Gorleben. In Gorleben begann am Montag die letzte Phase des Rückbaus. Es ist damit nicht mehr wahrscheinlicher als andere Orte für ein atomares Endlager.

Gorleben geht in den Ruhemodus. Jahrzehntelang wurde darum gestritten, ob das Bergwerk ein möglicher Standort eines Endlagers für hoch radioaktiven Atommüll sein könnte – nun hat am Montag die letzte Phase des Rückbaus begonnen.

Bei einer symbolischen Abschlussbefahrung des einstigen Erkundungsbergwerks am Montag konnten sich Politiker und Journalisten unter Tage ansehen, wie der sogenannte Offenhaltungsbetrieb in dem Salzstock aussieht. Gorleben soll als möglicher Standort für ein Endlager nun offiziell genauso behandelt werden wie jeder andere Ort. "Die Fahrt soll unterstreichen, was schon alles zurückgebaut wurde", sagte Monika Hotopp, Sprecherin der zuständigen Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE). Von ursprünglich neun geplanten Erkundungsbereichen sei einer fast fertig erkundet worden."Dieser wurde in den vergangenen Jahren in einen Dornröschenschlaf versetzt. Das übrige Bergwerk wird offen gehalten."

Schutzmauer soll abgerissen werden

So waren Tiefbohrmaschinen aus dem Bergwerk geholt worden, Bereiche wurden abgesperrt. Vor der Fahrt in den Schacht wurde am Montag die Schutzmauer um das Bergwerk inmitten der lichten Kiefernwälder Lüchow-Dannenbergs geöffnet, sie soll in den kommenden Wochen fast vollständig abgerissen werden. Die BGE übergab ein Teilstück an den Landkreis und die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg (BI), die seit Jahrzehnten gegen ein Endlager in Gorleben kämpft. Der damalige niedersächsische Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) hatte 1977 den Salzstock als Endlager vorgeschlagen.

Das Vorhaben versprach dem strukturschwachen"Zonenrandgebiet" Tausende Jobs und hohe Steuereinnahmen. Doch die Pläne stießen schnell auf erbitterten Widerstand. 2011 beschloss der Bundestag den Ausstieg aus der Atomenergie. 2013 verabschiedete er dann das Standortauswahlgesetz, die Suche nach einem Endlager wurde wieder auf Null gesetzt. Im September 2017 startete die damals neu gegründete BGE das Standortauswahlverfahren neu."Die niedersächsische Landesregierung wird sich im weiteren Prozess uneingeschränkt dafür einsetzen, dass eine faire und ergebnisoffene Suche ohne Vorfestlegungen fortgeführt wird", kündigte der niedersächsische Umweltstaatssekretär Frank Doods am Montag in Gorleben an.

Gorleben aber nicht ausgeschlossen

Seit dem Standortauswahlgesetz sei die Landkarte in Deutschland wieder weiß, betonte er. Kein Ort sei als Endlager ausgeschlossen, betonte Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium – auch nicht Gorleben. Deutschlands hoch radioaktiver Atommüll soll unterirdisch endgelagert werden. Bis 2031 will der Bund dafür einen geeigneten Ort finden – maximale Sicherheit für eine Million Jahre lautet das Ziel. Auf Basis festgeschriebener Kriterien suchen Experten entsprechende Regionen aus.

Erste Ergebnisse sind für 2020 angekündigt. Die Entscheidung über einen Endlager-Standort treffen am Ende Bundestag und Bundesrat. Die BI bleibt skeptisch."Wir sind immer noch besorgt, dass Gorleben bei der Endlagersuche die Nase vorn hat, weil das Bergwerk fertig ausgebaut ist und in einen Standby-Betrieb übergeht", sagte BI-Sprecher Wolfgang Ehmke. Bis heute sind nach Angaben der BGE für das Projekt Gorleben Kosten in Höhe von rund 1,9 Milliarden Euro angefallen. Einst gab es im Bergwerk mehr als 200 Arbeitsplätze, jetzt sind es noch knapp 20. "Bergleute gibt es hier nicht mehr", sagte Werksleiter Frank-Holger Koch bei der Fahrt in rund 840 Meter Tiefe.

„Abriss der Mauer ist ein wichtiges Signal“

Während einige Geologen Salzstöcke prinzipiell für geeignet halten, haben andere Experten erhebliche Bedenken. Die Gegner von Gorleben führen etwa Kohlenwasserstoff- und Gasvorkommen ins Feld. Salz ist hitzebeständig. Es fließt und könnte so die Behälter einschließen. Dadurch ist aber eine mögliche Rückholung weitgehend ausgeschlossen."Der Abriss der Mauer in Gorleben ist ein ganz wichtiges Signal", sagte Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) in Hannover."Die Entscheidung für Gorleben war falsch, der Weg dahin hätte so nie stattfinden dürfen."

Er werde sehr darauf drängen, sich nicht auf Salz und Ton zu beschränken, sondern die Suche nach Kristallingestein als Grundlage bei der Standortwahl ernst zu nehmen. Im Mai will er mit einer Delegation nach Finnland. Tief im Granit entsteht dort ein Endlager für hoch radioaktiven Atommüll – das erste weltweit. dpa