Hannover. Niedersachsens Landesregierung geht in die Offensive. In fünf Stufen sollen zahlreiche Corona-Vorgaben gelockert werden – viele sogar noch im Mai.

Das Abendessen im Restaurant, der Urlaub im Hotel und der Einkauf im Möbelhaus – all das soll in Niedersachsen noch im Mai wieder möglich werden. Mit einem Fünf-Stufen-Plan will die Landesregierung den Weg in eine „neue Normalität“ in der Corona-Krise ebnen, wie Ministerpräsident Stephan Weil am Montag sagte.

Nachdem der SPD-Politiker mehrfach das Vorpreschen anderer Länder mit Lockerungen kritisiert hatte, geht Niedersachsen damit vor den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch selbst in die Offensive. Endgültig beschließen will das Land den Plan jedoch erst danach.

Insbesondere die Gastronomie und der Tourismus bekommen mit dem Papier eine Perspektive für den Wiederanlauf. Aber auch Eltern sollen entlastet werden. „Wir brauchen Perspektiven für alle Bereiche“, betonte Weil. Weil das Coronavirus nicht mehr so aktiv sei wie vor einigen Wochen, gebe es Spielraum für Lockerungen: „Wenn wir alle vernünftig bleiben, dann wird viel möglich sein.“

Allerdings müsse das Infektionsgeschehen weiter genau beobachtet werden. „Die Pandemie ist nicht vorbei“, mahnte Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD). Bisher liegt das Land mit seinen Zahlen im Mittelfeld.

Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) sagte, es gehe darum, eine Balance „zwischen Gesundheitsschutz und Sicherung unserer wirtschaftlichen Existenz“ zu finden.

Gastronomie darf unter Auflagen wieder öffnen – Bars und Clubs bleiben vorerst zu

Die Gastronomie in Niedersachsen kann einem Fünf-Stufen-Plan der Landesregierung zufolge am 11. Mai wieder anlaufen. Restaurants, Gaststätten, Cafés und Biergärten sollen mit einer maximalen Auslastung von 50 Prozent sowohl im Innen- als auch im Außenbereich öffnen können. Das gab Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) am Montag in Hannover bekannt. Eine weitere Öffnung der Gastronomie sei vom 25. Mai an möglich. Bars, Kneipen und Diskotheken bleiben weiter geschlossen.

Hotels in Niedersachsen sollen am 25. Mai wieder öffnen

Ebenfalls vom 11. Mai an sollen Ferienhäuser und -wohnungen sowie Campingplätze mit einer maximalen Auslastung von 50 Prozent belegt werden können. Allerdings gilt eine Frist von sieben Tagen für die erneute Belegung. Die Hotellerie in Niedersachsen kann dem Plan zufolge am 25. Mai ihr Geschäft wieder aufnehmen, ebenfalls bei maximal 50 Prozent Auslastung und weiteren Auflagen.

Niedersachsen will Zwei-Personen-Regel Ende Mai neu bewerten

Hier ist die Landesregierung vergleichsweise vorsichtig. Mindestens bis zum 24. Mai soll die Zwei-Personen-Regel gelten - anders als etwa in Sachsen-Anhalt, wo sie bereits auf fünf Personen ausgedehnt ist. Weil erklärte, die Kontaktbeschränkungen seien besonders wirksam, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

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Neuer Alltag mit Corona
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Niedersachsens Schulen sollen ab 25. Mai für weitere Jahrgänge öffnen

Die niedersächsischen Schulen sollen vom 25. Mai an in Phasen für weitere Klassen öffnen, so dass noch vor den Sommerferien alle Jahrgänge wieder in die Schule zurückkehren können – allerdings nicht alle auf einmal. Das gab Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) bekannt.

Die Notbetreuung in Kindertagesstätten soll ebenso ausgeweitet werden – von Mittwoch an auf eine Betreuungsquote von 8 bis 10 Prozent, zum 18. Mai auf bis zu 40 Prozent und zum 8. Juni auf bis zu 50 Prozent. Der Regelbetrieb soll am 1. August wieder anlaufen.

