Hildesheim. Die Bankkauffrau interessierte sich für die Probleme ihrer Kundinnen. Niemand ahnte, dass die Bankkauffrau ihr Vertrauensverhältnis ausnutzte.

Für das jahrelange Plündern von Sparkonten ihrer Kundinnen ist eine frühere Bank-Angestellte zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden. Die Angeklagte habe sich hinreißen lassen, die Konten der älteren Damen im wahrsten Sinne des Wortes leerzuräumen, sagte die Vorsitzende Richterin Karin Kuhlmann am Montag im Landgericht Hildesheim. Eine Bewährungsstrafe komme bei 55 Taten über einen sehr langen Zeitraum und einer Schadenssumme von 292.300 Euro nicht mehr in Frage.

Die 62 Jahre alte Bankkauffrau – eine kleine Frau mit Brille und blondem Pagenschnitt – hörte sich die Urteilsbegründung schluchzend und zitternd an. Sie hatte zuvor die Diebstahls-Serie in zwei Bank-Filialen in Lehrte bei Hannover gestanden und mit finanziellen Problemen wegen der Renovierung eines Hauses begründet.

62-Jährige entschuldigt sich bei Geschädigten und ihren ehemaligen Kollegen

„Es war damals die Notlage. Und dann ist das wie eine Spirale, aus der man nicht mehr rauskommt“, sagte sie und entschuldigte sich bei den Geschädigten und ihren ehemaligen Kollegen. Einer war ebenfalls in Verdacht geraten, weil sie sich bei den Abbuchungen teilweise unter seinem Namen eingeloggt hatte.

Die Kammer wertete das umfassende Geständnis und die Reue der zuvor unbescholtenen Frau als strafmildernd. Allerdings nahmen die Richter ihr nicht ab, dass sie in eine Spirale geraten sei, aus der es kein Entkommen gab. Begonnen habe es vielleicht mit einer subjektiv empfundenen Verzweiflungssituation, sagte die Vorsitzende Richterin. Jedoch habe sich das Problem mit dem renovierungsbedürftigen Haus erledigt, als der Vater der Angeklagten gestorben und ihre Mutter in ein Heim gekommen sei.

Dann habe sie das gestohlene Geld – meist 5000 bis 10.000 Euro monatlich – dazu genutzt, dass ihre Familie sich etwas leisten konnte: schöne Kleidung, Schmuckstücke, Finanzspritzen für die Söhne, eine große Hochzeitsfeier, eine gemeinsame Reise nach Mexiko. „Das war Luxus zu Lasten anderer“, sagte die Richterin. Zwei der geschädigten Kundinnen sind inzwischen gestorben.

Richter folgt Strafmaß der Staatsanwaltschaft

Mit dem Strafmaß folgten die Richter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Verteidiger Matthias Waldraff hatte dagegen eine Bewährungsstrafe gefordert, da seine Mandantin tiefe Reue zeige und in ihrem fortgeschrittenen Alter sehr haftempfindlich sei. Zudem habe sie nach dem Verkauf des Hauses bereits 292.300 Euro an die Staatsanwaltschaft überwiesen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 20 KLs 14 Js 41266/18).

In ihrem Plädoyer hatte die Staatsanwältin darauf hingewiesen, dass die Angeklagte mit einer „hohen kriminellen Energie“ vorgegangen sei. Bewusst habe sie das Vertrauen von drei Kundinnen ausgenutzt, von denen sie wusste, dass sie ihre Sparkonten unberührt lassen und nur vom Girokonto leben. In den Filialen in den Dörfern Immensen und später in Arpke fälschte sie die Unterschriften der älteren Damen auf vermeintlichen Auszahlungsquittungen. Das Geld nahm die Angestellte dann aus der Kasse. Zudem druckte sie Kontoauszüge aus, damit die unberechtigten Entnahmen den Kundinnen nicht auffielen.

Als später keine Ein- und Auszahlungen mehr am Schalter möglich waren, beschaffte sich die Mitarbeiterin die EC-Karte einer Kundin und hob deren Geld am Automaten ab. Diese drei Fälle wurden als Urkundenfälschung in Tateinheit mit Computerbetrug gewertet, zudem wurde sie in 52 Fällen wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Diebstahl zwischen 2014 und 2018 verurteilt. Die Serie soll schon 2009 angefangen haben, jedoch sind die früheren Taten laut Staatsanwaltschaft verjährt.

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