Wahle. Die Firma Tennet hofft eine schnelle Baugenehmigung für den Abschnitt bis Lamspringe. Die gesamte Leitung nach Mecklar soll bis Ende 2021 stehen.

. Die Höchststromleitung von Wahle nach Mecklar (Hessen) – sie wird in diesem Jahr auch im Landkreis Peine konkrete Formen annehmen: „Wir wollen im Frühjahr mit den Bauarbeiten an der Stromleitung im Kreisgebiet beginnen“, kündigt Markus Lieberknecht an – er ist Sprecher des niederländischen Netzbetreibers Tennet mit dem deutschen Hauptsitz in Bayreuth.

Konkreteres kann Lieberknecht heute allerdings noch nicht sagen: So richte sich der genaue Zeitpunkt für den Start der Arbeiten im Landkreis danach, wie schnell die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr den Planfeststellungsbeschluss – die Baugenehmigung – für den fast 60 Kilometer langen Streckenabschnitt von Wahle nach Lamspringe (Landkreis Hildesheim) fasst. Auch für den Abschnitt von Hardegsen (Landkreis Northeim) bis zur niedersächsisch-hessischen Landesgrenze fehlt noch dieser Beschluss. „Wir mussten in diesen Bereichen Planänderungen wegen der Erdverkabelung vornehmen“, führt Lieberknecht aus.

Zudem gibt es nach seinen Worten bei solchen Mammutprojekten nicht einen Startpunkt für die Bauarbeiten, von dem man sich bis zum Endpunkt vorarbeite. „Wir werden in den Streckenabschnitten – also auch zwischen Wahle und Lamspringe – an verschiedenen Stellen mit der Errichtung der Masten beginnen“, blickt Lieberknecht voraus. Ein solches Vorgehen sei beispielsweise mit Umweltaspekten zu begründen: So kann es sein, dass an bestimmten Maststandorten Tiere wie Ameisen oder Schmetterlinge vorkommen, die schützenswert und somit besonders zu behandeln sind – dann wird der Mastaufbau eben zunächst an anderer Stelle vorgezogen.

Wobei klar ist: Im Peiner Kreisgebiet ist keine Erdverkabelung vorgesehen. Mindestens 400 Meter zur Wohnbebauung von Ortschaften (mit Bebauungsplan) und mindestens 200 Meter zu einzelnen Wohnhäusern in Außenbereichen – diese Abstände werden Lieberknecht zufolge beim Bau der Stromleitung im Landkreis eingehalten, so dass das Kabel nicht in die Erde müsse. In der Vergangenheit haben sich zwar Groß Lafferder darüber beklagt, dass diese neue 380-Kilovolt-Stromleitung zu dicht an ihren Wohnhäusern verlaufe, und eine Erdverkabelung erbeten – ohne Erfolg. Bis Ende 2021 möchte Tennet die komplette Leitung von Wahle nach Mecklar fertig gestellt haben und in Betrieb nehmen – ein „sportliches Ziel“, meint Markus Lieberknecht.

Nach seinen Worten sind die Masten „im Schnitt 55 bis 60 Meter hoch“. In einigen Bereichen werden auf der 380-Kilovolt-Leitung von Tennet noch 110-Kilovolt-Stromleitungen der Bahn und der Avacon draufgehängt – dann seien die Masten „acht bis zehn Meter höher“, ergänzt Lieberknecht. Andererseits gebe es dann aber eben nur eine Stromtrasse und nicht zwei oder drei.

Auf Wunsch der Gemeinde Vechelde hat Tennet den Streckenverlauf zwischen Liedingen und Köchingen etwas korrigiert – „um etwa eine Ackerfläche weg von Liedingen in Richtung Köchingen“, beschreibt Vecheldes Bürgermeister Ralf Werner. Der Grund: Der Gemeinde ist die Leitung in der Ursprungsroute zu dicht an Liedingen verlaufen.

Ansonsten hat die Gemeinde in ihrer Stellungnahme keine Einwände gegen die Leitung erhoben. Lieberknecht bestätigt: „Von der Bevölkerung gibt es nicht nur Ablehnung, sondern auch viel Zustimmung zu unserem Vorhaben.“ Viele sähen ein, dass mit dem Atomausstieg und künftig auch mit dem Kohleausstieg der Strom aus den Windenergieanlagen im Norden mit solchen Leitungen in den Süden transportiert werden müsse. „Die negativen Stimmen sind aber in der Regel lauter“, stellt der Sprecher fest.

Die Stromleitung von Wahle nach Mecklar ist 230 Kilometer lang und kostet rund eine Milliarde Euro: Sie verläuft größtenteils überirdisch, nur in einzelnen kleinen Abschnitten gibt es eine Erdverkabelung.

Kommentar:

Erneuerbare Energie – ja bitte, die dafür erforderlichen Stromleitungen aber bitte nicht vor meiner Haustür: Ein solches Sankt-Florian-Prinzip ist weit verbreitet, um nicht zu sagen: typisch menschlich. Insofern ist die Haltung der Gemeinde Vechelde vorbildlich: Gerade die Ostkreiskommune weiß, wie es ist, von dem Atomstrom beziehungsweise seinen Folgen, dem Atommüll, betroffen zu sein. Das Atommüllendlager Schacht Konrad in Salzgitter liegt nahe der Vechelder Gemeindegrenze; Vechelde hat – wie Lengede und Salzgitter – gegen dieses Endlager geklagt: ohne Erfolg. Den Atomausstieg Deutschlands heißen viele in der Gemeinde Vechelde vor diesem Hintergrund gut, doch eine Konsequenz ist: Deutschland muss auf alternative Energie setzen – auf Windstrom, der vom Norden in den Süden der Bundesrepublik kommen muss – mit Leitungen wie der von Wahle nach Mecklar. Da ist die Überzeugung der Gemeinde Vechelde ebenso bemerkenswert wie konsequent zu sagen: keine Einwände gegen diese Leitung mitsamt den Strommasten.