Hannover. Weil lasse Respekt vor dem Parlament missen, rügte der FDP-Abgeordnete Jan-Christian Oetjen zum Auftakt der Anhörungen zu dem Gesetzesvorhaben.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) ist mit seinen Äußerungen zum geplanten neuen Polizeigesetz auf heftigen Widerspruch der FDP gestoßen. Weil lasse Respekt vor dem Parlament missen, rügte der FDP-Landtagsabgeordnete Jan-Christian Oetjen zum Auftakt der Anhörungen zu dem Gesetzesvorhaben am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Im Interview bei NDR 1 Niedersachsen hatte Weil erklärt, er sehe trotz heftiger Kritik von Menschenrechtlern und Juristen am Entwurf kaum Nachbesserungsbedarf.

„Wir haben nicht einmal unsere Anhörungen abgeschlossen“, rügte Oetjen zum Auftakt des letzten Anhörungstages. „Ich finde, das ist eine unangemessene Weise, mit dem Landtag umzugehen.“

Die Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel hatte zum Auftakt der dreitägigen Anhörungen das geplante Gesetz scharf kritisiert. Auch Datenschützer und Juristen wie der Nürnberger Anwalt Cornelius Held schlossen sich ihrer Kritik ausdrücklich an. Held rügte am Donnerstag vor allem die geplante Videoüberwachung und den Umgang mit den Daten, den auch Constanze Kurz vom Chaos Computer Club bedenklich findet. Sie warnte zudem vor dem Staatstrojaner, bei dem Verdächtigen zum Ausspähen Schadstoff-Software auf den Computer gespielt wird.

In diesen Graumarkt der Sicherheitslücken einzusteigen könne mehr schaden als nutzen. „Schadstoff-Software aus den digitalen Waffenschränken des Staates“ könne zudem Drittrechner lahmlegen. Durch das sogenannte Hacken könnten somit auch Funktionen - etwa aus dem medizinischen Implantat-Bereich - ausgeschaltet oder manipuliert werden, die unter Umständen lebenswichtig sein könnten. Die Firmen, mit denen der Bund zusammenarbeitet, weigerten sich zudem, eine Form der Überprüfung zuzulassen. Das wertete sie als eine Art der Erpressung: „In diese Falle sollte man als Gesetzgeber nicht gehen.“

Technisch wie rechtlich bedenklich sei auch eine Regelung, die bei einem gehackten Computer Zugriff auf gespeicherte Daten erlaubt; denn die stellten keine Kommunikation dar. Zudem müsse der Schutz der Privatsphäre gelten: „Da müsste auf jeden Fall nachgearbeitet werden.“ Sie halte es für einen Fehler, auf Verfassungsgerichte zu setzen, statt von Beginn an Rat von Juristen und Experten einzuholen.

„Wir sehen erheblichen Überarbeitungsbedarf“, sagte auch Friedemann Ebelt von der digitalen Grundrechte-Organisation Digitalcourage aus Bielefeld zu dem Gesetzesvorhaben. „Wir wünschen uns eine schriftliche Zusammenfassung der Stellungnahmen und eine schriftliche Neubewertung durch die Landesregierung“, forderte er. Das Bündnis #noNPOG - dem auch die Organisation Digitalcourage angehört - rief dazu auf, den Entwurf abzulehnen. „Es ist eine Verwischung der Grenzen der Gewaltenteilung und eine grundsätzliche Infragestellung unseres Rechtssystems“, sagte Sprecherin Juana Zimmermann. dpa