Hannover. Die nach dem Missbrauchsskandal verstärkt unter Reformdruck geratene Katholische Kirche strebt Veränderungen in drängenden Grundsatzfragen an: Frauen sollten mehr Einfluss in der Kirche erhalten und Wiederverheiratete unter bestimmten Umständen an der Kommunion teilnehmen können.

Das sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Samstag in Hannover. Die Kirche wolle praktische Lösungen für Wiederverheiratete erarbeiten, die bisher nicht an der Kommunion teilnehmen dürfen. Als Arbeitgeber wolle die Kirche mit dem Ausschluss wiederverheirateter Beschäftigter weniger strikt umgehen. Wie weit die Kirche sich etwa in Streitfragen bewegen wird, ist noch offen: Der Spielraum werde auch mit dem Vatikan auszuloten sein, meinte Zollitsch.

Innerhalb der Kirche sei ein Perspektivenwechsel nötig, betonte der Erzbischof zum Abschluss des zweiten deutschlandweiten Treffens von mehr als 30 Bischöfen und 300 weiteren Delegierten. Mit dem vor einem Jahr gestarteten Dialogprozess von Bischöfen und Basis reagiert die Kirche auf den Missbrauchsskandal, den Schwund von Mitgliedern und einen vielfach beklagten Reformstau.

«Wir haben uns getroffen, um die Zeichen der Zeit zu erkennen», meinte Zollitsch in Hannover. In den Veränderungsprozess sollten Verbände und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), das Dachgremium der Laien, miteingebunden werden.

Der Dialogprozess habe eine positive Eigendynamik entwickelt, lobte ZdK-Präsident Alois Glück. «Wir reden offen über Themen, die 20, 30 Jahre tabuisiert waren - die Sexualität ist nur ein Beispiel dafür.» Daraus schöpfe er Hoffnung. «Die Katholische Kirche in Deutschland ist nicht auf dem Rückzug in die Sakristei.»

Mehr Frauen in Leitungspositionen, nicht aber Frauen im Priesteramt - das verlangte in Hannover der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. «Das Thema Diakonat wird uns weiter beschäftigen», sagte die Vizevorsitzende des katholischen deutschen Frauenbundes, Birgit Mock. «Es geht um eine gerechte Beteiligung von Frauen an der Kirche, die nur zukunftsfähig ist, wenn dieses Thema auf gute Weise gelöst ist.»

«Wir sehen selber die Dringlichkeit», sagte der Münchner Bischof, Kardinal Reinhard Marx, zur Notwendigkeit, dass die Kirche sich den Menschen wieder verstärkt zuwendet. «Eine Kirche, die sich auf sich selbst zurückzieht, ist wie ein Ofen, der sich selber wärmen will.»

Konkrete Schritte nach dem zweiten Dialogtreffen verlangte der Vorsitzende des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), Dirk Tänzler. Junge Menschen seien bei dem Treffen unterrepräsentiert gewesen, bemängelte er. (dpa)