Minsk. In Belarus gehen die Demonstrationen gegen Lukaschenko weiter. Die Polizei hat mehr als 200 Frauen festgenommen und mit Gewalt gedroht.

Die Polizei in Belarus (Weißrussland) hat mehr als 200 Frauen bei einer Protestaktion gegen Staatschef Alexander Lukaschenko festgenommen. Das berichtet das Bürgerrechtsportal spring96.org, das am Samstag die Namen der Frauen in Gewahrsam veröffentlichte. Insgesamt hätten laut der Nachrichtenagentur AFP gut 200 Frauen an dem sogenannten „Glitzermarsch“ teilgenommen. Zeitweise sei den Beamten sogar der Platz für neue Festnahmen ausgegangen. Daraufhin seien zehn Frauen wieder freigelassen worden. Sanitäter mussten einige der Festgenommenen versorgen.

Bereits vergangenen Samstag hatten in Minsk Proteste stattgefunden. Dabei waren rund 100 Demonstranten festgenommen worden. Verletzte gab es ebenfalls. Maskierte Uniformierte waren zum ersten Mal während der Proteste mit brutaler Gewalt gegen die friedlichen Demonstrantinnen vorgegangen.

Im Vorfeld hatte die Polizei wie täglich bei Protesten gegen Lukaschenko gewarnt, dass die Straßenaktionen nicht genehmigt seien. Die Uniformierten drohen dabei auch offen mit Gewalt. Trotzdem lassen sich viele Demonstrantinnen davon nicht abschrecken. Sie protestieren jeden Samstag gegen „Europas letzte Diktatur“. Erlaubt werden nur Kundgebungen von Unterstützern Lukaschenkos, die aber kaum Zulauf haben.

Die Opposition hat für Sonntag erneut zu Massenprotesten aufgerufen.

Tichanowskaja prangert Belarus vor UN-Menschenrechtsrat an

weitere Videos

    Belarus: Polizei geht seit Wochen mit Festnahmen gegen Demonstranten vor

    Bei den Massenprotesten in der belarussischen Hauptstadt Minsk waren am vergangenen Sonntag nach offiziellen Angaben etwa 400 Menschen festgenommen worden. Die Polizei habe sie in mehreren Vierteln der Stadt aufgegriffen, weil sie Symbole der Opposition oder Transparente mit „beleidigendem Inhalt“ mit sich getragen hätten, teilte das Innenministerium mit.

    Seit Wochen protestieren die Menschen in Belarus gegen Präsident Alexander Lukaschenko. Gewidmet war die Großkundgebung am Sonntag (13.09.) der inhaftierten Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa und anderen Mitgliedern der Demokratiebewegung. Beobachter schätzten die Teilnehmerzahl auf insgesamt 150.000 - mehr als am Sonntag vor einer Woche.

    Der Platz der Unabhängigkeit war von Uniformierten umstellt und mit Metallgittern abgeriegelt. Auch die Unterführungen waren gesperrt, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtete. Am Palast der Republik im Stadtzentrum bezogen Hundertschaften der Armee Stellung. Uniformierte zogen dort auch Stacheldraht an den Metallgittern auf.

    Belarus: Die Hauptstadt Minsk gleicht einer Festung

    In vielen Seitenstraßen standen Gefangenentransporter und Sicherheitskräfte. Bei der fünften großen Sonntagsdemonstration seit der umstrittenen Präsidentenwahl am 9. August glich die Hauptstadt der Ex-Sowjetrepublik einer Festung. Die Demokratiebewegung rief diesmal zu einem „Marsch der Helden“ auf, der auch der inhaftierten Oppositionsführerin Maria Kolesnikowa gewidmet sein sollte. Bei früheren Demonstrationen hatten Hunderttausende Lukaschenkos Rücktritt gefordert.

    Zehntausende zogen durch die Straßen von Minsk.
    Zehntausende zogen durch die Straßen von Minsk. © AFP | -

    Lesen Sie hier: Maas ruft zu Unterstützung der Demonstranten in Belarus auf

    Seit der Wahl vor mehr als einem Monat kommt es täglich im ganzen Land zu Protestaktionen. Der 66-jährige Lukaschenko hatte zuletzt die Spitze des Sicherheitsapparats ausgewechselt und ein härteres Durchgreifen gegen die Demonstranten gefordert. Bei den traditionell am Samstag organisierten Frauenprotesten gingen maskierte Uniformierte ohne Erkennungszeichen mit brutaler Gewalt gegen Demonstrantinnen vor.

    Mehr dazu: Proteste und Festnahmen in Belarus: Frauen gegen Lukaschenko

    Lukaschenko will alles tun, um an der Macht zu bleiben

    Lukaschenko hat mehrfach betont, dass er auch nach 26 Jahren im Amt alles tun werde, um an der Macht zu bleiben. Der Verfassung nach muss die Amtseinführung innerhalb von zwei Monaten nach der Wahl erfolgen – also bis spätestens 9. Oktober. Offiziell läuft seine fünfte Amtszeit im November aus. Lukaschenkos Gegner sehen dagegen die 38-jährige Swetlana Tichanowskaja als die Siegerin der Wahl.

    Es wird erwartet, dass sich Lukaschenko bei einem für diesen Montag bei seinem russischen Kollegen Wladimir Putin geplanten Besuch Unterstützung holt und dann das Datum für die sechste Amtseinführung bekanntgibt. Das Treffen ist in Sotschi am Schwarzen Meer geplant. (dpa/bef/jas)