Essen. Jede Woche mache das Unternehmen einen Verlust von 80 Millionen Euro durch die Corona-Krise. Zudem habe der Warenhaus-Konzern Mietzahlungen gestoppt.

Die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof sucht angesichts der Umsatzeinbrüche durch die Corona-Pandemie Rettung in einem Schutzschirmverfahren. Dem Antrag des Unternehmens auf Einleitung des Verfahrens sei vom Amtsgericht Essen bereits stattgegeben worden, teilte der Konzern am Mittwoch mit. Das Schutzschirmverfahren schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Die Geschäftsführung kann das Unternehmen weiter verantwortlich lenken und selbstständig sanieren. Ziel des Verfahrens sei es zudem, die behördlichen angeordneten Filialschließungen und die damit verbundenen hohen Umsatzausfälle ohne eine massive Neuverschuldung zu bewältigen, teilt das Unternehmen mit.

Galeria Karstadt Kaufhof bemüht sich um staatliche Hilfsleistungen

Zuvor hatte der Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof staatliche Hilfe angefragt. „Wir haben uns ab dem ersten Tag des „Shut Down“ mit aller Kraft auch um die versprochene staatliche Hilfe bemüht“, betont Miguel Müllenbach, CFO von Galeria Karstadt Kaufhof. „Dieser Prozess ist sehr bürokratisch, kostet wertvolle Zeit, ist mit zusätzlichen Hürden verbunden. Auf eine Lösung können wir aber nicht noch weitere Wochen der Krise warten“, sagt Müllenbach.

Durch die Corona-Krise sind viele Nonfood-Unternehmen gezwungen, ihre stationären Geschäfte zu schließen und müssen nun herbe Verluste hinnehmen. In der Region betreibt Galeria Karstadt Kaufhof zwei Filialen sowie eine Karstadt Sports Filiale in Braunschweig und eine Filiale in Goslar. Wie schwerwiegend die Folgen für die regionalen Standorte sind, teilte das Unternehmen auf Nachfrage unserer Zeitung nicht mit.

Online- und Lebensmittelabteilungen sind noch im Betrieb

Generell befindet sich ein Großteil der Mitarbeiter von Galeria Karstadt Kaufhof bereits in Kurzarbeit und bekommt aktuell nur 85 Prozent ihres regulären Lohns ausgezahlt. Das geht aus einem internen Papier hervor, das dem Fachmagazin TextilWirtschaft vorliegt.

Das Geschäft ruht in den Warenhäusern aber nicht vollständig. Die Abteilungen, die den Online-Versand vorbereiten, sind noch aktiv, zudem haben noch etwa 50 Lebensmittelabteilungen offen. Auch in Braunschweig hat die Galeria Markthalle (früher Perfetto) in der Karstadt-Filiale in der Schuhstraße weiterhin geöffnet. Kunden können hier über einen Seiteneingang in der Stephanstraße – ursprünglich ein Notausgang des Gebäudes – über ein Treppenhaus direkt in die Lebensmittelabteilung im Untergeschoss eintreten.

Galeria Markthalle in Braunschweig hat täglich noch etwa 500 Kunden

Es ist derselbe Eingang, den die Kunden auch an Feiertagen wie Weihnachten oder Silvester nutzen können, teilt die stellvertretende Marktleitung Gabriele Sasser mit. „Wir haben sonst verhältnismäßig viele ältere Kunden. Menschen mit Rollatoren kommen nun allerdings die Treppe nicht herunter in den Laden“, berichtet die stellvertretende Leitung der Galeria Markthalle. Daher würden auch weniger Kunden kommen, es seien aber immer noch 400 bis 500 Leute pro Tag. Zudem würde die Galeria Markthalle im Braunschweiger Stadtgebiet die Ware auch direkt nach Hause liefern. Der Mindestbestellwert beträgt dabei 50 Euro und Service kostet eine Gebühr von 10 Euro. Ab 100 Euro Einkaufswert ist das Angebot gebührenfrei. „Wir liefern natürlich auch über Braunschweig hinaus. Was sollen die Leute denn machen?“, versichert Sasser zudem. Es werde bei diesen Lieferungen allerdings ein Kilometergeld berechnet. Die Feinkost- und Frischeabteilungen würden auch in jedem Falle offenbleiben, bestätigt Sasser.

