Ilsede. Hannover-96-Chef Martin Kind kritisiert beim Wito-Kamingespräch in Ilsede „hohe Einkommen für wenig Arbeit“

Es war ein Abend voller Fußballmetaphern – passend zur Weltmeisterschaft: Von starken Mannschaften, Steilvorlagen, von Auf- und Abstieg, von Kapitänen und Trainern war da die Rede. Dabei ging es beim von Armin Maus, Chefredakteur dieser Zeitung, moderierten „Kamingespräch“ der Wirtschafts- und Tourismusfördergesellschaft des Landkreises Peine (Wito) nicht nur um Sport, sondern um Führung und Förderung von Unternehmen. Passend dazu hatte die Wito Martin Kind, Unternehmer und Präsident des Sportvereins Hannover 96, als Hauptredner in die Ilseder Gebläsehalle eingeladen.

Ohne falsche Bescheidenheit aber durchaus launig erzählte Kind seine „96“-Erfolgsstory: Wie er aus dem maroden Drittligaclub seit 1997 eine Struktur profitabler Unternehmen gemacht habe. Wie er den Umbau des alten Niedersachsenstadions angeschoben habe. Heute besitzt der Verein über ein Tochterunternehmen die Nutzungsrechte für die modernisierte Arena.

Kind machte deutlich: Bei aller Leidenschaft ist der Fußball ein knallhartes Geschäft. Kritisch beleuchtete der 74-Jährige, wohin das Geld aus dem Vereinshaushalt fließt: „Es verdienen sehr einseitig die Spieler, Trainer und Sportdirektoren. Wenn man aus der Realwirtschaft kommt, erscheinen einem die Verteilungsmechanismen schon schwierig.“ Vor allem Berater erzielten mit wenig Arbeit unheimlich hohe Einkommen, sagte Kind. „Das sollte man mal kritisch hinterfragen.“

Gleichwohl gehe der Trend auf dem weltweiten Wachstumsmarkt rund ums „Premiumprodukt Fußball“ in diese Richtung. „Die Menschen sind ja alle verrückt geworden“, diagnostizierte Kind einen Fußball-„Hype“. Wenn aber, wie bei den finanzstarken englischen Clubs, der „Output“ stimme, sei der finanzielle Aufwand eben doch zu vertreten. Die Sportart werde sich in Zukunft weiter in Richtung Event-Industrie entwickeln.

Erbarmungslos sein Urteil über den „stagnierenden“ deutschen Fußball: Hierzulande sei man selbstzufrieden, überheblich und agiere defensiv. Der einzige Verein, der die Zeichen der Zeit nicht verschlafen habe, sei Bayern München.

Einen knappen Einblick gab Kind in die Finanzierung seines Vereins: Gut die Hälfte des Haushalts bestreite dieser aus Fernsehgeldern. Die restlichen Einnahmen stammten zu gut zwei Dritteln von Sponsoren und nur zu einem Drittel – rund 15 Prozent des Gesamtetats – aus dem Ticketverkauf.

„Die zweite Liga ist die Einladung zum wirtschaftlichen Selbstmord“, sagte Kind mit Blick auf die Saison 2016/17, als der Club abgestiegen war. Deswegen habe er damals den Wiederaufstieg für „alternativlos“ erklärt. Geklappt habe dieser auch, weil die Sponsoren an Bord blieben.

Mit Blick auf die sportliche Entwicklung von Hannover 96 sagte Kind: Mit einem konkurrenzfähigen Produkt – der ersten Herrenmannschaft – mit klaren Zielen und mit einer Portion „Härte und Brutalität“ sei es gelungen, den Verein wieder flott zu machen. „Wir haben jetzt alles, was man als Erst-Liga-Verein braucht“, betonte er auf der Bühne mit Fußballtor-Kulisse. Sein langfristiges Ziel: „96“ dauerhaft auf den mittleren Plätzen des Fußball-Oberhauses zu halten.