Wolfsburg. Im Herbst verhandelt das OLG Braunschweig eine Musterfeststellungsklage. Darin geht es um Schadenersatz für VW-Kunden.

. Für VW beginnt am
30. September das nächste große Kapitel in der juristischen Aufarbeitung des Abgas-Betrugs. Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig verhandelt dann eine Musterfeststellungsklage gegen Volkswagen. Kläger ist der Verbraucherzentrale-Bundesverband (VZBV) in Zusammenarbeit mit dem ADAC. Etwa 420.00 Kunden haben sich der Klage durch eine Registrierung beim Bundesamt für Justiz angeschlossen, offenbar gibt es aber eine ganze Reihe von Mehrfachanmeldungen. VW und VZBV erwarten ein jahrelanges Verfahren, einen Mammutprozess. VW ist nach wie vor der Auffassung, dass den Kunden keine Schäden entstanden sind.

Das Gesetz, das eine Musterklage für Verbraucher ermöglicht, trat erst im Herbst vergangenen Jahres in Kraft. Ziel der Klage ist, gerichtlich klären zu lassen, ob die Kunden, deren Diesel-Modelle vom Abgas-Betrug betroffen sind, einen Anspruch auf Schadenersatz haben. Betroffen sind Modelle der Konzernmarken VW, VW-Nutzfahrzeuge, Audi, Skoda und Seat. In dem Verfahren geht es aber nicht um konkrete Schadenersatzsummen, sondern um die grundsätzliche Klärung, ob Anspruch besteht. Auf Basis dieses Urteils können die Kunden im Anschluss ihre Schadenersatzansprüche in Einzelklagen erstreiten.

Vorausgesetzt, das Oberlandesgericht erkennt einen Ansprach auf Schadenersatz an, werden VW-Kunden nach Einschätzung des Autobauers frühestens nach vier Jahren wissen, wie hoch dieser ist. Die VW-Rechnung: Weil das Prinzip der Musterfeststellungsklage ganz neu ist, wird das Verfahren vor dem OLG wenigstens zwei Jahre dauern. Wie auch immer die Entscheidung des Gerichts ausfällt, der Autobauer erwartet in jedem Fall, dass das Verfahren im Anschluss vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt wird. Dafür müssten ebenfalls zwei Jahre eingeplant werden. Wenn das BGH-Urteil feststehe, sei eine Zurückverweisung des Verfahrens an das OLG möglich. Daher könne nicht vor 2023 mit einem rechtskräftigen Urteil aus dem Musterfeststellungsverfahren gerechnet werden. Hinzu gerechnet werden müsse die Verfahrensdauer der folgenden Einzelklagen.

Auch der Verbraucherzentrale-Bundesverband erwartet ein mehrjähriges Verfahren. Auf Nachfrage nennt der VZBV einen möglichen Zeitraum von vier Jahren. Diese Spanne könne durch einen Vergleich verkürzt werden. VW hält einen Vergleich allerdings für „kaum vorstellbar“. Als Begründung nennt der Autobauer die hohe Zahl der Anmeldungen, Fallkon-stellationen und möglichen individuellen Schadenersatzforderungen. Ein Vergleich kann nach VW-Angaben nur zwischen dem Unternehmen und dem VZBV geschlossen werden. Seien die für das Verfahren registrierten Kunden mit einem Vergleich nicht einverstanden, könnten sie davon Abstand nehmen. Lehnten mehr als 30 Prozent der VW-Kunden einen Vergleich ab, sei dieser unwirksam.

Ein zentraler Streitpunkt in den Verhandlungen dürfte der Nutzungsersatz werden. VW argumentiert, dass die Kunden ihr Auto bisher ohne Einschränkungen genutzt haben. Daher würden Gerichte bei der Ermittlung eines Schadenersatzes diese Nutzungsdauer gegenrechnen – in Form des Nutzungsersatzes. Dieser werde „in aller Regel“ von den Gerichten vom ursprünglichen Kaufpreis abgezogen. Je länger das Verfahren dauere, desto länger werde das Auto genutzt – und desto höher sei dann ein möglicher Nutzungsersatz, was wiederum den Schadenersatz mindere.

Der VZBV hält jedoch dagegen und betont, dass nach Auffassung des Verbands die Rückabwicklung der Kaufverträge ohne Anrechnung eines Nutzungsersatzes erfolgen müsse. Zudem hätten die Verbraucher einen Anspruch auf Verzinsung des gezahlten Kaufpreises.