Unterflossing. Die Anhänger eines selbst ernannten Sehers versammelten sich für eine Erscheinung.

17. März, 16.29 Uhr, Unterflossing: Gespannte Stille, wo eben noch Gesang und Gebet die Luft erfüllten. In einer Minute ist Salvatore Caputa an der St.-Laurentius-Kapelle mit der Gottesmutter Maria verabredet. Und rund 300 Menschen wollen dabei sein. In Decken gewickelt, seit Stunden auf Klappstühlen ausharrend oder, der Aussicht wegen, auf einem Erdhügel stehend. Der 73-jährige Sizilianer, der am Gardasee lebt, nennt sich selbst einen Seher.

Das „Gegrüßet seist du, Maria“ ist das Gebet des Tages. Seit 12 Uhr mittags erklingt es über diesem oberbayerischen Acker. Anfangs übertragen aus der Kapelle, in der die ersten Pilger schon früh saßen, später draußen gemurmelt von der Menge. Eine alte Frau mit lila Strickmütze nähert sich: „Ich hab beim letzten Mal so einen schönen Rosenduft gehabt“, sagt sie fröhlich. Am Rosenduft erkennen Marienverehrer, dass die Gottesmutter erschienen ist.

Die letzte Erscheinung will Caputa im September gehabt haben. Da war Unterflossing ein zugeparktes Dorf, 1000 Gläubige kamen, darunter Erich Neumann. Auch er roch Rosen. Inzwischen ist er Vorsitzender des Fördervereins der privaten St.-Laurentius-Kapelle, zu der Caputa und Maria eingeladen wurden, nachdem sie beim vorherigen „Erscheinungsort“ auf einem Bauernhof nicht mehr erwünscht waren.

Ob die Erscheinung echt ist oder nicht, da will Neumann sich nicht festlegen. „Wenn’s kein Wunder der Erscheinung ist, dann ist es aber immerhin etwas Wunderbares – die Menschen finden zum Gebet zusammen, was soll daran schlecht sein?“, sagt er. Die Erzdiözese München und Freising ist vom Spektakel nicht begeistert. Ein Gutachten halte es für naheliegend, dass der Beweggrund für die Auftritte lediglich darin liege, dass Caputa „die öffentliche Anerkennung sucht“, hieß es.

Diese Distanzierung könnte ein Grund dafür sein, dass heute weniger gekommen sind als zuletzt. Und dafür, dass die Feuerwehr dieses Mal den Verkehr nicht regeln wollte. Die zehn Leute vom Verein dirigieren die Autos nun selbst über die Dorfstraße.

16.30 Uhr, endlich! Caputa hält an der draußen aufgestellten Marienstatue den Rosenkranz in die Höhe. Die Menschen starren auf ihn. Riecht es nach Rosen? Der Seher fällt auf die Knie. Er verharrt regungslos, murmelt Unhörbares. Nach fünf Minuten steht er auf. Winkt gen Himmel. Es ist vorbei. Aber nicht ohne Botschaft: Maria habe zum Beten für den Frieden aufgerufen, sagt Caputa. Sie sei gekommen, um alle zu umarmen. „Betet, meine Kinder, mit Freude“, habe sie gesagt. Glückliche Gesichter an der Kapelle.