Hannover. Die Großstädte wachsen, während das Land verödet: Gegen diesen Trend schmieden Kleinstädte wie Königslutter oder Wolfenbüttel Pläne.

Von wegen lustiges Landleben: Viele Regionen in Niedersachsen leiden unter Bevölkerungsschwund und Ärzte oder Lehrer wollen sich dort erst gar nicht ansiedeln. Mit Millionensummen fördert das Land nun pfiffige Konzepte von Kleinstädten, die den Trend stoppen und die Vorzüge des platten Landes für innovative Projekte nutzen wollen. Zwölf Kommunen sind bereits bei dem vom Europaministerium im Sommer gestarteten Programm „Zukunftsräume Niedersachsen“ dabei, weitere können sich bis zum März bewerben. Ziel ist es, die Lebendigkeit und Attraktivität von Städten ab 10.000 Einwohnern zu steigern und ein Abwandern junger Menschen zu verhindern.

Welche Städte und Gemeinden wurden bereits für das Zukunftsprogramm ausgewählt, wie werden sie unterstützt?Erfolgreich mit eigenen Projekten beworben haben sich Bad Essen, Meppen, Norden, Seesen, Northeim, Königslutter, Wolfenbüttel, Stadthagen, Sulingen, Achim, die Samtgemeinde Leinebergland, Achim sowie die Gemeinde Wurster Nordseeküste. Die Fördersummen liegen pro Projekt bei 75.000 bis 300 000 Euro, insgesamt stehen 2019 und 2020 fünf Millionen Euro zur Verfügung. Mit 10 bis 40 Prozent sind die Kommunen selber an den Kosten der Projekte beteiligt.

Was wollen die Städte gegen die Landflucht unternehmen?

Mehrere Kommunen wollen, auch in Zusammenarbeit mit Hochschulen, neue hochwertige Arbeitsplätze vor Ort schaffen. Die Stadt Seesen hat mit der Ostfalia-Hochschule bereits ein Programm für junge Unternehmer gestartet, einschließlich eines Co-Working Space, das sind gemeinsam nutzbare Büroräume vor allem für Start-ups. Darauf setzt auch die Stadt Meppen, die solche Räume in einem Einkaufszentrum einrichten und damit verhindern will, dass kreative Köpfe in Oberzentren wie Osnabrück oder Münster abwandern. Stadt und Kreis Wolfenbüttel sowie die Ostfalia Hochschule erhalten eine Förderung für eine Agentur, die den Wissenstransfer in die Region zum Nutzen der Wirtschaft vorantreiben soll. Stadthagen will mit Hochschulen zusammen ein Erprobungsort für innovative Konzepte der Altenpflege werden.

Und wie bindet man junge Menschen und Familien an ländliche Regionen?

Norden erhält eine Finanzspritze für sein Jugendhaus, mit dem die Attraktivität der Stadt für Familien mit Kindern gesteigert werden soll, zugleich soll das Jugendhaus jungen Migranten helfen, vor Ort heimisch zu werden. Auch die Gemeinde Wurster Nordseeküste im Kreis Cuxhaven will ihr Familienzentrum und die Jugendarbeit ausbauen. Das Ziel auch hier: Familien im Ort halten und junge Menschen nach der Ausbildung zur Rückkehr in den Heimatort locken.

Verödete Fußgängerzonen und leerstehende Geschäfte sind wenig einladend, gibt es Konzepte zum Aufpeppen der Ortszentren?

Die Stadt Sulingen hat das Projekt „Light the City“ gestartet, bei dem ein neues Beleuchtungskonzept die Haupteinkaufsstraße und die Erscheinung der Stadt aufwerten soll. In Königslutter wird ein externes Projektmanagement gemeinsam mit der Politik, der Bevölkerung und den Laden- und Hausbesitzern die Lebensqualität in der Innenstadt in den Fokus nehmen.

Historische Gebäude und Zeugnisse der Geschichte locken Touristen, können sie auch das Leben in der Stadt selber voranbringen?

Duingen in der Samtgemeinde Leinebergland erhält eine Förderung dafür, das Töpfermuseum im neuen Bürgerzentrum einzuquartieren und weitere Angebote für mehr Besucher zu konzipieren. Und die Fachwerkstädte Duderstadt, Einbeck, Hann. Münden, Northeim und Osterode werden unterstützt, um gemeinsam eine Regional- und Strukturentwicklung in der Fachwerklandschaft Südniedersachsen anzuschieben. Dabei geht es unter anderem um Hilfen für Besitzer und Käufer der alten Häuser bei Fragen von Sanierung und Denkmalschutz.

Das Hinkommen und Wegkommen ist auf dem Land ohne Auto oft schwer, welche Ansätze haben dort die Landkommunen?

Bad Essen, Bohmte und Ostercappeln erproben mit Landeszuschuss eine Mobilitätskampagne mit einem besser getakteten Busangebot sowie einem Anruf-Bus, der nach Bedarf fährt. Ziel ist es, die Anbindung an die Oberzentren Osnabrück und Bremen zu verbessern.