Wolfsburg. Die Teileversorgung ist noch nicht gewährleistet. Der Absatz ist eingebrochen.

Es bleibt ein Geduldsspiel. Die Marke VW hat die Wiederaufnahme ihrer Produktion auf Montag, den 27. April, verschoben. Einem entsprechenden Antrag des Unternehmens stimmte der Betriebsrat am Mittwoch in Wolfsburg zu. Ab dann sollen in den Werken in Wolfsburg, Emden und Hannover endlich wieder Autos gebaut werden.

Auch in Portugal, Spanien, Russland und den USA wird die Produktion dann wieder hochgefahren, wie der Autobauer am Abend mitteilte. Im Laufe des Monats Mai solle dann sukzessive auch in Südafrika, Argentinien, Brasilien und Mexiko wieder gefertigt werden. Nur in Zwickau und Bratislava in der Slowakei startet die Produktion schon am kommenden Montag, 20. April, wieder.

„Die aktuelle Verbreitung des Coronavirus führt dazu, dass die Volkswagen AG das Produktionsprogramm anpassen muss“, hieß es in einer Mitteilung an die Mitarbeiter. „Aufgrund von kurzfristig eintretenden Nachfragerückgängen, von Versorgungsengpässen und den damit verbundenen unkontrollierbaren Störungen der Lieferbeziehungen aus direkt oder indirekt vom Coronavirus betroffenen Ländern und Regionen kommt es in der Produktion sowie in den der Produktion angrenzenden Bereichen zu Arbeitsausfällen.“ Darüber hinaus könnten anteilig auch weitere Unternehmensbereiche von den Arbeitsausfällen betroffen sein. Für die betroffenen Mitarbeiter soll Kurzarbeit beantragt werden.

Stufenplan mit 100 Maßnahmen

Ralf Brandstätter, operativer Chef der der Kernmarke, erklärte laut Pressemitteilung: „Mit den Beschlüssen der Bundes- und Landesregierungen sowie den Lockerungen von Maßnahmen in weiteren europäischen Staaten sind die Rahmenbedingungen geschaffen, die Produktion wieder schrittweise aufnehmen zu können.“ Darauf habe sich der Autobauer in den letzten drei Wochen intensiv vorbereitet. „Neben der Erarbeitung eines umfangreichen Maßnahmenkatalogs zum Gesundheitsschutz der Belegschaft haben wir auch den Wiederaufbau unserer Lieferkettenvorangetrieben.“

Doch auch nach dem Wiederanlauf dürften in den Werken anfangs nur vergleichsweise wenige Fahrzeuge produziert werden. Es greift dann ein detaillierter Stufenplan, der den optimalen Schutz der Mitarbeiter vor einer Ansteckung gewährleisten soll. Andreas Tostmann, Markenvorstand für Produktion und Logistik, sagte: „Wir fahren die Produktion und Logistik gestaffelt und wohlgeordnet wieder hoch.“ Die Gesundheit der Mitarbeiter habe dabei oberste Priorität. Betriebsratschef Bernd Osterloh teilte mit: „Mit rund 100 Maßnahmen halten wir das Infektionsrisiko bei Volkswagen so gering wie möglich.“

Wie das in der Praxis aussehen könnte, verriet Manfred Wulff, Betriebsratschef des Passat-Werkes in Emden, NDR 1 Niedersachsen. Demnach planen die Ostfriesen, ab dem 27. April zunächst nur jeweils mit einer Schicht an einer Linie täglich zu arbeiten. „Am ersten Tag sollen demnach die Karosserien gebaut, am zweiten Tag lackiert und ab dem dritten Tag die Autos montiert werden.“ Die Bänder würden langsamer laufen, damit die Mitarbeiter ihre Hände öfter desinfizieren und Pausen entzerrt werden können, heißt es in dem Beitrag.

Grüne, gelbe und rote Zonen – teilweise Pflicht zu Mundschutz

Die Arbeitsplätze seien zudem in grüne, gelbe und rote Zonen eingeteilt. In den roten Zonen ließen sich die Mindestabstände zwischen den Mitarbeitern nicht immer einhalten. Daher sollten die Bandarbeiter dort Mundschutz und Handschuhe tragen. Im Emder Werk sollen zunächst nur rund 1.500 der 8.000 Mitarbeiter Autos bauen. Statt der üblichen 1.000 Fahrzeuge am Tag rechnet der Betriebsrat mit maximal 250 Autos, die vom Band laufen können.

Entsprechende Regelungen gelten für alle Werke. Osterloh sagte, das setze einen Standard in der Industrie. „Aber machen wir uns nichts vor: Anfangs werden die neuen Abläufe bei den Kolleginnen und Kollegen Fragen und Bedenken auslösen.“ Er erwarte von den Führungskräften, für die nötige Vertrautheit mit den neuen Prozessen zu sorgen. „Zeit für Antworten ist jetzt wichtiger als die täglichen Produktionszahlen.“

Automarkt im Abwärtssog

Geplant war eigentlich, die Produktion bereits in der nächsten Woche wieder schrittweise hochzufahren. Dass dieser Plan nicht aufgeht, war aber angesichts der aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie nach Ostern schnell deutlich geworden (wir berichteten).

Komponenten-Werke fuhren schon früher wieder hoch

Denn nach wie vor ist Volkswagen davon abhängig, wann und in welchem Umfang die europäischen Regierungen die Restriktionen zum Schutz vor einer weiteren Ausbreitung der Seuche lockern. In Deutschland gelten die Kontaktregeln auf jeden Fall bis zum 3. Mai weiter. Davon wiederum hängt auch der freie Verkehr der Waren und Güter maßgeblich ab. Schließlich muss der massiv eingebrochene Markt wieder auf die Beine kommen und die Nachfrage wohl mit Steuergeldern wieder angekurbelt werden. Es stehen also auch hinter dem Termin 27. April noch einige Fragezeichen.

Die Komponente hatte bereits seit dem 6. April schrittweise mit mit dem Wiederanlauf begonnen, zunächst in Braunschweig und Kassel, ab 14. April auch in Salzgitter, Chemnitz und Hannover sowie an den polnischen Standorten.

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