagte Erdogan am Mittag in einer Rede vor dem Parlament.

Wenige Stunden nach dem Bombenanschlag flog das türkische Militär Luftangriffe im Nordirak. Dabei sei „eine große Zahl von Terroristen neutralisiert“ worden, teilte das Verteidigungsministerium am Sonntagabend mit. Die Angriffe hätten der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und anderen „terroristischen Elementen“ gegolten. Das Ministerium berief sich auf das Recht zur Selbstverteidigung. Die PKK hat ihr Hauptquartier in den nordirakischen Kandil-Bergen.

Türkei: Zweiter Angreifer wird erschossen, bevor er Sprengsatz zünden kann

Der Anschlag in Ankara galt offenbar dem Generaldirektorium der türkischen Sicherheitspolizei, das sich im Gebäude des Innenministeriums befindet. Die beiden Attentäter seien gegen 9.30 Uhr in einem kleinen Lieferwagen am Eingang des Generaldirektoriums vorgefahren, schrieb Innenminister Ali Yerlikaya auf dem Kanal X, vormals Twitter. Dort habe sich einer der beiden Angreifer in die Luft gesprengt. Der andere sei von Polizeiposten „neutralisiert“ worden, so Yerlikaya.

Aufnahmen einer Überwachungskamera zeigen, wie einer der Männer aus dem Lieferwagen aussteigt, auf das Gebäude zuläuft und sich in die Luft sprengt. Der zweite Mann folgt ihm, wird jedoch von einer Polizeikugel getroffen, bevor er seinen Sprengsatz zünden kann. Während des Schusswechsels seien zwei Polizisten leicht verletzt worden, schrieb der Innenminister.

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Für den Anschlag benutzten die Attentäter ein Fahrzeug, das sie zuvor im 260 Kilometer entfernten Kayseri gestohlen hatten. Den Fahrer des Lieferwagens hätten die beiden Terroristen erschossen, berichtete ein türkischer Ermittler der Nachrichtenagentur Reuters.

Gericht erlässt Nachrichtensperre

Kurz nach der Explosion erließ ein Gericht eine Nachrichtensperre. Medien dürfen damit nur noch offizielle Mitteilungen zu dem Attentat verbreiten. Innenminister Yerlikaya forderte dazu auf, Bilder von dem Anschlag aus den sozialen Netzwerken zu löschen. Es seien bereits Ermittlungen gegen Nutzer eingeleitet worden.

Der Anschlag ereignete sich wenige Stunden, bevor in Ankara die Große Nationalversammlung zur ersten Sitzung nach der diesjährigen Sommerpause zusammentreten sollte. Das Parlamentsgebäude ist nur einige hundert Meter vom Tatort entfernt. Das Parlament begann seine Sitzung am Mittag wie geplant. Es soll in den nächsten Wochen auch über den Nato-Beitritt Schwedens abstimmen, den die Türkei bislang blockiert. Staatschef Erdogan fordert von Schweden ein härteres Vorgehen gegen PKK-Anhänger, die sich in dem skandinavischen Land aufhalten.

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Kurdische PKK steckt wohlmöglich hinter dem Anschlag

Nach dem Anschlag ergriff die Polizei in der ganzen Stadt strikte Sicherheitsmaßnahmen. Gepanzerte Fahrzeuge fuhren auf. Auf den Straßen patrouillierten Beamte der Anti-Terror-Einheiten mit Maschinenpistolen. Der Atatürk-Boulevard, eine Hauptverkehrsstraße, an der viele Regierungsgebäude und ausländische Botschaften liegen, wurde für den Verkehr gesperrt. Auch der betriebsame Kizilay-Platz in der Stadtmitte wurde weiträumig abgesperrt, nachdem Polizisten dort ein verdächtiges Paket entdeckt hatten. Es wurde von Spezialeinheiten der Polizei kontrolliert gesprengt. Was das Paket enthielt und ob es im Zusammenhang mit dem Anschlag stand, blieb zunächst unklar.

In der Vergangenheit haben die kurdische Terrororganisation PKK, linksextreme Gruppen und das Terrornetzwerk Islamischer Staat in türkischen Städten Anschläge verübt. In Ankara gab es zuletzt in den Jahren 2015 und 2016 eine Serie von Terroranschlägen. Zu einigen bekannte sich der Islamische Staat, zu anderen die PKK. Die PKK hat seit den 1980er Jahren bei Dutzenden Anschlägen über 500 Zivilisten, Polizisten und Soldaten getötet.

Die Organisation hatte sich in den vergangenen Jahren unter dem wachsenden Druck der Armee weitgehend aus ihrem ursprünglichen Operationsgebiet in der Südosttürkei zurückgezogen. Die meisten PKK-Kämpfer halten sich derzeit im Nordirak und in Nordsyrien auf, wo sie aber ebenfalls immer wieder Angriffen der türkischen Streitkräfte ausgesetzt sind.

Das Attentat zeigt: In den türkischen Großstädten wie Ankara und Istanbul hat die PKK aber immer noch die Möglichkeiten, einen solchen Anschlag auszuüben und fanatische Anhänger, die sogar bereit sind, ihre eigenes Leben zu opfern.