Wolfsburg. Der Abgas-Betrug kostet VW eine weitere Milliarde. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hat gegen den Autobauer ein Bußgeld in dieser Höhe erlassen.

Volkswagen wird das Bußgeld akzeptieren. Das teilten die Staatsanwaltschaft und das Wolfsburger Unternehmen gestern Abend mit. Nach Angaben der Ermittlungsbehörde handelt es sich um eine der höchsten Geldbußen, die jemals in der Bundesrepublik gegen ein Unternehmen erlassen worden seien. Die bislang angefallenen Kosten für die Aufarbeitung des Abgas-Betrugs belaufen sich somit in Summe auf etwa 26 Milliarden Euro.

Wie die Staatsanwaltschaft Braunschweig mitteilte, muss das Bußgeld über eine Milliarde Euro binnen sechs Wochen an das Land Niedersachsen gezahlt werden. Das Land sei nach dem Gesetz Empfänger der Geldbuße. Was das Land damit machen wird, konnte eine Sprecherin der Landesregierung am Mittwochabend noch nicht sagen. Im Sommer 2016 hatte die Landesregierung außerdem erwägt, im Falle eines Bußgelds Boni von Vorständen zurückzufordern. Auch dazu konnte die Sprecherin am Abend noch nichts sagen. Nach Informationen unserer Zeitung hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig im Bußgeldverfahren allerdings nicht die damaligen Vorstandsmitglieder als Verantwortliche für die Pflichtverletzungen identifiziert, sondern die sogenannte obere Leitungsebene.

Nach Angaben von Volkswagen ist es zu Aufsichtsverletzungen in der Motoren-Entwicklung gekommen. Diese mangelnde Aufsicht sei die Ursache dafür, dass von Mitte 2007 bis 2015 in Summe 10,7 Millionen Modelle mit der unzulässigen Software „beworben, an Abnehmer veräußert und in den Verkehr gebracht wurden“, heißt es in einer Erklärung von Volkswagen.

Das Unternehmen habe die Geldbuße nach eingehender Prüfung akzeptiert und werde keine Rechtsmittel einlegen. VW-Konzernchef Herbert Diess sagte: „Volkswagen bekennt sich damit zu seiner Verantwortung für die Dieselkrise und sieht darin einen weiteren wesentlichen Schritt zu ihrer Bewältigung. Wir arbeiten mit Nachdruck an der Aufarbeitung unserer Vergangenheit. Weitere Schritte sind notwendig, um das Vertrauen in das Unternehmen und die Automobilindustrie Stück für Stück wiederherzustellen.“ Wie der Autobauer weiter mitteilte, wird das Ende 2015 eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren mit dem Bußgeldbescheid beendet.

Grundlage für die Geldbuße ist, dass VW seine Aufsichtspflichten verletzt und Gewinne illegal erwirtschaftet hat: Indem der Konzern Autos produzierte und verkaufte, die wegen der Manipulations-Software nicht der Typgenehmigung entsprachen. Die Höhe der Geldbuße setzt sich aus zwei Bausteinen zusammen: fünf Millionen Euro für die fahrlässige Verletzung von Aufsichtspflichten, was der höchstmöglichen Summe entspricht – plus 995 Millionen Euro für die Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile. Denn hätte VW ohne Manipulationen mehr Geld in die Abgasreinigung investiert, wären die Kosten höher und der Gewinn entsprechend kleiner ausgefallen. Wie genau die Ersparnis bei den 10,7 Millionen Fahrzeugen hochgerechnet wurde, erklärte die Staatsanwaltschaft nicht.

Das deutsche Ordnungswidrigkeiten-Gesetz sieht vor, dass die Geldbuße den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter aus der Ordnungswidrigkeit zog, übersteigt. Bei der Festlegung des Bußgelds wurde jedoch berücksichtigt, dass VW für die Nachrüstung der betroffenen Diesel bezahlen muss. Außerdem sollte sichergestellt werden, dass der Autobauer in der Lage wäre, Ansprüche aus Kunden-Klagen zu bezahlen.

Der Abgas-Betrug war im September 2015 öffentlich geworden. Betroffen waren Modelle, die mit Diesel-Motoren des Typs EA 189 beziehungsweise EA 288 ausgerüstet waren. EA189-Maschinen wurden weltweit ausgeliefert, EA-288-Aggregate nur in den USA und in Kanada. VW hat bereits einen milliardenschweren Vergleich mit US-Behörden geschlossen. Beendet ist die Aufarbeitung des Skandals für den Autobauer aber noch längst nicht. So wird in Deutschland gegen aktuelle und ehemalige Mitglieder des VW-Vorstands wegen Marktmanipulation und zum Teil wegen Betrugs ermittelt. Zudem fordern VW-Kunden und VW-Aktionäre vom Unternehmen in zivilrechtlichen Klagen Schadenersatz in Milliardenhöhe.