Hannover. Andrea Kunkel, Vorsitzende des Schulleitungsverbandes, sieht einen Vorteil im Vergleich zum Beginn der Pandemie. Ein Interview.

Der Schulstart nach den Herbstferien in Niedersachsen bedeutet aus der Sicht des Schulleitungsverbandes eine große Herausforderung. Eine Maskenpflicht statt einer Empfehlung ab der fünften Klasse für Schulen in einem Corona-Hotspot hätte vieles vereinfacht, sagte die Vorsitzende des Verbandes, Andrea Kunkel (60), der Deutschen Presse-Agentur. Entscheidend sei aber, am Präsenzunterricht festzuhalten.

Wie beurteilen Sie die Maßnahmen für die Schulen nach den Herbstferien?

Wir brauchen so viel Präsenzunterricht wie nur irgend möglich und wir brauchen das so lange wie nur irgend möglich. Von daher teilen wir die Auffassung, dass es gut ist, am Präsenzunterricht festzuhalten. Das tragen wir eindeutig mit. Wir gehen auch mit in der Frage des Mund-Nasen-Schutzes. Das ist ja zunächst eine Empfehlung. Wir können uns aber gut vorstellen, dass daraus auch eine Verpflichtung werden kann. Es ist wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler so lange wie möglich in die Schulen kommen können. Natürlich muss die Gefährdungsbeurteilung sowohl für die Schülerinnen und Schüler als auch für alle an Schule Beteiligten, also Lehrkräfte, Schulleitung und pädagogische Mitarbeiter, immer im Blick bleiben.

Was fehlt Ihnen bei den Corona-Maßnahmen für die Schule?

Wir müssen jetzt erst einmal abwarten, wie sich der Schulbetrieb ab Montag entwickelt. In dem neuen Hygiene-Plan sind für einzelne Fächer bestimmte Vorgaben noch mal deutlicher und klarer formuliert - gerade was beispielsweise das Singen betrifft. Aber die Tücke liegt immer im Detail: Wie wird es wirklich sein? Und die Vermutung liegt nahe, dass im Unterschied zu der Situation vor den Herbstferien vermutlich mehr und häufiger Schülerinnen und Schüler in Quarantäne gehen werden - und damit auch Lehrkräfte. Die Frage wird sein: Können wir unabhängig von infizierten Schülerinnen und Schülern und auch Lehrkräften den Unterricht in vollem Maße aufrechterhalten? Wie sieht es aus, wenn die Grippewelle rollt?

Hätten Sie eine Verpflichtung zum Tragen der Maske sinnvoller gefunden?

Das wäre eine Möglichkeit gewesen - und hätte unser Handeln sicher in diesem Bereich vereinfacht. Wir finden wichtig, wirklich differenziert auf die einzelne Schule zu schauen. Wenn eine Schule oder ein Landkreis niedrige Inzidenzwerte aufweist, dann ist es natürlich auch schwierig, eine Verpflichtung zum Tragen der Masken zu verhängen. Es geht bei allen Maßnahmen auch immer darum, sie zu erklären und zu rechtfertigen beziehungsweise um Verständnis zu werben. Und es wird für uns eine große Herausforderung sein, permanent das Verständnis für die Corona-Maßnahmen einzufordern, sonst kann man den Schulbetrieb nicht aufrechterhalten.

Zu den Maßnahmen gehört auch regelmäßiges Lüften. Sehen Sie da Schwierigkeiten?

Ich denke schon, dass das zur Zeit eine sinnvolle Maßnahme ist. Schwierig ist es immer dann, wenn sich Räume, insbesondere Klassenräume, nicht lüften lassen. In solchen Klassenräumen, das ist klargestellt worden, kann kein Unterricht stattfinden. Lüften heißt ja nicht nur, dass man das Fenster einen Spalt öffnet, sondern es muss eine richtige Querlüftung gewährleistet sein. Bis jetzt hat der Verband kaum Rückmeldungen, dass es an einzelnen Schulen nicht funktioniert. Wir vermuten aber, dass das durchaus so sein wird.

Andererseits ist in den Herbstferien auch einiges passiert: Es gibt Schulen, wo es gelungen ist, Fenster, die man jahrelang nicht öffnen konnte, doch zu öffnen. Die Frage ist immer: Was ist die Alternative?

Wie beurteilen Sie die Möglichkeit des Einsatzes von Lüftungsgeräten?

Es ist illusorisch, zu meinen, Investitionen in Schule, die in den vergangenen 10 oder 20 Jahren aufgrund diverser Konzepte zum Einsparen öffentlicher Gelder nicht erfolgt sind, innerhalb kürzester Zeit aufholen zu können. Das gilt auch für den Einsatz von Lüftungsgeräten.

Was bedeuten die Maßnahmen für den Unterricht?

Wichtig ist im Moment, alternative Möglichkeiten zu finden, wenn beispielsweise Lüften nicht möglich ist. Dann müssen alle Beteiligten an einen Tisch, miteinander verhandeln und pragmatische Lösungen finden. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung dafür, den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten. Es geht hier um Bildungsgerechtigkeit. Dazu stellt sich in vielen Schulen die Frage der Unterrichtsversorgung: Wie viele Lehrkräfte habe ich wirklich, und wie kann ich das alles aufrechterhalten bei Umsetzung aller Hygienemaßnahmen? Und gelingt mir das, wenn ich nur wenig Personal habe und von dem wenigen Personal auch noch Kollegen nicht da sind, weil sie erkrankt sind? Wir werden vielleicht nicht drum herumkommen, an der einen oder anderen Stelle zu sagen, wir können den Unterricht so gar nicht voll erteilen.

Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das Ende der Herbstferien beziehungsweise den Beginn der Schulzeit?

Ich habe schon nach den Sommerferien gesagt, dass ich Respekt vor der Situation habe. Ich glaube schon, dass es weiterhin eine große Herausforderung bleibt. Dennoch sind wir ein Stück erfahrener.

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