Hannover. Die Beschwerden über das Essen an niedersächsischen Schulen sind vielfältig. Die Schulverpflegung ist laut Experten sehr durchwachsen.

Zu viel, zu wenig, zu teuer, schmeckt nicht – seit Jahren erregt das Schulessen die Gemüter. „Die Schulverpflegung ist durchaus sehr durchwachsen“, sagte Lars Ulmke, Vorsitzender des Kreiselternrats Friesland und Vorstandsmitglied des niedersächsischen Landeselternrats. Es gebe aber eine positive Entwicklung. Katharina Kompe von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung Niedersachsen sagte, das Bewusstsein dafür, wie Schulessen aussehen sollte, sei gewachsen. Aber: „Es ist noch sehr viel zu tun.“

Ein großes Thema: Wie leer sind die Teller, wie viel Essen muss entsorgt werden? Laut Agrarministerin Barbara Otte-Kinast landen in Deutschland jährlich zwölf Millionen Tonnen Lebensmittel im Müll, davon entfallen 1,7 Millionen Tonnen auf den Außer-Haus-Verzehr im Restaurant – oder eben in der Schule. 1,2 Millionen Tonnen davon könnten vermieden werden, sagte die CDU-Politikerin am Mittwoch in der Elsa-Brändström-Schule in Hannover. Das Gymnasium nimmt am Projekt „Lebensmittelwertschätzung in der Schulverpflegung“ teil.

Wie ist die Schulverpflegung überhaupt geregelt?

Schulen mit Ganztagsangebot müssen ein warmes Mittagessen anbieten - so verlangt es ein Erlass des niedersächsischen Kultusministeriums. Die Schule hat demnach auch die Aufgabe, eine gesundheitsbewusste Ernährung zu fördern. Das Essen und die Getränke in der Schule sollen abwechslungsreich und gesund sein - und alle Schüler sollen am Mittagessen teilnehmen können. Sie müssen das in der Regel kostenpflichtige Essen aber nicht nehmen.

Wie entwickelt sich die Zahl der Ganztagsschulen?

Von einem „wahnsinnigen Wachstum“ spricht Expertin Kompe, der Bedarf an Mittagessen sei deutlich gestiegen. Hintergrund: Die Zahl der Ganztagsschulen in Niedersachsen stieg stetig - im Schuljahr 2018/19 waren rund 70 Prozent aller öffentlichen allgemeinbildenden Schulen Ganztagsschulen. 2011/12 lag dieser Anteil noch bei 46 Prozent.

Welche Rolle spielt die Wertschätzung der Lebensmittel?

Das Interesse daran sei so groß wie nie, urteilte Kompe. Eine wichtige Rolle spiele der Klimawandel: „Welchen Einfluss habe ich durch die Ernährung auf das Klima?“ Lebensmittelreste sollten möglichst vermieden werden. In der Schule sieht sie großes Potenzial: „Die Schule ist eine exemplarische Lebenswelt, wo man viele erreicht. Da muss etwas passieren.“ Wichtig mit Blick auf das Klima sei Fleisch - das in Schulmensen noch immer zu oft angeboten werde.

Otte-Kinast betonte: „Mich ärgert es, wenn wir Ressourcen verschwenden.“ Das fange auf dem Acker an, wo weniger gut aussehende Kartoffeln aussortiert würden. Im Kampf gegen Verschwendung will sie das Mindesthaltbarkeitsdatum auf den Prüfstand stellen. Viele meinten, Lebensmittel seien nach diesem „Fixdatum“ nicht mehr essbar: „Dem ist nicht so.“ Bei einer Podiumsdiskussion mit der Ministerin sagte eine Schülerin, es würde weniger Essen weggeworfen, wenn es besser schmeckte. Ein anderer beklagte sich über zu kleine Portionen. Ein Schüler mahnte die Verantwortung der Caterer an - er forderte eine gesetzliche Regelung, damit dort nicht zu viel weggeworfen werde.

Während des Projekts der Elsa-Brändström-Schule werden alle Reste auf den Tellern gemessen - nachdem 35 Kinder gegessen hatten, waren es 1,3 Kilogramm. Die meisten Schüler ließen nichts übrig - und auch die Ministerin nicht: „Das hat lecker geschmeckt“, meinte Otte-Kinast.

Wie beurteilen Experten das Schulessen?

Es habe sich eine Menge getan, urteilte Kompe. Das Bewusstsein dafür, sich schon bei der Auswahl des Caterers Gedanken darüber zu machen, wie das Schulessen aussehen soll, sei gestiegen. Gründe für Klagen seien höchst individuell: Es kann um die Qualität gehen, aber auch um die Größe der Mensa oder die Kosten. „Es gibt Schulen, wo wir merken, dass es nicht läuft, aber es gibt auch Schulen, wo die Eltern sehr zufrieden sind“, sagte Kompe. Aber: „Es ist noch sehr viel zu tun.“

Was sagen Eltern zum Schulessen?

„Die Schulverpflegung ist durchaus sehr durchwachsen“, sagte Lars Ulmke vom niedersächsischen Landeselternrat. Je größer der Anbieter, desto schwächer die Qualität, bemängelte er mit Blick auf Großküchen, die das Essen teils Tage vorher vorbereiteten. Es gebe aber kleinere Betriebe, die das Essen frisch zubereiteten. Die Auftragsvergabe per Ausschreibung, bei der der günstigste Anbieter den Zuschlag erhalte, kritisierte er. Dennoch sprach er von einer positiven Entwicklung - wo die Eltern sich durchgesetzt hätten: „Eltern müssen ganz klar bekunden, was sie wollen.“ Schulträger kämen nicht von selbst auf die Idee, biologisch erzeugte Lebensmittel nachzufragen. Diese seien nur einen Euro pro Mahlzeit teurer als konventionell erzeugte.

Wie sollte ein gesundes Schulessen aussehen?

Viele Kinder und Jugendliche essen zu wenig Obst und Gemüse – und zu viel Fleisch, Knabberwaren und Süßes. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt täglich mindestens einmal Vollkornprodukte oder Kartoffeln, dazu Gemüse, Obst, Seefisch – Fleisch maximal zweimal pro Woche. Als Getränk empfehlen die Experten Wasser. dpa