Hildesheim. Mit einer spitzen Feile soll der Senior die Kassiererin einer Tankstelle in Hildesheim bedroht haben. Seit Mittwoch steht er vor dem Landgericht.
Er verzockte Hunderttausende und sogar sein Elternhaus beim Roulette in Kasinos: Seit Mittwoch muss sich ein spielsüchtiger 81-Jähriger wegen besonders schweren Raubes vor dem Landgericht Hildesheim verantworten. Zum Prozessauftakt gestand der gepflegte weißhaarige Rentner, dass er Ende Juni mit einer Metallfeile in der Hand eine Tankstelle in Hildesheim betrat und 695 Euro erbeutete.
Laut Anklage bedrohte er die Kassiererin mit den Worten: "Geld her oder es knallt!" Weil die 34-Jährige seinen Spruch zunächst für einen Witz hielt, soll er mit dem 25 Zentimeter langen spitzen Werkzeug Stichbewegungen in ihre Richtung gemacht haben. Dass er die Frau auf diese Weise bedroht habe, bestritt der Rentner.
Erst Hobby dann Spielsucht
Der Diplom-Ingenieur ist nach eigenen Angaben seit einem Besuch in einem Kasino in Bad Harzburg im Jahr 1982 notorischer Spieler. Anfangs war es ein gemeinsames Hobby mit seiner damaligen Frau. Kurz vor dem Überfall habe er seine gesamte Rente in Höhe von rund 1600 Euro innerhalb von drei Stunden verspielt. Seine Lebensgefährtin habe ihm gedroht: "Wenn du noch einmal spielst, setze ich dich vor die Tür." Zudem habe er ihr noch 600 Euro Haushaltsgeld geschuldet.
In seiner Not habe ihn die Tankstelle magisch angezogen. "Ich war wie von Sinnen", sagte er. Nach der Tat sei er in eine Spielhalle gegangen, habe etwa 50 Euro verspielt und das Kostgeld zu Hause abgegeben. Eine Woche später war ein Bild des gesuchten Räubers aus der Überwachungskamera der Tankstelle in der Zeitung. "Ein Freund rief mich an und fragte: 'Was hast du bloß gemacht?'", schilderte der Senior. Einen Tag später habe er sich der Polizei gestellt.
"Ich bereue Tat zutiefst"
Der Mann verbrachte knapp vier Monate im Gefängnis, nach einem leichten Schlaganfall wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen und lebt momentan bei seinem Sohn. Im Gerichtssaal sagte der 81-Jährige zu der Kassiererin: "Ich bereue zutiefst, was ich getan habe." Der Angeklagte kündigte an, eine stationäre Therapie gegen seine Spielsucht zu machen. Selbst in spielfreien Phasen habe er in "Trockenspielen" geknobelt, wie er das System knacken könne.
Nach einer Befragung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung gibt es bundesweit rund 326.000 problematische und 180.000 pathologische Spieler. Typisch sei, dass Glücksspiel-Abhängige sich stets das Zocken schönredeten, sagte der psychiatrische Sachverständige über den nicht vorbestraften Rentner. Bei schwerem Raub ist mit einem Strafmaß von drei bis zehn Jahren zu rechnen, in einem minderschweren Fall sind es ein bis zehn Jahre.
Für den Prozess sind zwei Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil könnte am 21. Dezember gesprochen werden.