Braunschweig. . Experten erwarten aber einen stark steigenden Bedarf. Zudem müsse der Ausbau besser gesteuert werden.

Ich habe mir neulich einen E-Golf ausgeliehen. Das Problem hier in Lebenstedt ist aber, dass die Ladestation am Rathaus sehr oft besetzt ist. Was ist, wenn mehrere ein E-Auto fahren? Es gibt einfach zu wenig Ladestationen…

Diese Frage stellt unser Leser Rudolf Karliczek aus Salzgitter.

Zum Thema recherchierte
Andreas Schweiger.

Die Bemerkung unseres Lesers spricht ein zentrales Problem der Elektro-Mobilität an. Entscheidend für den Durchbruch der neuen Technik sind nicht allein elektrifizierte Autos mit auskömmlichen Reichweiten. Entscheidend ist in gleichem Maß die Lade-Infrastruktur, also die Verfügbarkeit von Ladesäulen. Nur bei einem dichten Netz hat der Käufer eines E-Autos die auch psychologisch wichtige Gewissheit, dass ihm ein Liegenbleiben wegen Strommangels erspart bleibt.

Wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Montag mitteilte,hat er aktuell 17.400 öffentliche Ladepunkte im Bundesgebiet erfasst. Ende des vergangenen Jahres seien es noch 16.100 gewesen, Mitte 2017 erst 10.700. Es geht also voran. Um gleich ein Missverständnis zu vermeiden: Ladepunkte sind nicht dasselbe wie Ladesäulen. Nach Angaben des BDEW verfügen die meisten Ladesäulen über zwei Ladepunkte, können also zwei Autos gleichzeitig laden.

Die Statistik des BDEW gibt Auskunft über Ladepunkte, die von Energieversorgern betrieben werden oder von privaten Anbietern wie etwa Hotels oder Supermärkten in Kooperation mit Energieversorgen. Die regionale Verteilung ist aus der BDEW-Statistik noch nicht ersichtlich. Stattdessen verweist der Verband auf das Internetportal „ladensaeulenregister.de“. Das führt aktuell 76 Ladesäulen vom Nordkreis Gifhorn bis Clausthal-Zellerfeld im Harz auf.

Die vom Portal „goingelectric.de“ erfassten E-Ladestationen in unserer Region.
Die vom Portal „goingelectric.de“ erfassten E-Ladestationen in unserer Region. © Jürgen Runo

Das Internetportal „goingelectric.de“ nennt sogar 184 Stromtankstellen in unserer Region. Erfasst sind dort auch Ladesäulen, die sich etwa auf dem Gelände von Autohäusern befinden. Stichproben unserer Redaktion ergaben, dass dort E-Autos geladen werden können, auch wenn das Modell ein Fremdprodukt ist.

Hinzu kommen private Ladestationen zum Beispiel in Garagen, deren Zahl jedoch kaum zu fassen ist. Stefan Kapferer, Chef der BDEW-Hauptgeschäftsführung, begrüßt zwar, dass der Bund den Ausbau privater Lade-Infrastuktur fördern will. Allerdings müsse gleichzeitig das Miet- und Wohnungseigentumsrecht angepasst werden, forderte er.

Zwar können laut BDEW derzeit alle E-Autos geladen werden, doch sei ein wachsender Bedarf erkennbar. Unter Berufung auf die „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“, der Vertreter aus Politik, Wirtschaft, Gewerkschaft und Verbänden angehören, nennt der BDEW folgende Zahlen: Sollte der Anteil der Pkw-Neuzulassungen von derzeit 2 Prozent auf 10 Prozent zulegen, müssten jährlich 9000 bis 22.000 neue öffentliche und 325.000 neue private Ladepunkte errichtet werden.

Raimund Nowak, Geschäftsführer der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg, schätzt die aktuelle Situation ähnlich ein. Zwar könne es hie und da Engpässe an Ladesäulen geben. Grundsätzlich werde der Bedarf aber gedeckt. Die Metropolregion soll die Wettbewerbsfähigkeit der Region stärken, dazu gehört auch das Thema Verkehr und E-Mobilität. Nowak ist überzeugt, dass der Bedarf an Ladepunkten steigt, wenn VW zum Jahresende die Produktion des ersten rein elektrischen ID.-Modells startet. Für ihn ist aber nicht der Aufbau der Ladesäulen an sich problematisch. Er sieht großen Handlungsbedarf bei der Steuerung des Lade-Infrastruktur-Ausbaus.

So sei es wichtig, gleichermaßen Schnellladestationen zu errichten und Ladepunkte für das langsame Laden,zum Beispiel am Arbeitsplatz oder in Wohnquartieren. Zudem müsse der Zugang zu den Ladepunkten so einfach wie möglich sein. Nowak hat vor allem das Bezahlen im Blick. In einigen Kommunen sei das Laden nur mit speziellen Karten des Energieversorgers möglich. Um die Akzeptanz der E-Mobilität zu steigern, dürfe es diese Insellösungen aber nicht geben, fordert Nowak. „Es werden derzeit zu oft nur die Ladepunkte gezählt, statt konzeptionell nachzudenken.“