Braunschweig. Mareike Krüger leidet unter Emetophobie. Die panische Angst vorm Erbrechen hat ihr Leben fest im Griff. Überlebt sie das?

podcast-image

Bei Mareike Krüger aus Buxtehude löst Erbrechen mehr als nur Ekel aus: Panik, Selbstmordgedanken, Isolation. Die 30-Jährige leidet unter Emetophobie. Das ist die panische Angst vorm Erbrechen. Im Podcast „Deine Lieblingsmenschen“ spricht sie über ihr Leben mit der Angst, warum sie in der Schule als Außenseiterin gesehen wurde und wie sie um ihr persönliches Familienglück kämpft.

Nicht einmal lässt die Angst vor dem Erbrechen Mareike Krüger allein. Die Emetophobie ist seit der Kindheit ihr ständiger Begleiter, immer die Angst vor dem Erbrechen. Die Schule musste sie abbrechen, weil sie nicht mehr am Unterricht teilnehmen konnte. Noch nie war sie gemeinsam mit ihrem Mann in einem Restaurant essen. Einkaufen fährt sie entweder ganz früh morgens oder kurz vor Ladenschluss. Mareike Krüger hat ihr Leben komplett nach der Phobie ausgerichtet. Oder besser gesagt: Die Emetophobie hat das Leben der Buxtehuderin fest im Griff.

Als Kind wurde sie im Auto von ihrem kleinen Bruder von Kopf bis Fuß angebrochen. Der Schlüsselmoment für ihre Phobie? Genau kann Mareike Krüger das nicht sagen.

Mareike Krüger wollte wegen Emetophobie sterben

Lage Zeit stand gar nicht fest, worunter Mareike leidet. „Ärzte und Therapeuten diagnostizierten Essstörungen, Schizophrenie und auch eine Borderline-Persönlichkeitsstörung“. Ihre Angst wurde immer stärker. Angst, dass sie sich übergeben muss, dass andere sie dabei hören könnten oder dass andere sich übergeben müssen. Angst, die bei der 30-Jährigen sogar Selbstmord-Gedanken auslöst. Heute habe sie nicht mehr das Bedürfnis, gehen zu müssen. Mit 16 Jahren kam Mareike schließlich in eine geschlossene Psychiatrie. Eingewiesen von ihren Eltern persönlich. Etliche Therapiestunden später war die Angst noch immer da.

„Irgendwann hatte ich das Glück, eine neue Therapeutin zu bekommen“, sagt Mareike. Sofort erkannte sie, dass Mareike, damals 19 Jahre alt, unter Emetophobie leidet. „Es gibt tatsächlich eine Diagnose für diese Phobie und es ist nur eine Phobie. Phobien sind heilbar. Das war für mich ein totaler Wow-Moment“, erinnert sich Mareike. Mit ihrer Hilfe konnte sie sogar den erweiterten Realschulabschluss nachholen.

Mareike Krüger: Schwangerschaft hat sie geheilt

Mittlerweile ist die 30-Jährige Mama einer Tochter. „Das Thema war eigentlich ganz weit weg und dann bin ich plötzlich schwanger geworden.“ Ein Traum sei in Erfüllung gegangen. Ein Traum, der lange Zeit unerfüllt zu bleiben schien. Denn die Angst vor dem Erbrechen in der Schwangerschaft aber auch, dass das Kind erbrechen könnte, war zu groß. Doch die Schwangerschaft hat Mareike quasi „geheilt“.

Kritisch wird es, wenn beispielsweise ihre Tochter krank ist. Als ihre Tochter 9 Monate alt war, steckten sich beide mit Magen-Darm an. „Wenn ich merke, dass das Erbrechen gleich losgeht, laufe ich immer die ganze Zeit rum. Ich kann mich dann nicht hinsetzen, bin total panisch. Ich würde in dem Moment am liebsten sterben“, sagt Mareike. „Ich schlucke dann auch erst ein paar Mal noch runter, weil ich nicht will, dass ich dann die Kontrolle verliere.“

Emetophobie-Betroffene wächst für ihre Tochter über sich hinaus

Doch Mareike wächst für ihre Tochter über sich hinaus, auch wenn die Phobie Mareike noch heute einschränkt: „Ich muss immer überall mit dem Auto hinfahren. Und ich muss es sehen können, sodass ich notfalls wegfahren kann“

Ein großer Unterstützer ist ihr ihr Mann. „Er schreibt mir Tagebücher und dokumentiert meine Fortschritte.“ Es tue gut, Unterstützung von der Familie und ihrem Mann zu bekommen. Auf ihrem Instagram-Profil „herzundvers“ ist es Mareike selbst, die Mutmacher-Texte schreibt, aber auch über ihre Phobie aufklärt. „Es gibt viele Menschen, die haben nicht so ein unterstützendes Umfeld.“ Sie möchte vor allem eines in den Köpfen der Betroffenen fest verankern:„Keine Angst der Welt ist es wert, das Leben aufzugeben.“