Hannover. Im Landtag legt die Fraktion einen Antrag auf ein „Autobahn-Moratorium“ vor. Doch es gibt viel Widerspruch.

Reiner Populismus, schimpfte der CDU-Abgeordnete Martin Bäumer, und auch bei SPD und FDP gab es reichlich Widerspruch: Im Landtag haben die Grünen am Mittwoch ein Moratorium beim Autobahnbau gefordert.

„Wir brauchen jetzt mehr Tempo bei der Verkehrswende“, sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Detlev Schulz-Hendel. Deshalb demonstrierten zu Recht immer wieder junge Menschen, auch an diesem Tag vor dem Landtag. Der Leitgedanke „Straßenbau first“ sei überholt. Der Bundesverkehrswegeplan müsse zu einem Mobilitätsplan umgestaltet werden, forderte der Grüne. Wer Autobahnen ausbaue, verursache weiteren Autoverkehr. Mehr Radwege und Bahnstrecken führten dagegen dazu, dass mehr Menschen auf Fahrrad oder Bahn umstiegen. Einen Stopp des Autobahnbaus und einer stärkere Förderung des öffentlichen Nahverkehrs sowie eine Reaktivierung von Bahnstrecken hatten die Grünen schon früher gefordert.

Grüne: Ausgebaute Autobahnen bringen mehr Autoverkehr

Wer Autobahnen ausbaue, verursache weiteren Autoverkehr. Mehr Radwege und Bahnstrecken führten dagegen dazu, dass mehr Menschen aufs Rad oder den Nahverkehr umsteigen, sagte der Grünen-Abgeordnete Schulz-Hendel. „Wir brauchen jetzt eine niedersächsische Initiative für ein sofortiges Straßenbaumoratorium auf der Bundesebene“, sagte der Abgeordnete. Doch die Grünen wollen bei Autobahnen und Bundesstraßen nicht stehenbleiben: Schulz-Hendel forderte außerdem eine transparente Bedarfsplanüberprüfung für die Straßenbauprojekte in Niedersachsen. Als Hauptargumente insbesondere gegen Autobahnen nannte der Abgeordnete die Umweltbelastung, Flächenzerstörung und Kostenexplosion. Es gebe außerdem keinen belegbaren wirtschaftlichen Nutzen von Autobahnen, sagte Schulz-Hendel. Dies allerdings stieß auf heftigen Widerspruch.

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Dass in der Mobilität eine „Zeitenwende“ bevorstehe, räumten auch die Redner der anderen Fraktionen ein. „Mobilität wird digitaler werden, Mobilität wird effizienter werden“, sagte der SPD-Umweltpolitiker Marcus Bosse. Statt den Autoverkehr grundsätzlich zu beschneiden, setzen SPD, CDU, FDP und Landesregierung aber auf alternative Antriebssysteme, bessere Ladeinfrastruktur. Schienensysteme und der ÖPNV insgesamt könnten die Bedarfe von Individualverkehr und Wirtschaft nicht auffangen. „Niedersachsen ist ein Flächenland, es spielt sich nicht alles in der Fläche ab“, sagte SPD-Politiker Bosse weiter. Bei Autobahnen gehe es außerdem um wichtige Infrastruktur. „Mit dem Bau der A 31 hat das Emsland noch einmal richtig Gas gegeben“, sagte der CDU-Abgeordnete Bäumer. Durch Autobahnbau habe auch die Lebensqualität in Dörfer, die durch Verkehr belastet gewesen seien, wieder Einzug gehalten, so Bäumer unter Verweis auf die A 33 (Beginn bei Osnabrück). Umweltminister Olaf Lies (SPD) betonte, dass der Ausbau von Autobahnen zu weniger umweltschädlichen Staus führe und Fortschritt und Innovation für eine Verkehrswende erforderlich seien. Man könne die Autobahn nicht als per se böse darstellen. Vor einer pauschalen Kampagne gegen Autobahnen warnte auch SPD-Politiker Bosse, Mobilität müsse auch bezahlbar bleiben.

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Ländlicher Raum soll nicht abgehängt werden

„Beim Autobahnbau geht es um wichtige Infrastrukturprojekte im Industrieland Deutschland.“ Ohne Autobahnlückenschlüsse werde es nicht gehen. „Wir wollen den ländlichen Raum nicht abhängen, wir werden das Auto weiterhin haben müssen.“

Der frühere Landesverkehrsminister Jörg Bode (FDP) sagte, eine Politik die nur auf das Auto setze, seine keine intelligente Verkehrspolitik. Nur dagegen zu sein allerdings auch nicht. „Sie nehmen die Klimadebatte, um ein Milieu der Grünen zu bedienen“, sagte Bode zur Grünen-Fraktion. Auch die FDP hält Autobahnen für einen Schlüssel zur regionalen Wirtschaftsentwicklung. Zum Lückenschluss der A 39 sagte Bode, dies sei derzeit der größte autobahnfreie Bereich Deutschlands. „Wir müssen den Neubau der völlig überflüssigen und sinnlosen Autobahn A39 unbedingt verhindern und die Verkehrswende einleiten“, heißt es dagegen auf der Webseite der A39-Gegner.

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„Autobahnen fördern Aufschwung“

Der CDU-Abgeordnete Bäumer warf den Grünen vor, den Klimaschutz zu missbrauchen, um den Autobahnbau zu verhindern. Im Flächenland Niedersachsen dienten Autobahnen dazu, Räume zu erschließen und die wirtschaftliche Entwicklung voranzutreiben. Ein guter Beleg dafür sei der Aufschwung des Emslandes nach dem Bau der A31. Minister Lies sagte, schon in der rot-grünen Koalition habe es über das Thema Autobahnen Diskussionen gegeben. Besser als Verzicht seien aber Fortschritt und Innovation. Auch Lies meinte, ÖPNV und Schiene könnten die Bedarfe nicht auffangen. Der SPD-Minister stellte sich ausdrücklich hinter den Weiterbau der A39. Diese bringe eine Entlastung. „Wir verkürzen die Debatte leicht auf das Unwort Autobahnen“, sagte Lies. Gemeint sei aber eine Veränderung der Mobilität, mit mehr ÖPNV und reaktivierten Bahnstrecken. „Wir wollen eine Energieneutralität 2040 und wir wollen die Klimaneutralität 2045“, betonte Lies. „Elektromobilität ist für den Pkw-Bereich die Lösung“, betonte Lies weiter und verwies auf VWs Aktivitäten. Dagegen sagte Bode, Elektromobilität sei nicht die Lösung.

FDP: Menschen sollen individuell über Verkehrsmittel entscheiden

Die Landesregierung habe bereits in den Ausbau des Bahn- und Busnetzes investiert, sagten Redner der Koalition von SPD und CDU. FDP-Politiker Bode betonte, die Menschen müssten weiterhin individuell über ihr Verkehrsmittel entscheiden können. „Eine Klimapolitik, die stringent gegen das Auto ist, ist gegen Wachstum und Wohlstand.“