Braunschweig. Die Übernahmechancen seien für duale Studierende trotz Krise sehr hoch. Die regionalen Unternehmen suchen weiterhin Fachpersonal.

Während Deutschland einer wirtschaftlichen Rezession entgegenblickt, bleiben Jens Bölscher, Geschäftsführer der Welfen-Akademie Braunschweig, und Joachim Roth, ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Akademie, bezüglich der Aussichten ihrer Absolventen zuversichtlich. „Unsere Studenten kennen das Unternehmen mit der Kultur und seinen Funktionen und bewerben sich nicht von außen. Ich glaube, dass sie so in einer wirtschaftlichen schwierigen Situation eine super Ausgangsposition haben“, ist Bölscher überzeugt. 90 Prozent der Absolventen blieben laut Roth in der Region, der Großteil sogar bei ihren Ausbildungsbetrieben.

Die Welfen-Akademie bildet seit 1993 mit seinen Unternehmenspartnern aus. Dabei decken sie etwa Studiengänge wie BWL, Handelsmanagement oder Digital Marketing and Sales ab. Viele regionale Unternehmen setzen auf die Akademie als Ausbildungsort ihrer Studenten, zum Beispiel Größen wie Jägermeister, Volkswagen Financial Service oder New Yorker, aber auch Mittelständler wie Küchen Aktuell und Kosatec Computer.

Devise: „Anpacken, anstatt zu sagen: Geht nicht“

Viele Lerninhalte werden dabei auch von Dozenten aus ganz Deutschland vermittelt – und mit denen musste die Akademie in der aktuellen Krise ordentlich umplanen. Innerhalb von vier Tagen habe die Akademie ab dem 19. März den Betrieb auf „Distance Learning“ umgestellt, wie es Vorstandsvorsitzender Joachim Roth nennt. 100 Prozent der Mitarbeiter wurden ins Homeoffice gesendet, die digitale Lehre mit über 90 Gastdozenten aus ganz Deutschland organisiert. „Wir sind ein mittelständisches Unternehmen und unsere Devise war ,Anpacken, anstatt zu sagen: Geht nicht’“, erklärt Roth. Jeden Tag gebe es eine halbstündige Videokonferenz mit den Dozenten, zudem konferierten sie einmal die Woche mit dem Studienleiter der Akademie, Professor Uwe Götze.

Die Studenten haben einen Jahrgangsleiter, der Anregungen, Fragen und Sorgen seiner Kommilitonen sammele und gebündelt an die Verwaltung der Akademie weitergebe. „Wir haben es so gut gelöst, dass sich alle in sechs Wochen so daran gewöhnt haben, als ob wir das seit zwei Jahren schon so machten“, stellt Roth zufrieden fest.

Auslaufende Verträge erhöhen Druck auf Akademie

Als Ausbilder für duale Studiengänge habe die private Akademie aber auch einen anderen Druck als reguläre Hochschulen. „Die Studenten im letzten Semester haben einen Vertrag bis Ende Juli und wir wollen alles bereitstellen, dass sie bis dahin auch ihren Abschluss haben“, versichert Bölscher.

Laut Vorstandschef Roth werde die Akademie auch einen Teil des Digitalisierungsschub in den Normalbetrieb überführen. So könnten etwa lange Anfahrten von Gastdozenten durch eine Videoschalte ersetzt werden. Der Großteil der Lehre solle aber zukünftig im „altbewährten Präsenzbetrieb“ stattfinden – auch auf Wunsch der Studenten.

Noch 20 Stellen unbesetzt in der Region

Aktuell blicken Bölscher und Roth auf die Planung für das kommende Semester: Ab August starten die neuen dualen Studenten in ihren Ausbildungsunternehmen. Bei den Betrieben können Bölscher und Roth trotz Krise keine Verunsicherung feststellen. Die Anmeldezahlen seien weiterhin sehr gut. „Aktuell sind noch etwa 20 Stellen unbesetzt“, betont Bölscher. Auch Roth glaubt nicht, dass die Krise die Zahl der Ausschreibungen für duale Studiengänge in der Region nach unten treiben werde. „Die meisten Unternehmen haben eine Personalplanung für Fach- und Führungskräfte für einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren“, sagt er

Einfach sei das Jahr für Unternehmen dennoch nicht: „Wir haben zum einen den fehlenden Abiturjahrgang, der bei den Unternehmen zu weniger Bewerbern führen könnte, zum anderen die Corona-Krise, die wirtschaftliche Unsicherheit bringt“, erklärt Bölscher. Denn aufgrund der Umstellung von G8 auf G9 in Niedersachsen verabschieden dieses Jahr nur Gesamtschulen Abiturienten. Die Auswirkungen scheinen aber weniger dramatisch als gedacht: Bewerber aus anderen Bundesländern und Absolventen des letzten Schuljahres schließen die Lücke, die durch die G9-Umstellung entstanden ist, erklären Bölscher und Roth.