Hannover. Der Corona-Winter trifft Menschen ohne feste Bleibe besonders hart. Durch die Einschränkungen fehlen die einfachsten Dinge.

Die Einschränkungen in der Pandemie setzen Obdachlosen in Niedersachsen derzeit besonders zu. „Corona erschwert die ohnehin schwierige Situation für Betroffene im Winter“, sagt Sylke Heun vom Johanniter Landesverband. Die Hilfsorganisation zog jüngst eine sehr kritische Zwischenbilanz zur aktuellen Lage und den Einsätzen mit dem Johanniter-Kältebus. Viele Kommunen bauen ihre Hilfsangebote nun aus, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur ergab.

Große Anteilnahme löste in Hannover der Tod eines 57-jährigen Obdachlosen aus. Seine Leiche wurde am Sonntag vor einer Woche auf einem zentralen Platz gefunden. In Oldenburg wurde Anfang Januar ein Obdachloser tot vor dem Bahnhof entdeckt. „Weniger Menschen in den Städten bedeuten für Wohnungslose weniger Möglichkeiten, an etwas Geld kommen“, sagte Michael Jacobson, der mit dem Johanniter-Kältebus eines von vielen Hilfsangeboten organisiert. Weil Cafés geschlossen sind, fehle der Unterschlupf zum Aufwärmen.

Durch Corona-Auflagen finden weniger Hilfesuchende Platz in den Tagesaufenthalten der Wohnungsnotfallhilfe

„Unsere regulären Unterkünfte sind zu 85 Prozent ausgelastet“, sagt eine Stadtsprecherin aus Hannover. Auch Notschlafplätze stünden ausreichend zur Verfügung. Der alte Flughafen als größte Notschlafstelle sei derzeit zu etwa 60 Prozent belegt. Weil weniger hilfesuchende Menschen durch die Corona-Auflagen einen Platz in den Tagesaufenthalten der Wohnungsnotfallhilfe finden, stellt die Region Hannover 105.000 Euro zusätzlich zur Verfügung. Dabei geht es auch um Geld für Hygieneartikel wie Desinfektionsmittel oder Masken.

In Lüneburg seien keine zusätzlichen Tagesräume im Winter erforderlich, da die Obdachlosen tagsüber die Einrichtungen nicht verlassen müssten, sagt eine Stadtsprecherin. Derzeit könnten alle versorgt werden. Da die Anzahl wohnungsloser Menschen wie auch in anderen Städten seit Jahren ansteige, gebe es ein breites Hilfsangebot. Als Grund sieht die Stadt den angespannten Wohnungsmarkt, eine Häufung durch die Pandemie lasse sich bisher nicht ausmachen.

Mögliche Quarantänestationen sind in vielen Städten eingerichtet

Auch andere Städte wie Osnabrück verzeichnen keine coronabedingten Steigerungen. „Die Unterkünfte sind derzeit gut ausgelastet, aber nicht mehr als in den vergangenen Jahren auch“, sagt ein Stadtsprecher. Städte wie Braunschweig und Salzgitter melden, dass es noch Kapazitäten gebe. „Es können also noch Personen aufgenommen werden“, heißt es bei der Stadt Braunschweig. Jedem Hilfesuchenden werde zumindest ein Notschlafplatz angeboten. „Die Jahreszeit spielt dabei keine Rolle“, sagt ein Sprecher.

Mögliche Quarantänestationen sind in vielen Städten eingerichtet, teils in angemieteten Hotels. Um geringere Betreuungsmöglichkeiten in Tagesaufenthalten und Bahnhofsmissionen aufzufangen, wurden etwa in Oldenburg Anfang Dezember auf dem Bahnhofsvorplatz zwei Container aufgestellt. Die Gefahr von Infektionen sei eigentlich immer Thema, berichtet Kältebus-Organisator Michael Jacobson. Die Obdachlosen hätten ein sehr großes Interesse, nicht zu erkranken und trügen daher auch Maske.