Braunschweig. Die Anteilseigner attestieren Vorstand und Belegschaft hervorragendes Management. Für den kritischen Ex-Aurubis-Chef gibt es wenig Verständnis.

Die Salzgitter AG schüttet für das vergangene Geschäftsjahr knapp 30 Millionen Euro aus, wie die Aktionäre auf der Hauptversammlung des Stahlherstellers in der Stadthalle Braunschweig am Donnerstag beschlossen. Je Aktie bedeutet das eine Dividende von 0,55 Euro – die höchste der vergangenen zehn Jahre. Mit 347 Millionen Euro schrieb der Konzern auch das beste Vorsteuerergebnis der zurückliegenden Dekade. Der Jahresüberschuss belief sich auf 278 Millionen Euro. Daraus ergeben sich 5,06 Euro Ergebnis für 2018 je Aktie, das bedeutet eine Rendite von 10,3 Prozent auf das eingesetzte Kapital.

Angesichts des erfolgreich abgeschlossenen Geschäftsjahres zeigten sich die Aktionäre nahezu durch die Bank weg äußerst zufrieden mit der „super Leistung“ des Managements und der Belegschaft. Markus Neumann von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger bescheinigte dem Vorstand der Salzgitter AG strategisch „voll auf Kurs“ zu sein, auch operativ habe er „seine Hausaufgaben gemacht“. Wie später auch Wolfgang Aleff von der Gesellschaft für Wertpapierinteressen, lobte der Aktionärsvertreter ausdrücklich, dass der Konzern seine Anteile an der Kupferhütte Aurubis Ende vergangenen Jahres zu günstigen Kursen von 20 auf mehr als 25 Prozent wieder aufgestockt habe. „Man muss auch mal Glück haben“, kommentierte Aleff.

Salzgitter-AG-Chef Heinz Jörg Fuhrmann teilte auf der Hauptversammlung mit, dass die Beteiligung an Europas größter Kupferhütte mit Sitz in Hamburg im Laufe dieses Jahres bereits auf 30 Prozent minus einer Aktie gestiegen ist. Ab einer Beteiligung von 30 Prozent müsste die Salzgitter AG der Aurubis ein Übernahmeangebot machen. 2018 hat der Konzern für den Zukauf an Aurubis-Aktien laut Fuhrmann 240 Millionen Euro ausgegeben.

Gegenanträge Marnettes laufen formal ins Leere

Werner Marnette, ehemaliger Chef der Aurubis, hatte als Kleinaktionär im Vorfeld der Hauptversammlung schwere Vorwürfe gegen den Vorstand des Stahlkonzerns erhoben. Demnach plane dieser mit Unterstützung des Aufsichtsrats der Aurubis eine feindliche Übernahme der Kupferhütte. Gegenanträge mit dem Ziel, Vorstand und Aufsichtsrat der Salzgitter AG nicht zu entlasten, liefen aber schon formal ins Leere. Wie Fuhrmann ausführte, waren die Anträge Marnettes nicht fristgerecht eingereicht worden, ferner seien sie der Form wegen nicht zulässig gewesen. Marnette hatte unter anderem wegen der Nicht-Veröffentlichung seiner Gegenanträge durch die Salzgitter AG auf ihrer Homepage – die er als weiteres Indiz der Vertuschung wertete – schließlich Strafanzeige gegen Salzgitter-AG-Chef Fuhrmann gestellt. Auch Aurubis-Aufsichtsratschef Fritz Vahrenholt zeigte er an.

Marnette richtete insgesamt 28 Fragen an den Vorstand und Aufsichtsrat der Salzgitter AG. Damit sprengte er zwar den zeitlichen Rahmen seiner Redezeit – doch der Leiter der Hauptversammlung, Aufsichtsratschef Heinz-Gerhard Wente, zeigte sich geduldig. Fuhrmann versicherte dem ehemaligen Aurubis-Chef in seinen Antworten, dass es durch den Zukauf der Aurubis-Aktien keine Verschiebungen oder Streichungen von Projekten bei der Salzgitter AG gegeben habe. „Daraus haben Sie ja sicher gehofft, eine Geschichte ableiten zu können“, stichelte Fuhrmann gegen den besorgten Aktionär. „Keine Geschichte“, erwiderte Marnette. „Doch, doch“, sagte Fuhrmann – ein Hauch des Zwists lag in der Luft. Doch Fuhrmann blieb seinem Kritiker gegenüber, den er in seiner Rede zuvor „Verschwörungstheorien“ und „phantasievolle Spekulationen“ vorgeworfen hatte, ebenso sachlich und entgegenkommend wie allen anderen Aktionären. Fuhrmann verdeutlichte zudem, dass er als Vorstand zum Wohle des Unternehmens Handlungsoptionen von vornherein nicht ausschließen dürfe – also etwa eine Übernahme der Aurubis. Er verwies auf ein eigenes Zitat aus dem Jahr 2015: Demnach sei eine Fusion eine Vision, ein langfristiges Vorhaben, eher eine Aufgabe für seinen Nachfolger.

Noch kein Nachfolger für Salzgitter-AG-Chef Fuhrmann in Sicht

Apropos Nachfolger: Auf die Nachfrage eines Aktionärsvertreters, ob der Aufsichtsrat für Salzgitter-AG-Chef Fuhrmann schon einen Nachfolger im Visier habe – sein Vertrag läuft im Sommer 2021 nach 10 Jahren als Vorstandsvorsitzender aus –, verneinte dieser.

Ex-Aurubis-Chef Marnette bedankte sich zum Ende der Hauptversammlung, für die „überraschend offene Beantwortung meiner Fragen“. Richtung Fuhrmann sagte er: „Bleiben Sie so, kommen Sie auf einen guten Weg. Dann kommen wir auch gut wieder miteinander aus.“ Der Streit – so scheint es – ist nach einer großen Welle vor der Hauptversammlung auf dieser erst einmal abgeebbt.

Viel Unterstützung hatte Marnette aus dem Lager der Salzgitter-AG-Aktionäre sowieso nicht. So sagte etwa Aktionärsvertreter Aleff, ihm blieben die Vorwürfe „unverständig“. Er warnte: „Die Phantomdiskussion ist für beide Unternehmen schädlich.“