Berlin. Leise statt Gekreische: Morten Harket geht mit seiner Band a-ha auf „Unplugged“-Tour.

Die meisten Popstars haben ein gespaltenes Verhältnis zu dem einen Song, dem sie alles zu verdanken haben. Für Morten Harket, Frontmann der norwegischen Band a-ha, war „Take On Me“ das Lied, das sein Leben veränderte. Ein Jahr interessierte sich niemand für die Nummer im typischen Synthie-Sound der 1980er-Jahre. Doch weil damals Plattenfirmen noch einen langen Atem hatten, bekam das Trio einen innovativen Videoclip spendiert, ein romantischer Kurzfilm mit Comic- und Realszenen. Und plötzlich, 1985, waren a-ha Stars, sogar in den USA. Angesichts des plötzlichen Erfolgs zweifelte Harket lange, ob die Menschen jemals bereit sein würden, in a-ha mehr zu sehen „als die Band, die ‚Take On Me‘ gesungen hat.“

Von dem Überhit kommt der 58-Jährige auch heute nicht los, drei Jahrzehnte, neun Studioalben und 40 Millionen verkaufte Alben später. Also entschloss er sich zu einem Schritt, den er im Gespräch mit unserer Zeitung als „radikal“ bezeichnet: „Wir haben den Song entkernt, den typischen Keyboard-Riff entfernt und den spirituellen Aspekt freigelegt. Nun ist er nicht mehr unter Schichten von Sounds begraben, sondern steht da ganz pur.“

„Take On Me“ und weitere Hits, denen das „Fleisch von den Knochen gezogen“ wurde, sind nun auf dem „MTV Unplugged“-Album „Summer Solstice“ zu hören. Zusammen mit seinen Bandkollegen Magna Furuholmen (55) und Pal Waaktaar-Savoy (58) präsentiert Harket das Album auf Tour – etwa am 26. Januar in Hannover. Songs ohne elektronische Verstärkung neu einzuspielen – neu ist die Idee nicht. Seit den 1990er-Jahren nutzen Musiker die „Unplugged“-Reihe des Musiksenders MTV, um offenzulegen, dass sich hinter ihren Hits künstlerisch wertvolles Songwriting steckt.

Für Harket war es ein langer Kampf, als Künstler anerkannt zu werden und zu beweisen, dass er mehr ist als der Posterboy. „Mein Image, das eines Teenie-Idols, haben die Medien erschaffen“, klagte er in seiner Autobiografie und sprach von einer „undurchsichtigen, blendenden Fassade“, die die Sicht auf seine Persönlichkeit verhindert habe. Dem sensiblen jungen Mann sind die Fanmassen unheimlich. Als „Wand aus Kreischen“ und „grapschende Masse“ nahm er sie wahr. Den Ruhm beschrieb er als „Bestie“. Der Naturfreund versteckte sich im brasilianischen Dschungel – doch auch da spürten Fans ihn auf. Harket verlor Geruchs- und Geschmackssinn, wurde farbenblind, Abszesse übersäten seinen Körper.

Die Band legte Anfang der 1990er-Jahre eine lange Pause ein; alternative Medizin heilte Harket schließlich. Sein Problem: Er sah sich durch den Ruhm ausgegrenzt. „Ob du gekreuzigt wirst oder heiliggesprochen – für mich fühlte sich beides gleich an“, sagte er einmal. Heute hat Harket fünf Kinder und einen Stiefsohn und ist seit 2005 er mit seiner langjährigen Assistentin Inez Andersson zusammen.