Jede Woche 80 Millionen Euro Verlust

Obwohl die Lebensmittelabteilungen noch im Betrieb sind, sieht sich das Unternehmen durch die temporäre Schließung enormen Verlusten gegenüber: „Jede Woche verlieren wir mehr als 80 Millionen Euro Umsatz, während wesentliche Kosten weiterlaufen“, erklärt Müllenbach.

Das Unternehmen teilte daher mit, dass es die Mietzahlungen für alle Warenhäuser, Sporthäuser, Reisebüros und Logistikimmobilien gestoppt hat. In einem Brief an die Vermieter schrieb das Unternehmen, die wegen der Corona-Pandemie staatlich angeordnete Schließung der Geschäfte lasse dem Unternehmen „keine andere Wahl“, teilt die DPA mit. Ein Unternehmenssprecher wollte sich am Mittwoch nicht dazu äußern. Vor dem Hintergrund der Pandemie, habe die Geschäftsführung der Galeria Karstadt Kaufhof GmbH entschieden, „die Miete ab dem 1. April 2020 nicht zu zahlen“, heißt es in dem Brief. Dies gelte zunächst für den Zeitraum bis Juni 2020. Wie es danach weiter gehe, werde Galeria Karstadt Kaufhof zu gegebener Zeit entscheiden.

140 Millionen in einer Woche von Eigentümer Benko

Der Konzern betonte aber auch, die Geschäftsführung werde das Schutzschirmverfahren nutzen, um die Restrukturierung fortzusetzen und das Unternehmen zukunftsfähig neu aufzustellen. Die Signa-Gruppe des Galeria-Karstadt-Kaufhof-Eigentümers René Benko werde dafür zusätzliche Beträge in dreistelliger Millionenhöhe zur Verfügung stellen. Bereits diese Woche hat Signa zur Unterstützung des Warenhaus-Konzerns 140 Millionen bereit gestellt, teilt Galeria Karstadt Kaufhof mit.

Das Warenhausunternehmen, das deutschlandweit 28.000 Mitarbeiter an rund 170 Standorten beschäftigt, gehört seit Juli 2019 zu hundert Prozent der österreichischen Signa-Holding. Diese hat seit 2013 sukzessive die Untersparten Karstadt Sports, Karstadt Premium und seit 2014 die gesamte Karstadt Warenhaus GmbH übernommen. Durch die Übernahme von Galeria Kaufhof 2018 bildet das daraus entstandene Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof nun den größten Warenhaus-Konzern Europas.

Sanierungsprogramm war auf einem guten Weg

Vor der Corona-Krise sei der Konzern mit seinem Sanierungsprogramm gut vorangekommen, betont Müllenbach. Die eingeleiteten Maßnahmen zeigten Wirkung, das Unternehmen sei „de facto schuldenfrei“ gewesen. „Für das laufende Geschäftsjahr rechneten wir mit einem Ebitda (Reingewinn vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisation) von mehr als 100 Millionen Euro. Nun tun wir unter dem Schutzschirm alles dafür, dass wir diesen Weg weitergehen können.“ berichtet Müllenbach.

Noch im Dezember 2019 hatte das Unternehmen seinen Mitarbeitern „eine schnelle Anpassung des Gehalts und künftig substanzielle Lohnsteigerungen“ in einer Pressemitteilung zugesagt. Stattdessen müssen die Mitarbeiter nun schmerzhafte finanzielle Einschnitte hinnehmen.

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