Wolfsburg. Der ehemalige VfL-Spieler spricht im Podcast über Hopp, Beleidigungen und die Durchlässigkeit aus dem Nachwuchs.

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Die längste Zeit in seiner Profikarriere hat Pablo Thiam beim VfL verbracht. 117 Bundesliga-Spiele absolvierte der heute 46-Jährige für Wolfsburgs Fußballer und hält dem Klub seit seinem Wechsel vom FC Bayern an den Mittellandkanal die Treue. Direkt nach seinem Karriereende 2008 stieg er ins Management ein, feierte als Assistent von Trainer-Manager Felix Magath gleich die Meisterschaft und machte die nächsten Schritte: sportlicher Leiter der U23, jetzt Leiter der VfL-Fußballakademie und Integrationsbeauftragter des Klubs. Angesichts der zahlreichen Vorkommnisse in den Bundesliga-Stadien mit der Causa Dietmar Hopp und den rassistischen Beleidigungen gegen Herthas Jordan Torunarigha war Thiam genau der richtige Gesprächspartner für unsere vierte Ausgabe des „Wölfe-Talks“, dem Podcast unserer Zeitung, in dem Thiam deutlich Stellung bezog.

Thiam war beim Spiel gegen Union Berlin dabei

Hopp, der Hoffenheimer Mäzen, sah sich am vergangenen Wochenende einer großen Welle persönlicher Schmähungen ausgesetzt – unter anderem beim Spiel des VfL bei Union Berlin, das auch der 46-jährige Thiam im Stadion An der Alten Försterei verfolgte. Ihren Ursprung haben die jüngsten Ereignisse in der Wiedereinführung einer Kollektivstrafe gegen Fans von Borussia Dortmund, die ihre Mannschaft bei der TSG Hoffenheim für die kommenden zwei Jahre nicht unterstützen dürfen. Mit den BVB-Fans solidarisierten sich zahlreiche andere Fanlager, wie die Union-Ultras, die Hopp dann im Fadenkreuz zeigten. Thiam setzt auf einen Dialog zwischen DFB und Fans, sagt aber auch: „Ich glaube, reden ist nur der erste Schritt. Es müssen Konsequenzen folgen, und zwar drastische. Sonst nimmt das kein Ende.“ Er sagt weiter: „Es geht gar nicht darum, dass die Fans nicht versuchen sollen, den Gegner ein bisschen zu destabilisieren. Aber es gibt eine Grenze. Und bei vielen Themen ist meiner Meinung nach eine Null-Toleranz-Grenze gefordert.“

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Das gelte im übrigen nicht nur in der Causa Hopp, die auch in Berlin nach einer Stadiondurchsage und einer Unterbrechung durch den Schiedsrichter fast zum Abbruch geführt hätte, oder Diskriminierungen im Allgemeinen, sondern auch in punkto Rassismus. Thiam bezieht Stellung zu einem Interview des deutschen Nationalspielers Antonio Rüdiger, der sagte: „Der Rassismus hat gewonnen! Das zeigt sich, dass diese Leute gewonnen haben, weil sie wieder ins Stadion gehen können. Sie werden nicht bestraft und am Ende bin ich der Buhmann.“

"Der Rassusmus hat nicht gewonnen"

Der Integrationsbeauftragte des VfL kann den Profi des FC Chelsea „ganz und gar verstehen, weil die politische Landschaft sich mittlerweile so gedreht hat, dass diese ganzen Beleidigungen und Themen, die aufkommen, zum Teil als freie Meinungsäußerung gewertet werden.“ Aber, und da wird Thiam deutlich: „Der Rassismus hat nicht gewonnen, aber er ist deutlich präsenter als es noch vor zehn Jahren der Fall war.“ Und: „Das ist ein Kampf, der niemals aufhören wird. Ich wünsche mir, dass gerade diese Jungs wie Rüdiger nicht aufgeben. Wir müssen zusammenstehen und uns überlegen, wie wir dagegen weiter angehen!“

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Natürlich ging es in dem 30-minütigen Gespräch auch um die Durchlässigkeit zwischen Nachwuchs, den Thiam als Leiter der Fußballakademie verantwortet, und der Profimannschaft. Das Bundesliga-Debüt von Mamoudou Karamoko war genauso Thema wie Ulysses Llanez, der 18-jährige Angreifer, der unlängst in der A-Nationalmannschaft der USA debütierte. „Wir haben ihn bei der U23 schon im Training gesehen und wir werden ihn auch bald bei den Profis sehen.“ Ein genauer Zeitpunkt lässt sich da allerdings nicht nennen: „Wichtig ist, dass wir wissen, was in ihm steckt, und dass wir an seine Schwächen, die er noch hat, definitiv arbeiten und ihn vorbereiten für die Situation, die er dann bei den Profis bekommt.“

Intensives Spiel gegen Leipzig erwartet

Schließlich blickt der erfahrene Ex-Profi auch noch auf die nächsten Aufgaben von Oliver Glasners Bundesliga-Team. Mit Blick auf das Spiel gegen Leipzig sagt Thiam: „Ich freue mich auf ein sehr intensives Spiel, weil es für beide Mannschaften doch um sehr viel geht. Das heißt, eigentlich können wir nur mit einem Sieg zufrieden sein, damit wir noch näher an Schalke heranrücken oder vielleicht sogar die Möglichkeit haben, sie zu überflügeln.“ Die U23, die sich mitten im Aufstiegsrennen zur 3. Liga befindet, hat gleichzeitig selbst eine schwierige Aufgabe zu meistern. Nach der 1:2-Niederlage im Spitzenspiel gegen Lübeck will sich das Team bei Hannover 96 II rehabilitieren. Thiam: „Jetzt haben wir wieder die Rolle des Jägers inne und werden versuchen, daraus Kapital zu schlagen.“

Das komplette Gespräch mit dem Nachwuchschef des VfL Wolfsburg können Sie sich in unserem Podcast „Wölfe-Talk“ anhören. Entweder auf www.wolfsburger-nachrichten.de/podcast, bei Spotify oder Apple-Podcast.