Wolfsburg. Es geht um Umweltstandards und die Einhaltung von Menschenrechten. Betriebe, die sich nicht an die Vorgaben halten, droht der Ausschluss.

VW will bei seinen Lieferanten künftig mehr Wert auf Nachhaltigkeit legen und sich von Zulieferern trennen, die die Vorgaben des Wolfsburger Autobauers nicht erfüllen. „Es gibt einen Vorstandsbeschluss auf Konzernebene: Wir werden Nachhaltigkeit ab 1. Juli als verpflichtendes Vergabekriterium etablieren“, sagte der Leiter Strategie Beschaffung, Marco Philippi, der „Automobilwoche“. „Jeglichen Verstoß gegen Menschenrechte und Sorgfaltspflichten wird VW nicht tolerieren. Die denkbaren Sanktionen reichen bis hin zu einem Ausschluss aus der Lieferkette“, so Philippi.

Als Risikopotenzial haben die Wolfsburger die E-Mobilität ausgemacht. „Transparenz, etwa rund um eine Kobalt-Lieferkette, ist unabdingbar“, sagte Philippi. Mehr als 60 Prozent des weltweit gewonnenen Kobalts für Akkus kommen aus der Demokratischen Republik Kongo. Dort wird der Rohstoff in industriellen Minen und im Kleinbergbau abgebaut – teils unter menschenunwürdigen Bedingungen.

Im Kleinbergbau arbeiten etwa schon Kinder ab sieben Jahren und riskieren dort ihre Gesundheit, wie Amnesty International berichtet. Die Menschenrechtsorganisation kritisierte noch 2017 explizit die deutschen Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen dafür, nicht entschlossen genug gegen mögliche Kinderarbeit bei der Förderung von Kobalt vorzugehen. Zu Volkswagen hieß es: „Insbesondere versäumt das Unternehmen, die Kobalt-Verhüttungswerke in seiner Lieferkette zu identifizieren, Kobalt in seine unternehmensinternen Sorgfaltspflichten-Richtlinien zu integrieren und Informationen über Menschenrechtsrisiken, Gegen- und Abhilfemaßnahmen zu veröffentlichen.“ Das wollen die Wolfsburger nun ändern.

In der Datenbank des Konzerns stehen mehr als 40.000 Zulieferer. Daher werde VW „risikobasiert“ vorgehen, sagte der Philippi. Zunächst sollen zwei Drittel des Beschaffungsvolumens erfasst werden. „Dann werden wir das Rating sukzessive über die Marken und Regionen ausrollen.“

Volkswagen werde zunächst Kriterien in den Bereichen Umwelt – beispielsweise CO2-Ausstoß – und Soziales prüfen, danach bei Compliance und Anti-Korruption. Werden Ziele verfehlt, soll vor Ort genauer nachgeprüft werden. „Erfüllt man in einem der Bewertungsprozesse oder Themenblöcke Umwelt/Soziales oder Korruption nicht die Mindeststandards, kann man dies nicht ausgleichen“, kündigte der Leiter Strategie Beschaffung an.

Das trifft auch deutsche Zulieferer, sagt Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des Car-Instituts der Universität Duisburg-Essen. Auf sie übe die Ankündigung Volkswagens nun Druck aus. „Wer nicht CO2-neutral produziert, wird durch einen anderen Zulieferer ersetzt werden“, sagt der Branchenexperte. Die Auto-Industrie habe sehr stark umgedacht. Treiber dafür sei die gesellschaftliche Entwicklung. „Seit einem halben Jahr demonstrieren jeden Freitag tausende Schüler“, gibt Dudenhöffer ein Beispiel.

Daimler hatte 2018 bereits angekündigt, die Transparenz in der Rohstofflieferkette erhöhen zu wollen. BMW, 2017 von Amnesty International noch als „bester Autohersteller“ in Sachen Transparenz genannt, teilte im März dieses Jahres mit, ab 2020/21 auf Kobalt aus dem Kongo zu verzichten. Stattdessen will der Autobauer das Übergangsmetall direkt bei Minen in Australien und planmäßig später auch in Marokko einkaufen.

Auto-Experte Dudenhöffer glaubt, dass Hersteller Fahrzeuge, die nicht nachhaltig produziert sind, in Zukunft nicht mehr los werden. „Die Kunden werden sie links liegen lassen. Keiner wird mehr ein schmutziges Auto kaufen wollen, wenn es auch saubere gibt.“