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Stufenplan der niedersächsischen Landesregierung.
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Im Einzelhandel bleibt die Maskenpflicht – auch größere Geschäfte dürfen wieder öffnen

Der Einzelhandel soll vom 11. Mai an ohne Beschränkung der Verkaufsflächen wieder öffnen dürfen, eine Differenzierung nach Branchen ist nicht mehr vorgesehen. Allerdings gelten weiter Auflagen: Die Maskenpflicht etwa bleibt.

Freibäder und Freizeitparks dürfen vom 25. Mai an wieder Besucher empfangen. Einrichtungen in Gebäuden wie etwa Kinos bleiben dagegen vorerst noch geschlossen.

Für die Inseln gelten in Bezug auf Tourismus und alle anderen Bereichen dieselben Regeln wie für den Rest Niedersachsens und keine Sonderregeln mehr.

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Weil hat „keine nachhaltigen Bedenken“ gegen Geisterspiele

Zudem kann sich Weil eine Fortsetzung der Fußball-Bundesliga unter Ausschluss der Öffentlichkeit vorstellen. Er habe diesbezüglich „keine nachhaltigen Bedenken“, auch wenn der Reiz von Geisterspielen für ihn als Fan überschaubar sei, sagte der SPD-Politiker am Montag in Hannover. Die Bundesliga habe besondere Vorsichtsmaßnahmen vorbereitet, zudem gehe es für einige Beteiligte um die wirtschaftliche Existenz, betonte Weil. Bund und Länder wollen am Mittwoch über die Fortsetzung der Liga beraten.

Reaktionen: Wirtschaft begrüßt Lockerungen – aber es gibt auch Kritik

FDP-Fraktionschef Stefan Birkner nannte den Stufenplan einen längst überfälligen Schritt. „Ministerpräsident Weil kann sich nun nicht länger hinter den Entscheidungen aus Berlin verstecken“, sagte er. Der Grünen-Abgeordnete Volker Bajus kritisierte, dass die Kitas bis August zur Hälfte geschlossen bleiben sollen - die Eltern bräuchten dringend mehr Unterstützung. Der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, bezeichnete den Stufenplan dagegen als „erfreuliches Signal für unseren Wirtschaftsstandort“.

Auch niedersächsische Wirtschaftsvertreter haben sich erleichtert über den Fünf-Stufen-Plan der Landesregierung für Corona-Lockerungen gezeigt. „Wir freuen uns maßlos“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) im Land, Rainer Balke, am Montag. Ein Wermutstropfen sei, dass Restaurants und Gaststätten nur mit 50-prozentiger Auslastung öffnen dürfen. Das mache es vielen Betrieben schwer, „betriebswirtschaftlich auf einen grünen Zweig zu kommen.“ Und weiter: „Uns ist bewusst, dass uns damit ein großes Vertrauen entgegengebracht wird, dass die Restriktionen umgesetzt werden. Dieses Vertrauen müssen wir rechtfertigen.“

Ähnlich wie Balke zeigte sich der Vorsitzende des Niedersächsischen Tourismusverbands, Sven Ambrosy, „überrascht“ über die Geschwindigkeit, mit der die Landesregierung die Lockerungen angehen will. Er freue sich über die Initiative, sagte Ambrosy der dpa. Für eine abschließende Bewertung sei es aber noch zu früh, da der Plan erst nach der Bund-Länderschalte am Mittwoch beschlossen werden soll. Er betonte, dass eine Lockerung „vorsichtig und in kleinen Schritten“ vonstatten gehen müsse. „Einen zweiten Lockdown müssen wir unbedingt vermeiden.“

Als „erfreuliches Signal für unseren Wirtschaftsstandort“ bezeichnete der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, den Stufenplan. „Er gibt den Betrieben und damit auch den Beschäftigten Zuversicht und Planungssicherheit für die nächsten Monate.“/dpa

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Weitere Informationen der Landesregierung.
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