Berlin. Fernwärme soll bald eine größere Rolle spielen. Wie das funktioniert, wie klimafreundlich es ist und was es kostet – der Überblick.

Deutschland bastelt an den Heizungen: Bis 2045 muss die Bundesrepublik klimaneutral sein, und damit auch weg von fossilen Heizungen. Ein Hoffnungsträger der Wärmewende ist dabei die Fernwärme, die ganze Straßenzüge oder Quartiere mit klimaneutraler Wärme versorgen kann. Schon jetzt nutzen Millionen Menschen in Deutschland diese Form des Heizens. Was genau steckt dahinter und wie groß ist das Potenzial? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Fernwärme: Was ist das?

Eine Gasheizung, Ölheizung oder Pelletheizung produziert Wärme lokal, durch das Verbrennen eines Brennstoffs. Bei Fernwärme dagegen wird die Wärme in einem Kraftwerk erzeugt und dann als erhitztes Wasser durch isolierte Rohre zu den Haushalten geleitet. Dort angekommen, wird die Energie in einer Übergabestation an den Wärmekreislauf des Gebäudes abgegeben und sorgt dort für Raumwärme und warmes Wasser. Eine eigene Heizungsanlage benötigen die Gebäude also nicht.

Ist Fernwärme klimafreundlich?

Das kommt darauf an, wie die Wärme erzeugt wird. Anfang des Jahres stammten rund 70 Prozent der in Fernwärmekraftwerken verwendeten Energie aus fossilen Quellen wie Gas, Kohle und Öl. Auch Verbrennungsanlagen für Abfall oder Biomasse werden für Fernwärme genutzt. Geo- und Solarthermie machen bisher nur einen kleinen Anteil aus.

Trotzdem setzt die Branche große Hoffnungen auf Fernwärme für den Aufbau eines klimaneutralen Heizsystems. Denn in einem Quartier, wo mit Fernwärme geheizt wird, muss nicht jede einzelne Heizung umgerüstet werden, sondern nur das Fernwärmekraftwerk, dass sie alle versorgt. Das hat Vorteile vor allem in Städten, wo der Platz oft knapp ist, was den Einsatz von individuellen Wärmepumpen erschweren kann. Dort lohnt sie sich auch meisten, denn je mehr Abnehmer an ein Netz angeschlossen sind, umso wirtschaftlicher werden Aufbau und Betrieb eines Netzes.

Fernwärme kann auch aus unvermeidbarer Abwärme gewonnen werden, etwa in der Chemie- oder Zementindustrie.

Wie viele Menschen heizen schon mit Fernwärme?

Laut Fernwärmeverband AGFW gibt es in Deutschland knapp 3800 Fernwärmenetze, betrieben von rund 500 Unternehmen. Laut Energiewirtschaftsverband BDEW wurden 2022 14,2 Prozent der 43,1 Millionen Wohnungen in Deutschland mit Fernwärme beheizt, das ist etwa jede siebte Wohnung. Der Anteil hat sich in den vergangenen 20 Jahren stetig erhöht. 2003 lag er bei 12,4 Prozent.

Wie viele könnten es werden?

Deutlich mehr als bisher, sagt der AGFW. In der Branche hält man bis 2050 eine Verdreifachung der Haushalte, die Fernwärme beziehen, für möglich. Dafür brauche es aber „Planungssicherheit und geeignete Förderbedingungen“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer des Fachverbandes AGFW, John Miller.

Von aktuell rund 6 Millionen Wohnungen will der Verband perspektivisch auf 18 bis 20 Millionen kommen, vor allem in allem in Mehrfamilienhäusern in den Städten und dicht besiedelten Gebieten. „Fernwärme ist der Schlüssel für das Thema klimaneutrale Städte in Deutschland. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, da die Weichen zu stellen“, sagt Miller.

Die Zeit drängt, wenn Fernwärme einen großen Beitrag bei der Wärmewende liefern soll. Die Investitionszeiträume beim Ausbau der Netze seien lang, sagt eine Sprecherin des BDEW, bis zu 10 Jahre. Das sei „eine große Herausforderung“.

HeizungKosten in EUR
Ölheizungab ca. 8.000
Gasheizungab ca. 7.000
Holz- oder Pelletheizungab ca. 10.000
Nah- und Fernwärmeab ca. 5.000
Wasserstoffheizungab ca. 30.000
Solarthermieab ca. 10.000
Luft-Wasser-Wärmepumpe8000 bis 16.000
Erdwärmepumpe12.000 bis 15.000 (ohne Erschließung)
Grundwasser-Wärmepumpe9000 bis 12.000 (ohne Erschließung)

Zu beachten ist: Die Kosten in dieser Tabelle sind durchschnittliche Werte und können im individuellen Fall abweichen. Nicht beachtet werden zudem die Kosten für die Installation oder einen nötigen Umbau/Sanierung. Auch Förderungen werden nicht berücksichtigt.

Was kostet Fernwärme?

Die Kosten für Fernwärme setzen sich aus einem Grundpreis- und einen Arbeitspreis zusammen. Der Grundpreis ist fix pro Jahr, der Arbeitspreis wird pro verbrauchte Kilowattstunde abgerechnet. Nach Angaben der Verbraucherzentralen macht der Grundpreis dabei etwa ein Viertel der gesamten Kosten aus, der Arbeitspreis etwa drei Viertel.

Der durchschnittliche Preis pro Kilowattstunde liegt laut Verbraucherzentrale bei Fernwärme etwa bei 16 Cent (Stand Juni 2023), es könne aber deutliche Abweichungen nach oben und unten geben.

Bei der Umstellung oder dem Anschluss an ein Fernwärmenetz müssen Verbraucherinnen und Verbraucher sich zudem auf einmalige Kosten zwischen 5000 und 15.000 Euro einstellen.