Hannover. Die Patientenschutzbeauftragte ist in der Corona-Krise sehr gefragt. In ihren Augen fehlt in Kliniken vor allem eines: Kommunikation.

Die niedersächsischen Krankenhäuser befinden sich in einer absoluten Ausnahmesituation, als die neue Patientenschutzbeauftragte des Landes vor einigen Wochen mitten in der Corona-Epidemie ihr neues Amt antritt. Viele der Anfragen, die die Fachärztin für öffentliches Gesundheitswesen und Arbeitsmedizinerin Nicole Sambruno Spannhoff in ihrem neuen Amt in größerer Zahl erreichen, haben denn auch mit der Epidemie und ihren Auswirkungen zu tun.

Bei einem Gespräch zu ihrem Start in ihre neue Vermittlerrolle, auf einer Bank vor dem Gesundheitsministerium in Hannover, kann Sambruno Spannhoff vorerst durchatmen. Den Höhepunkt der Epidemie scheinen die Kliniken zunächst bewältigt zu haben, die Zahl der Corona-Patienten sinkt.

Mit rund 350 Patientenfürsprechern an den Kliniken im Land vernetzt

„Es geht mir darum, für den Patienten da zu sein und ihm im Gesundheitssystem eine Orientierungshilfe zu bieten. Allen Patienten soll ein gleichberechtigter und nach Möglichkeit selbstständiger Zugang zum Gesundheitssystem möglich sein“, sagt die 46-Jährige. Patienten, aber auch deren Angehörige, können sich an die Beauftragte wenden. Dabei ist Sambruno Spannhoff mit rund 350 Patientenfürsprechern an den Kliniken im Land vernetzt.

Nicole Sambruno Spannhoff, Patientenschutzbeauftragte in Niedersachsen, aufgenommen vor dem Landtag in Hannover.
Nicole Sambruno Spannhoff, Patientenschutzbeauftragte in Niedersachsen, aufgenommen vor dem Landtag in Hannover. © dpa | Peter Steffen

Die sollen vor Ort für die Behandelten da sein, ihnen als Vertrauensperson zur Seite stehen und für ihre Rechte einstehen. Die Landesbeauftragte koordiniert unter anderem die Arbeit der ehrenamtlichen Fürsprecher und berät die Landesregierung in Fragen des Patientenschutzes. Sie ist aber auch für jeden Patienten direkt erreichbar, telefonisch oder per Mail.

Personalmangel führt zu schlechterer Betreuung

Zeit, eine To-Do-Liste mit den wichtigsten Baustellen im Gesundheitswesen an die Pinnwand zu heften gab es noch nicht. „Noch habe ich die ersten 100 Tage in meiner Funktion nicht hinter mir.“ Während der Corona-Epidemie gab es zunächst viele Patientenanfragen. Eines der häufigsten Patientenanliegen seien die eingeschränkten Besuchsmöglichkeiten gewesen. Viele seien unsicher gewesen, ob sie denn ihre Angehörigen besuchen dürften oder nicht.

Das wohl größte Problem, das es Patienten im Krankenhaus schwer macht, hat die Ärztin dennoch schon ausgemacht. Durch Personalmangel bekämen Patienten nicht immer ausreichend Betreuung. Das Fehlen von Fachkräften in der ambulanten und stationären Pflege sei besonders in Krisenzeiten wie der Corona-Epidemie sehr spürbar.

„Die Arbeitsbelastung ist extrem hoch und oft bleibt das Wort auf der Strecke. Doch gerade das ist sehr wichtig. Nur durch Kommunikation, Zuwendung und Aufklärung kann Sicherheit geschaffen werden und die Patienten fühlen sich nicht allein“, so Sambruno Spannhoff. Besonders in Pflegeeinrichtungen wie Altenheime gehe es auch um eine psychosoziale Komponente. „Der Mensch kann und möchte nicht isoliert leben und wird durch die Maßnahmen ohne weiterführende Erläuterung psychologisch belastet.“

Patientenschutzbeauftragten gibt es seit der Mordserie des Krankenpflegers Niels H.

Vorantreiben möchte die neue Patientenschutzbeauftragte die Kommunikation in und zwischen den rund 170 Kliniken und deren Fürsprechern in Niedersachsen. „Diese Stelle war sehr lange vakant. Die Vernetzung muss optimiert werden, was die Corona-Krise derzeit nicht einfach macht“. Bevor sie ihr neues Amt antrat, leitete Sambruno Spannhoff, die aus der Region Hannover stammt, fünf Jahre lang das Gesundheitsamt im Landkreis Osterholz.

Einen Patientenschutzbeauftragten gibt es in Niedersachsen seit 2006 seit der Mordserie des Krankenpflegers Niels H., der durch das Verabreichen von Medikamenten in tödlicher Dosis rund 100 Patienten ums Leben brachte. Dass trotz auffällig steigender Todeszahlen nicht rechtzeitig gehandelt und nachgehakt wurde, war Auslöser für das Schaffen eines Patientenschutzbeauftragten in Niedersachsen. Bundesweit gibt es den Posten seit 2004. Sambruno Spannhoff folgt in der Funktion auf Peter Wüst, den ersten Beauftragten, der Ende vergangenen Jahres in Pension ging.

„Lästige Aufgabe, die erfüllt werden muss“

Der Landesvorsitzende des Ärzteverbands Marburger Bund, Hans Martin Wollenberg, findet die Rolle eines Patientenfürsprechers in der Klinik für die Qualität der Patientenversorgung einflussreich. Ob allerdings immer eine neutrale Stimme geschaffen wird, bezweifelt er. „Es ist schwierig, unabhängige Sprecher zu finden und nicht überall entsteht eine sinnvolle externe Kritik“. Einige Kliniken sähen es eher als eine lästige Aufgabe, die erfüllt werden müsse.