Hannover. Die Polizei zählt landesweit 1237 Vermisstenfälle. Diese Akten werden erst geschlossen, wenn jemand lebend wieder auftaucht oder tot gefunden wird.

Die Polizei zählt derzeit rund 1240 ungeklärte Vermisstenfälle in Niedersachsen. Davon haben über 330 ihren Ursprung in diesem Jahr, wie das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen der Deutschen Presse-Agentur in Hannover mitteilte. Dies seien knapp 300 offene Fälle weniger als vor einem Jahr. Die größte Gruppe stellen mit knapp 450 Verschollenen die 14- bis 17-Jährigen dar. Fast 200 Kinder im Alter von unter 14 Jahren verschwanden landesweit, darunter 7 unter Einjährige. Ein Großteil der Vermissten - vor allem Kinder und Jugendliche - wird nach LKA-Angaben aber wieder gefunden. Wenn jemand zurückkehrt, werden seine Daten in der LKA-Datei gelöscht.

Die Akten werden aber auch geschlossen, wenn Menschen tot gefunden werden - so wie Mitte November in Uelzen. Dort entdeckte ein Angler die Leiche einer seit fast zwei Wochen vermissten 80-Jährigen. Der Mann fand die Tote im dichten Schilf unweit des Flusses Ilmenau. Opfer einer Straftat ist die Frau der Polizei zufolge vermutlich nicht geworden. Sie war an Demenz erkrankt.

Die ältesten Fälle nicht gelöster Vermisstenfälle gehen in Niedersachsen bis ins Jahr 1964 zurück. Seit fast 18 Jahren beschäftigt die Ermittler in Lüneburg etwa der Fall von Katrin Konert. Das Mädchen verschwand als 15-Jährige am Neujahrstag 2001 in Bergen an der Dumme im Landkreis Lüchow-Dannenberg. Seit Kurzem wird der Fall neu aufgerollt: Eine achtköpfige Ermittlungsgruppe wurde eingerichtet, Profiler beraten sie. In Bergen im Wendland stand bis Anfang Dezember ein Container als mobile Wache, die Polizei verteilte Flugblätter. Die Fahnder sprachen von teils «guten Hinweise», die nun ausgewertet werden.

Die große Mehrheit der Vermissten ist länger als eine Woche vermisst. In Niedersachsen betraf das mit Stand Mitte November 1176 Vermisste. Dazu gehören auch eine Mutter aus Drage im Kreis Harburg und ihre beim Verschwinden zwölf Jahre alte Tochter. Die Polizei geht davon aus, dass der Familienvater die beiden umgebracht hat. Doch gegen Tote werde nicht ermittelt, sagte ein Polizeisprecher. Deshalb habe die Staatsanwaltschaft das Verfahren kurz nach dem Fund des in der Elbe ertrunkenen Mannes geschlossen. Der Fall Drage sei jetzt eine Vermisstensache, ergänzte der Sprecher, und diese verjähren grundsätzlich nicht.

Einige wenige Vermisstenfälle, bei denen ein Gewaltverbrechen vermutet wird, gehen die Ermittler systematisch an. So sind unter den 294 sogenannten «Cold Cases» in Niedersachsen 26 Vermisstenfälle. Mit Hilfe moderner Technik werden dabei Beweismittel und Spuren noch einmal untersucht. Das kriminaltechnische Institut des Landeskriminalamtes nutzt dabei unter anderem ein besonderes Verfahren, mit dem die DNA auch bei kleinsten Hautpartikeln bestimmt werden kann.